Es erstaunt die KUPF manchmal, wie wenig Reaktionen auf die oft recht provokanten Texte der KolumnistInnen der KUPFzeitung bei uns eintreffen. Zur Kolumne von Andreas Wahl in der aktuellen KUPFzeitung #160 erreicht uns dieses Mal aber glücklicherweise ein Leserbrief von Otto Tremetzberger und die Replik von Andreas Wahl.
Leserbrief Otto Tremetzberger:
Wie der Schelm tickt so denkt er. Eine Replik auf diesen Text.
Der Schelm ist wieder einmal Andi Wahl. Sein „Tick“ sind zum Beispiel die „gesellschaftlichen Eliten“. Über „Kunststudierende“ ulkt er: „Seelenlose Kunstzombies“.
Wenn auch A. Wahl in der KUPF Zeitung zu Recht den latenten Widerspruch anführt, dass „Leute aus der (Anm. OT: chronisch unterfinanzierten) Freien Szene in Linz“ gegen die Schließung der städtischen Einrichtung „Salzamt“ rebellieren, so entpuppt sich die aktuelle „Wahlkolumne“ ein paar Zeilen darauf schon als „klassischer Wahl“. (KennerInnen der Szene wissen was ich meine)
Geradezu wie eine gefährliche Drohung hört es sich dann an wenn Wahl es „in der gegenwärtigen Logik des Kunstbetriebes“ generöserweise für „durchaus legitim“ befindet, dass Kunststudierende aus „Eigennutz“ gegen die Schließung des „Ausstellungs- und Atelierbetriebs“ Salzamt „auf die Barrikaden“ steigen, um so ihren „Marktwert“ zu steigern. Wohlgemerkt: „gegenwärtig“. In der klassen- und kunstlosen Gesellschaft soll später einmal auch dieser „Markt“ vermutlich Geschichte sein.
Salzamt „zuadraht“: Selber schuld, meint der Schelm Wahl. Hättens halt was gescheites lernen sollen. „No ja … da mias wida de g’schtopften in oasch greuln“ lesen wir als Antwort im zur „Wahlkolumne“ passenden (und diesmal wirklich unpassenden) Cartoon von Stephan Gassner gleich daneben. Tja, lustig ist das nicht mehr.
Es ist dieser (linke?) Antielitismus, das (linke?) Gesudere gegen „die da oben“, das Gerede von KünstlerInnen als „Arschkriechern“, die Wut auf die „Gstopften“ und das vermeintliche “Establishment”, das Geraune über Kulturschaffende, die sich „in den Annehmlichkeiten eines … organiserten Galerie- und Atelierbetriebs verlieren“ …
Kurz gesagt: Wir haben es hier mit einer linksmeinenden Kunstfeindlichkeit zu tun, die sich 1:1 in das Narrativ der Rechten einpasst. Beides, Wahls witzlose Kolumne und Gassners Cartoon könnte man genauso gut im „Wochenblick“ abdrucken. Schade. Die KUPF-Zeitung auf Stammtischniveau.
Und weil heute auch der 4.12.2016 ist. Dem zitierten Narrativ zufolge wird auch gegen das „Establishment“ abgestimmt: Freunde: Ihr gießt nicht Wasser, sondern Öl ins Feuer!
Und natürlich: Ich entschuldige mich nicht.
Otto Tremetzberger
Replik Andreas Wahl:
Aber Otto, warum wunderst du dich?
Du weisst doch, dass ich kulturpolitisch in der KUPF sozialisiert wurden. Wir haben uns in den 80ern des 20. Jh. daran gemacht die kulturelle Verkrustungen im Lande aufzubrechen. Mit viel Witz und viel Zorn haben wir den kirchlichen und weltlichen Autoritäten die kulturuelle Hegemonie aus der Hand geschlagen. Es ging immer darum – wie schon 100 Jahre davor in den Arbeiter*innen-Bildungsvereinen – die Sachen in die eigene Hand zu nehmen. Auch die Kultur, auch die Kunst.
Natürlich ist in meinem Weltbild Kunst nichts für Spezialist*innen, sondern eine ganz normale Lebensäußerung die Jede*m*r zusteht.
Aber Otto, du weisst doch…
…dass ich langsam ein Silberrücken werde. Mich als solcher noch an Zeiten erinnere (und wohl auch orientiere) in denen man sich nicht gezwungen sah jede seiner Lebensäußerung auf ihren eventuellen vermarktbaren Wert abzuklopfen. Man hat geschrieben, Skulpturen gebaut, gesungen weil man schreiben, bauen, singen wollte. Nicht um seinen Lebensunterhalt damit zu verdienen. „Kunst kommt von müssen“ hat es Helmuth Gsöllpointner (muss man nicht mehr kennen – man sollte es aber) gerne auf den Punkt gebracht.
Ja Otto, du hast vollkommen recht
…in der klassenlosen Gesellschaft sollte es keine Kunstmarkt (wie wir ihn kennen) mehr geben. Für dich habe ich nochmals meine Marx-Engels-Gesamtausgabe hervor gekramt. Und da findet sich da der „Deutschen Ideologie“ eine vage Idee vom Alltagsleben in der klassenlosen Gesellschaft /“wo Jeder nicht einen ausschließlichen Kreis der Tätigkeit hat, sondern sich in jedem beliebigen Zweige ausbilden kann, die Gesellschaft die allgemeine Produktion regelt und mir eben dadurch möglich macht, heute dies, morgen jenes zu tun, morgens zu jagen, nachmittags zu fischen, abends Viehzucht zu treiben, nach dem Essen zu kritisieren, wie ich gerade Lust habe, ohne je Jäger, Fischer, Hirt oder Kritiker zu werden.“/ //
Otto, lass dir gesagt sein
… wie ich es als das Vorrecht der Jugend erachte radikal und überheblich zu sein, so nehme ich mir das Recht heraus mir Sorgen zu machen. Und so mache ich mir eben Sorgen um Menschen die sich von einer mir so wichtigen Sache wie Kunst ökonomisch abhängig machen. Denn – so meine Überzeugung – Kunst, Politik und Liebe sollte man ohne Rücksichtnahme auf seinen Lebensunterhalt betreiben (können). Die von mir recht unglücklich gewählte Formulierung der „seelenlosen Kunstzombies“ ist also nicht als Befund, sondern als Ausdruck meiner Sorge zu lesen.
Ansonsten, lieber Otto
…bedanke ich mich sehr für deine Gegenrede. Zum Einen schätze ich die Kunst der wohl gesetzten Beleidigung und zum Anderen hast du mir Gelegenheit gegeben mich genauer zu erklären. Die Sklaventreiber*innen der KUPF-Zeitungs-Redaktion peitschen mich immer zum kurzen Format. Deine Replik verschaffte mir die Gelegenheit mich einmal weg zu ducken, ihrem nächsten Peitschenhieb auszuweichen um mir soviel Buchstaben zu gönnen die meine Geschichte eben braucht.
Andreas Wahl, Bau- & Kulturarbeiter