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LH a.D. Pühringer: Kulturpolitisches Reibebäumchen

Die Kulturplattform OÖ (KUPF) überreichte LH a.D. Pühringer zum Abschied das Goldene Reibe- und Kulturbäumchen für sein kulturpolitisches Lebenswerk. Im Abschlussinterview mit Stefan Haslinger verteidigt Pühringer sein kulturpolitisches Schaffen und geht auf kritische Distanz zum Entstehungsprozess des Kulturleitbilds OÖ.

Übergabe der Auszeichnung: Thomas Diesenreiter und LH Pühringer

LINZ. Es ist unbestritten, dass Dr. Josef Pühringer in den fast 26 Jahren seiner Tätigkeit als Kulturreferent maßgeblich die Kulturpolitik und die kulturelle Landschaft Oberösterreichs geprägt hat. Er war damit auch für die 31 Jahre alte KUPF und mehrere Generationen von KulturarbeiterInnen und -aktivistInnen ein Gegenüber, an dem man sich reiben konnte und auch reiben musste. Grund genug für die KUPF OÖ, Pühringer zu einem Abschiedsinterview einzuladen. Thematisiert wurde dabei unter anderem die Entwicklung des Kulturbudgets, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Kultursektor oder die Einengung des Gestaltungsspielraums in den letzten Jahren. Erstmals ging Pühringer dabei auf kritische Distanz zum Entstehungsprozess des Kulturleitbilds OÖ, bei dem er die mangelnde Einbeziehung der Kulturszene kritisierte.

Zum Abschied wurde Pühringer eine doppelte Auszeichnung überreicht: Das Goldene Reibebäumchen und das Goldene Kulturbäumchen. Dazu der Geschäftsführer der KUPF OÖ, Thomas Diesenreiter: „Diese Auszeichnung ist als Anerkennung für das kulturpolitische Lebenswerk Pühringers gedacht. Die doppelte Beschriftung verweist neben Pühringers unbestrittener Leistungen auf das oft schwierige Verhältnis der freien Szene zu ihm, die aber stets von gegenseitiger Gesprächsbereitschaft geprägt war.“

Dr. Josef Pühringer im Interview

Pühringer zitiert abschließend Gustav Mahler und meint, Kultur sei nicht die Anbetung der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers. Die KUPF schließt sich dem an und brennt darauf, sich weiterhin für die Entwicklung des Kulturstandorts OÖ einzusetzen und mit Pühringers Nachfolger Thomas Stelzer neue kulturpolitische Entwicklungen umzusetzen.

Bilder: Zur freien Verwendung im Zuge der Berichterstattung bei Namensnennung des Fotografen Florian Voggeneder.

Video: Das Video steht unter einen CC BY Lizenz, Teile oder Zitate daraus dürfen bei Namensnennung der KUPF OÖ übernommen werden.

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Zur Regulierung sozialer Netzwerke

Etliche Initiativen der österreichischen Zivilgesellschaft aus den Bereichen Freie Medien, Kultur und Netzpolitik, darunter auch die KUPF, haben sich zur mediana-Plattform zusammengeschlossen und treten für Meinungsäußerungsfreiheit im Internet ein. Für den Nationalratswahlkampf 2017 hat die Plattform ein Positionspapier mit ua. folgenden Forderungen formuliert:

In einigen der jüngsten Wahlkämpfe wie in den USA, Frankreich und jetzt Deutschland dominierten bei der Beschreibung der politischen Kommunikation die Buzzwords „Fake-News, Hate-Speech und Social Bots“ die Debatte. Die Politik hat darauf zuerst ratlos, dann mit Regulierungsvorschlägen reagiert, die zu einer massiven Einschränkung der Meinungsäußerung führen können, umgekehrt aber nicht geeignet erscheinen, die mit den Buzzwords beschriebenen Phänomene in den Griff zu bekommen.

Im Zuge der Diskussion um das Netzwerkdurchsetzungsgesetz in Deutschland hat auch BM Drozda gefordert, Online-Plattformen wie Facebook oder Twitter dazu zu verpflichten, wirksame Beschwerdeverfahren einzurichten, unter Androhung von empfindlichen Strafen. Damit soll dem hervorgerufenen Eindruck Einhalt geboten werden, dass absichtliche Falschmeldungen und Hasspostings oftmals den öffentlichen Diskurs bestimmen.

Klar ist, dass effektives Vorgehen gegen rechtswidrige Inhalte gesichert sein muss. Wie im physischen Raum ist es aber auch im digitalen Raum an der Justiz zu entscheiden, was rechtswidrig oder strafbar ist und was nicht. Aufgrund der Relevanz der Online-Plattformen in der öffentlichen Kommunikation kommt diesen eine wichtige Rolle zu, durch Löschen oder Sperren rechtswidriger Inhalte an deren Bekämpfung mitzuwirken.

Die Verknüpfung empfindlicher Strafen mit der Verpflichtung zur Löschung von „offensichtlich rechtswidrigen Inhalten“ führt jedoch dazu, dass die Entscheidung darüber, was rechtswidrig ist, privaten Online-Plattformen überantwortet wird und diese zur Vermeidung ebensolcher Strafen im Zweifel Inhalte sperren/löschen werden. Das Beispiel Stefanie Sargnagel, der offenbar aufgrund von gezielten falschen Beanstandungen der Facebook-Account gesperrt wurde, obwohl sie selbst Opfer medialer Angriffe war, zeigt, dass übereiltes Vorgehen leicht zur Einschränkung des Rechts auf Meinungsäußerung führen kann. Es bedarf daher Maßnahmen, durch die ein Ausgleich verfassungsgesetzlich geschützter Rechte sichergestellt wird, wie dies etwa in der „Deklaration für die Meinungsfreiheit“ gefordert wird.

Gleichzeitig sollen Online-Plattformen mit dominanter Marktposition durchaus zu verstärkter Übernahme von Verantwortung bewegt werden. Auch diese haben sich demokratischen Spielregeln zu unterwerfen und bedürfen aufgrund ihrer wirtschaftlichen Interessen der besonderen Beobachtung und Kontrolle.

Die Forderungen im Überblick

  • Keine Privatisierung der Rechtsdurchsetzung
  • Keine verpflichtenden Uploadfilter
  • Kennzeichnungspflicht für Parteien auf Social Media Plattformen
  • Recht auf digitale Gegendarstellung
  • Notice-and-Fair-Balance Verfahren
  • Stärkung der Effektivität staatlicher Rechtsdurchsetzung // Einführung einer „Niederlassungsfiktion“
  • Offenlegung und Verfügbarmachung von Schnittstellen
  • Förderung alternativer Online-Plattformen
  • Chancengleichheit im demokratischen Diskurs: Platform Neutrality / Nutzungsrecht
  • Keine Privatisierung der Rechtsdurchsetzung

Plattformbetreiber dürfen nicht durch Androhung empfindlicher Strafen dazu genötigt werden, präventiv eigenständig zu entscheiden, welche Inhalte rechtskonform sind und welche nicht. In einem Rechtsstaat muss die rechtliche Letztentscheidung in den Händen der Justiz liegen und darf nicht an private Betreiber ausgelagert werden. Für Inhalte, bei denen die Rechtswidrigkeit nicht, nicht schnell oder nicht sicher festgestellt werden kann, sollte nicht „Im Zweifel löschen/sperren“ gelten, denn ein solches Vorgehen hätte katastrophale Folgen für die Meinungsfreiheit.

Keine verpflichtenden Uploadfilter

Die Einführung verpflichtender Uploadfilter, wie z.B. im Entwurf der Richtlinie Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt vorgesehen, führen zu einer zentralen automatisierten Zensurinfrastruktur, darüber hinaus sind sie für Plattformbetreiber große administrative und technische Bürden. Während dies für große Plattformen leistbar ist, würde das für Start-ups sowie nicht-kommerzielle Betreiber (z.B. Wikipedia, cba.fro.at) nicht leistbar sein und sie damit aus dem Markt drängen oder ihnen den Eintritt überhaupt verwehren. Dies würde letztlich die Marktmacht von YouTube, Facebook & Co und damit die Abhängigkeit von diesen noch weiter verstärken.

Kennzeichnungspflicht für Parteien auf Social Media Plattformen

Ungeachtet der Einführung entsprechender Regularien für Social Media Plattformen legen die Erkenntnisse aus den Abstimmungen zu Brexit und der US-Präsidentschaft nahe, dass in der politischen Kommunikation versucht wird, durch Automatisation unlauter Trends zu beeinflussen. Dem sollte insbesondere durch eine Kennzeichnungspflicht des Absenders einer Botschaft, wenn Parteien kommunizieren, entgegengewirkt werden. Durch wissenschaftliche Aufarbeitung sollte die Grundlage für eine faktenbasierte Auseinandersetzung mit dem Phänomen geschaffen werden.

Recht auf digitale Gegendarstellung

Im Bereich Falschmeldungen/Ehrendelikte sollte das Recht auf digitale Gegendarstellung etabliert werden, wonach all jenen NutzerInnen, denen eine gerichtlich festgestellte Falschmeldung/Verleumdung angezeigt wurde, auch die Gegendarstellung angezeigt werden muss.

Notice-and-Fair-Balance Verfahren

Online-Plattformen arbeiten idR auf Basis des Hostprovider-Prinzips. Das heißt, dass sie nicht selbst für die angezeigten Inhalte haften, sondern erst bei einem Hinweis auf einen Verstoß gegen beispielsweise das UrheberInnenrecht tätig werden und diesen Inhalt sofern „offensichtlich rechtswidrig“ oder durch Gerichtsbeschluss nachweislich rechtswidrig löschen oder sperren müssen (Notice-and-Take-Down). Dies erfolgt idR ohne dass UploaderInnen die Möglichkeit bekommen nachzuweisen, dass sie rechtmäßig z.B. von ihrem Recht auf Meinungsäußerung oder einer Urheberrechtsschranke Gebrauch gemacht haben. Es braucht daher ein Notice-and-Fair-Balance Verfahren6, das abgestuft nach der jeweiligen Erscheinungsform, ein entsprechendes Verfahren vorsieht, das etwa auch inkriminierten UserInnen das Recht gibt, die eigene Position zu rechtfertigen. Denn gerade im Kontext politischer Debatten wird das Notice-and-Take-Down-Prinzip oft zweckentfremdet, um unliebsame Inhalte zu unterdrücken. Dadurch soll im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ein Ausgleich zwischen den verschiedenen Grundrechten wie Recht auf Meinungsäußerungsfreiheit oder Recht auf Privatheit durch ein Notice-and-Fair-Balance-Verfahren hergestellt werden.

Stärkung der Effektivität staatlicher Rechtsdurchsetzung // Einführung einer „Niederlassungsfiktion“

Zu begrüßen ist die Einrichtung einer Beratungsstelle für Opfer von Hasspostings und Internetmobbing. Die Maßnahme sollte durch die Umwandlung bestimmter Privatanklagedelikte, wie z.B. Ehrendelikten in Ermächtigungsdelikte und Verstärkung des Know-hows sowie der personellen Infrastruktur in der Justiz unterstützt werden. Ferner soll bei Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit Meinungsäußerungsfreiheit und Online-Plattformen mit starker Marktmacht die Niederlassung dort gelten, wo das Service angeboten wird und damit anwendbares Recht/Gerichtsstand im Land der NutzerInnen, nicht im Land des Betreibers liegen (Niederlassungsfiktion). Dadurch soll möglich sein, dass Fragen über politische Meinungsäußerung in Österreich nicht – wie im Falle etwa von Facebook Ireland Ltd – nach irischem, sondern nach österreichischem Recht verhandelt wird.

Offenlegung und Verfügbarmachung von Schnittstellen

Alternativen zu bestehenden großen Plattformen haben es wegen des Lock-In Effektes sehr schwer, gegen etablierte Plattformen anzukommen und damit einen Beitrag zu mehr Vielfalt zu leisten. Gerade soziale Plattformen leben davon, dass auch FreundInnen und Bekannte sich auf diesen aktiv aufhalten; ein Wechsel ist erst dann interessant, wenn auch die anderen sich dort befinden. Nur wenn ich mein Netzwerk und meine Freunde mitnehmen kann, ziehe ich es in Betracht auf eine neue Plattform umzusteigen. Plattformbetreiber dürfen NutzerInnen nicht mit ihren eigenen Nutzerdaten in Geiselhaft halten. Durch die verpflichtende Offenlegung und Verfügbarmachung von Schnittstellen (APIs) wird es für neue Plattformbetreiber einfacher, Angebote zu schaffen, die NutzerInnen zum Umstieg auf ein neues System bewegen.

Förderung alternativer Online-Plattformen

Zur aktiven Förderung der Vielfalt ist eine Förderung (der Gründung) nichtdominanter Online-Plattformen mit Geschäftsfeldern unabhängig vom Verkauf von Daten anzustreben. Dies könnte durch die Einrichtung eines eigenen Förderansatzes erfolgen, der im Bereich Medien/Social Media die Gründung neuer oder Weiterentwicklung von Online-Plattformen unterstützt.

Chancengleichheit im demokratischen Diskurs: Platform Neutrality / Nutzungsrecht

Bei dominanten Plattformen, die akribisch Kontrolle über ihre Suchergebnisse und Newsfeeds ausüben, wird aufgrund deren Unausweichlichkeit in Anlehnung kartellrechtlicher und regulatorischer Grundprinzipien (wie zB Essential Facility-Doktrin, Must Carry-Prinzip)7 unter bestimmten Umständen ein Nutzungsrecht (siehe Bsp Sargnagel) abzuleiten sein.

Das Positionspapier zur #mediana17 wird unterstützt von

Radio FRO, epicenter.works, Kulturplattform Oberösterreich, Initiative Netzfreiheit, servus.at, Wikimedia Österreich, Creative Commons Österreich, Verband Freier Radios Österreich, Verband Community Fernsehen Österreich,, fairkom Gesellschaft, Magdalena Reiter (Open Commons Linz), Leonhard Dobusch (Universität Innsbruck), Felix Stalder (World-Information Institute), Konrad Becker (World-Information Institute), Roland Alton (FH Dornbirn), Alexander Baratsits (Mediana).

 

Linz/Wien/Salzburg, am 15. Juni 2017

Das Positionspapier der Mediana-Plattform in voller Länge finden Sie hier: Download

Alternativer Kulturbericht der IG Kultur

Die IG Kultur hat mit redaktioneller Beteiligung der KUPF und weiterer Schwesternorganisationen einen Alternativen Kulturbericht erstellt, der heute veröffentlicht wurde – zeitgleich zur Präsentation des offiziellen Kunstbericht des Bundes im Parlament.

PA der IG Kultur vom 1.Oktober 2015:

Zeitgenössische und regionale Kulturinitiativen sind vitaler Bestandteil der österreichischen Kulturlandschaft, aber sie schaffen das nicht wegen, sondern eher trotz der österreichischen Kulturpolitik. Obwohl sie den Großteil des Angebots liefern, erhalten sie nur 5% des Kunstbudgets. Der Großteil geht an die wenigen großen Kulturtanker.

Der Kunstbericht, der heute im Kulturausschuss im Parlament präsentiert wird, beschäftigt sich mit der Frage, wo die Gelder hingehen und rechtfertigt diese Verteilung. Wichtig wäre es allerdings auch, zu erheben, wie überhaupt die momentanen Voraussetzungen der Kulturarbeit in Österreich sind. Die Rahmenbedingungen werden von den offiziellen Kulturstatistiken nicht einmal erfasst.

Mit dem Alternativen Kulturbericht versucht die IG Kultur dieses Defizit zu beheben. Ähnlich schwierig wie die finanzielle Lage der Kulturschaffenden ist allerdings auch die Grundlage der Erhebung, die aufgrund mangelnder Ressourcen nicht so umfassend wie in anderen Ländern durchgeführt werden kann. Dabei würde sie der Politik ein wichtiges Instrument zur Gestaltung einer wirksamen Kulturpolitik liefern. Ein Mangel, auf den die IG Kultur Österreich aufmerksam machen möchte.

Wir fordern eine stärkere Förderung der freien Kulturinitiativen! Außerdem ist eine adequate statistische Erfassung der Rahmenbedingungen nötig. Wenn schon nicht gleich im Kunstbericht des Bundeskanzleramtes, so sollte wenigstens eine Finanzierung für die Erhebung zur Verfügung gestellt werden. Immerhin handelt es sich um ein grundlegendes Steuerelement einer funktionierenden Kulturpolitik.“ Gabriele Gerbasits, Geschäftsführerin IG Kultur Österreich

Video zur Situation Kulturschaffender von VADA und dem Teatro zumbayllu:

Die Ergebnisse der letzen Erhebung haben wir einer Gruppe Kunstschaffender vorgelegt und sie gebeten, uns ihre eigene Sicht darauf zu vermitteln. Wie man am entstandenen Werk sieht, bedurften sie dafür einer Kettensäge. Es ist eine Vermittlung des Ist-Zustandes auf Grundlage der Zahlen aus dem Alternativen Kulturbericht der IG Kultur und zugleich ein Kommentar von der Basis der Kunst- und Kulturlandschaft.

Das Video unter dem Titel „Förderunterricht“ wurde im Theater an der Plan Karnburg/Krnski grad in Kärnten aufgenommen und ist eine Koproduktion von VADA und dem Teatro zumbayllu von und mit Yulia Izmaylova, Felix Strasser, Sara und Florian Zambrano und Frederik Dörfler und befindet sich unter diesem Link auf dem YouTube-Kanal der IG Kultur Österreich, hier finden sich Fotos zum Video.

Download Alternativer Kulturbericht:

Der Alternative Kulturbericht steht hier zum Download bereit.