Offener Brief: #raumschiffbleibt

An:
Bürgermeister Klaus Luger
Vizebürgermeister Mag. Bernhard Baier
Stadträtin Regina Fechter
Stadträtin Doris Lang-Mayerhofer
Stadträtin Mag.a Eva Schobesberger

#raumschiffbleibt

Linz, am 30. Oktober 2019

Sehr geehrte Damen und Herren,

vor sechs Jahr haben Absolvent*innen der Kunstuniversität Linz mit großer Leidenschaft die Initiative Raumschiff ins Leben gerufen. Von Anfang an hat es das engagierte Team geschafft, eine Lücke im Linzer Kulturuniversum zu schließen und besonders jungen Künstlerinnen und Künstler die Möglichkeit gegeben, ihre Arbeiten zu präsentieren. In den letzten Jahren wurden vermehrt auch internationale Künstler*innen eingeladen sich am Programm zu beteiligen. Darüber hinaus wurde ein vielfältiges Angebot unter Einbezug unterschiedlichster Bereiche und Arbeitsweisen ermöglicht. Hierdurch hat sich das Raumschiff ganz klar zu einem offenen und partizipativen Produktionsort entwickelt.

In all dieser Zeit war die Arbeit von Selbstausbeutung, Präkariat und äußerst schwierigen Rahmenbedingungen geprägt. Nichtsdestotrotz konnten mehr als 200 Ausstellungen, Performances, Theatervorstellungen, Konzerte, Workshops und Lectures realisiert werden. Durch seine zentrale Lage kommt dem Raumschiff eine wichtige Rolle in der Vermittlung von Kunst und Kultur an die Linzer Bevölkerung zu.

Dieses Erfolgsgeschichte droht nun abrupt zu enden: Die Stadt Linz hat als VermieterIn der Initiative trotz mehrmaliger Nachfrage kurzfristig mitgeteilt, dass der Nutzungsvertrag mit Ende des Jahres nicht mehr verlängert werden soll. Hintergrund ist, dass die Stadt das Gebäude an einen unbekannten Investor verkaufen will – das Schicksal des Kulturvereins scheint bei diesem Vorhaben keine Rolle zu spielen. Das bereits für das nächste Jahr geplante Programm droht nun obsolet zu werden.

Die UnterzeichnerInnen dieses Briefes fordern die Verantwortlichen der Stadt daher auf, umgehend eine langfristige, stabile Lösung für die Initiative Raumschiff zu finden. Das Raumschiff will und muss bleiben. Die ohnedies schon geschwächte Linzer Kulturszene darf nicht weiter ausgedünnt werden.

Wir erinnern die Stadt an ihre Selbstverpflichtung, die sie im 2013 beschlossenen Linzer Kulturentwicklungsplan eingegangen ist:

Die Sicherung und Bereitstellung von Raumressourcen für die freie Kunst- und Kulturszene soll entsprechend dem Bedarf an Produktions-, Lager-, Atelier-, Probe- und Auftrittsräumen und im Sinne einer zusätzlichen Fördermaßnahme erfolgen. […] Hierbei geht es auch um die Entstehung von Orten, die interdisziplinäres* Arbeiten und eine stärkere Vernetzung der Szene ermöglichen.

Kulturentwicklungsplan der Stadt Linz

Der Bedarf an Raumressourcen für die freie Kunst- und Kulturszene ist evident, nicht zuletzt durch den starken Zuspruch und die hohe Auslastung des Raumschiffs. Die Initiative erfüllt die Ziele des Linzer Kulturentwicklungsplans in vielen Aspekten in außerordentlicher Weise. Wenn sich Linz auch weiterhin als Kulturstadt verstehen will, dann muss die Stadtpolitik dem Verein dringend eine Lösung anbieten. Die Verantwortlichen des Vereins stehen für Gespräche und Verhandlungen über die Zukunft des Gebäudes in allen Varianten bereit.

Handeln Sie jetzt, bevor es für das Raumschiff zu spät ist.

Mit besten Grüßen

Andre Zogholy
Andrea Mayer-Edoloeyi
Andrea Reisinger
Andrea Winter
Andreas Reichl
Andreas Strauss
Astrid Benzer
Astrid Esslinger
BB15
Chris Althaler
Christoph Fürst
Costanza Brandizzi
Dagmar Höss
Davide Bevilacqua
Die Fabrikanten
Eva Maria Dreisiebner
FIFTITU%
Georg Ritter
Gesellschaft für Kulturpolitik OÖ
Helga Schager
Holzhaus
Isabella Auer
Julia Nüßlein
junQ.at
Kulturplattform Oberösterreich
Kulturverein ibuk
Kulturverein KAPU

Kulturverein Klangfolger
Kulturverein memphis
Kulturverein PANGEA Werkstatt der Kulturen der Welt
Kulturverein Schlot
Kulturverein Time’s Up
Kurt Mitterndorfer
Luzi Katamay
Margit Greinöcker
Matthias Schloßgangl
Nikolaus Dürk
Post Skriptum
Radio FRO
RedSapata Tanzfabrik
Roswitha Kröll
Rudolf Danielczyk
servus.at – Kunst und Kultur im Netz
Sonja Meller
Stadtwerkstatt
Theater des Kindes
theaternyx*
Thomas Diesenreiter
Thomas Hinterberger
Thomas Philipp
Thomas Pohl
Wolfgang Dorninger

Erfolg für Initiative: Verfassungsgerichtshof stellt Plakatierfreiheit in Linz wieder her

Die Initiative Plakatierfreiheit ist ein Zusammenschluss von 36 Initiativen und Organisationen aus dem Sozial-, Kultur- und Umweltbereich zur Durchsetzung der Meinungsfreiheit im öffentlichen Raum. Mit großer Genugtuung nehmen sie das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 26. September 2019 zur Kenntnis, mit dem die Linzer Plakatierverordnung aus 1983 gekippt wurde. Die Initiative sieht das als wichtigen Erfolg für ihre Bemühungen. Die Entscheidung des VfGH hat Bedeutung weit über Linz hinaus.

Thomas Diesenreiter, Geschäftsführer der Kulturplattform Oberösterreich: „Das Kippen der Plakatierverordnung ist besonders für Österreichs gemeinnützige Kulturinitiativen ein großer Erfolg. Denn diese können sich die kommerziellen Plakatflächen in der Regel nicht leisten und wurden so vom öffentlichen Raum ausgeschlossen. Die Stadt Linz ist nun – so wie viele andere Städte Österreichs – gezwungen, ihre Plakatierpolitik neu zu denken. Wir erinnern an unseren Vorschlag, freie Plakatflächen für gemeinnützige Initiativen und Kulturvereine in Innenstädten zu schaffen. In Oberösterreich fordern wir, dass die Linzer Stadtpolitik nun rasch Gespräche mit den betroffenen Initiativen aufnimmt und endlich Lösungsvorschläge im Sinne der Linzer Kulturvereine vorlegt.“

Zum rechtlichen Hintergrund

Die Solidarwerkstatt Österreich hatte im Juni 2017 eine „Lange Nacht des Friedens“ veranstaltet. Zur Bewerbung dieser Veranstaltung wurden im Stadtgebiet Linz Plakate im A3 Format auf diversen Blechkästen, Masten und Bauzäunen mit Klebstreifen angebracht. Aus diesem Grund wurde gegen den Obmann des Vereins, Norbert Bauer, NÖ, vom Magistrat Linz Anzeige bei der LPD OÖ erstattet. Ebenso wurde vom Magistrat Linz eine Zivilklage gegen die Solidarwerkstatt für die Kosten der Dokumentation der Plakatierung zur Anzeigeerstattung und der, wie sich nunmehr herausstellt, rechtswidrigen Entfernung der Plakate in Höhe von Eur 180,- beim BG Gericht Linz eingebracht. Die LPD-OÖ hatte eine Verwaltungsstrafe in Höhe von Eur 80,- gem. der PlakatierVO der BPD Linz vom 1. Feb. 1983 verhängt. Gegen diese Strafe erhob Norbert Bauer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Das Zivilverfahren wurde bis zur Entscheidung des VfGH ausgesetzt. Der VfGH hat in Folge ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit des § 1 Abs. 1 und 2 der PlakatierVO aus 1983 eingeleitet und diese am 26. Sept. 2019 (V20/2019-18) für gesetzwidrig erklärt. Das Straferkenntnis gegen den Vorsitzenden der Solidarwerkstatt Österreich wurde am 1. Okt. 2019 (E 1890/2018-17) vom VfGH aufgehoben.

Der VfGH nimmt in Erörterung der Rechtslage Bezug auf §48 Mediengesetz, in dem normiert ist, dass es „Zum Anschlagen, Aushängen und Auflegen eines Druckwerkes an einem öffentlichen Ort … keiner behördlichen Bewilligung (bedarf)“. Die Behörden können dieses Recht per Verordnung nur dann auf „bestimmte Plätze“ einschränken, soweit dies „zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung“ geboten erscheint und nimmt dabei auch Bezug auf Art. 10 der EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention). Der VfGH hält somit nicht von vorneherein eine Einschränkung der Plakatierfreiheit für unzulässig. (siehe VfSlg. 10.886/1986) Eine Einschränkung muss aber unter Abwägung des Rechts auf Freiheit der Meinungsäußerung und anderen öffentlichen Interessen erfolgen.

Zum Zeitpunkt des Erlasses der VO im Jahr 1983 gab es in Linz noch ca. 40 freie Plakatierflächen. Derzeit gibt es nur noch vier Flächen in Randlagen von Linz, an denen freies Plakatieren gem. der rechtswidrigen VO möglich wäre. Dafür verantwortlich ist nicht die LPD-OÖ, sondern die Stadt Linz. Was der LPD-OÖ, folgt man dem VfGH, vorzuwerfen ist, ist, dass sie diese Tatsache bei neuerlichem Erlass bzw. Anwendung der VO nicht berücksichtigt hat. Auf eben diesen Sachverhalt hat sich der Beschwerdeführer, der von der Kanzlei Frischenschlager-Navarro vertreten wurde, gestützt.

Stellungnahmen der Initiatoren

Erwin Leitner, Obmann der Initiative „Mehr Demokratie“ meint dazu: „Die Bedeutung dieses Erkenntnis des VfGH reicht weit über die Stadtgrenzen von Linz hinaus. Viele Städte sind dazu übergegangen den öffentlichen Raum, nicht als Raum für die freie Entfaltung ihrer BürgerInnen zu betrachten, sondern als Raum, den es möglichst marktgerecht zu verwerten gilt. Während u.a. das freie Plakatieren weitgehend eliminiert wurde, tauchen überall Leuchtreklamen auf, die für teures Geld gemietet werden können. Die Linzer PlakatierVO ist jedoch nur eine Baustelle, mit der wir uns bei der Verteidigung unserer Demokratie auseinandersetzen müssen. Wir haben jüngst auch eine Petition in den oö. Landtag eingebracht, in der die Abschaffung der aberwitzigen Gebühren für gemeinnützige Organisationen für das Aufstellen von Plakatständern auf öffentlichen Verkehrsflächen gefordert wurde. Diese Petition wurde von der schwarz-blauen Mehrheit mehr oder weniger mit dem schnoddrigen Argument abgeschmettert, wenn der Bürger das Amt beschäftigt, dann muss er sich das eben was kosten lassen. Das steht in schrillem Widerspruch zu den sonntäglichen Bekenntnissen zur Bedeutung zivilgesellschaftlichen Engagements. Hier ist sicherlich noch nicht das letzte Wort gesprochen.“

Boris Lechthaler, Solidarwerkstatt Österreich, äußert: „Wir haben gesagt, Martin Luther wäre, hätte er seine Thesen in Linz und nicht an der Schlosskirche zu Wittenberg angeschlagen, vor den Kadi gezerrt worden. Mit dem Erkenntnis des VfGH ist dieser vormodernen Behördenwillkür ein Schritt entgegengetreten worden. Wir sagen auch: wir sind nicht die Feinde der Stadt Linz. Natürlich sind auch wir an einer ordentlichen Verwaltung des öffentlichen Raumes interessiert. Wenn aber dann der Initiator der „Verkehrswende Jetzt!“, Gerald Oberansmayr, vom Magistrat Linz mit einer Verwaltungsstrafe von Eur 700,-, bzw. mit Ersatzarrest von 11 Tagen für das Aufstellen von 14 Plakatständern für eine Klimaschutzdemo bedacht wird, haben wir nicht den Eindruck, dass die hier handelnden Personen im 21. Jahrhundert angekommen sind. Das VfGH-Erkenntnis ist ein erster, wichtiger Erfolg. Weitere müssen und werden folgen.“

Link: https://plakatierfreiheit.at/

Rückfragen
Thomas Diesenreiter, Kulturplattform OÖ, 0664 / 78 24 525
Erwin Leitner, Mehr Demokratie, 0660 / 61 17 001
Boris Lechthaler, Solidarwerkstatt Österreich, 0664 / 76 07 937

Nackt. Podiumsdiskussion

Bessere Arbeitsbedingungen für Kulturarbeiter*innen

Programm

Einleitung: Mieze Medusa
Begrüßung: Verena Humer und Sepp Wall-Strasser

Diskussionsteilnehmer*innen:
* Dominika Meindl, GAV Oberösterreich
* Patrice Fuchs, vidaflex
* Birgit Waldhör, AK
* Tanja Ilkic, BMF
* Inga Hehn, Bildende Künstlerin
Moderation: Veronika Bohrn Mena

mit anschließender Publikumsdiskussion!

Ort: BlackBox Musiktheater Linz
Datum: 12.11.2019
Uhrzeit: 10 – 13 Uhr

„Die soziale Lage der Kunstschaffenden ist häufig durch Phänomene wie prekäre und diskontinuierliche Arbeitsverhältnisse, unsichere Einkommensperspektiven und mangelnde soziale Absicherung geprägt.“ Zu diesem Ergebnis kommt die vom Bundeskanzleramt BKA in Auftrag gegebene und aktualisierte Studie zur Sozialen Lage der Kunstschaffenden und Kunst- und Kulturvermittler/innen in Österreich schon 2008 und veranschaulicht deutlich, wie es um die Lebens- und Arbeitssituation von Kunst- und Kulturschaffenden bestellt ist. Zehn Jahre später schließt die Studie aus 2018 mit dem Fazit: „Die Ergebnisse zeigen, dass sich (…) im Vergleich zu 2008 relativ wenige Veränderungen erkennen lassen.“
Dieser Stillstand ist Anlass unserer Podiumsdiskussion!

Wie können und sollen wir darauf reagieren, um hier endlich notwendige Verbesserungen zu erreichen? Im Rahmen dieser Podiumsdiskussion wollen wir im konstruktiven Austausch mit relevanten Jurist*innen, Gewerkschafter*innen und Künstler*innen konkrete Maßnahmen diskutieren.

Wie kann und soll der Künstlersozialversicherungsfonds (KSVF) reformiert werden? Wie kann die Arbeitslosenversicherung systemisch für eine durchgehende soziale Absicherung sorgen? Wie sieht es mit dem Rechtsanspruch auf Leistungen und Beratungen aus?

Das sind nur einige der Fragen, die auch der Kulturrat Österreich aufwirft und aus denen er bereits konkrete Schritte für die neue Bundesregierung ableitet. In Oberösterreich gibt es nun erstmals eine gemeinsame Arbeitsgruppe von Vertreter*innen der freien Szene, Gewerkschaften und Betriebsrät*innen, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, hier aktiv für Verbesserungen und Maßnahmen einzutreten.
Ein erster Schritt ist diese Podiumsdiskussion, zu der wir herzlich einladen!

Kooperationspartner*innen: GAV Oberösterreich, Gesellschaft für Kulturpolitik OÖ, IG Kultur, Kulturrat Österreich, KUPF OÖ, Landestheater Linz, vidaflex, VÖGB, Younion Oberösterreich

ANMELDUNG unter: http://www.gfk-ooe.at/event/podiumsdiskussion-nackt/

Workshop „Meinungsfreiheit braucht Plakatierfreiheit“ im Rahmen der Konferenz Demokratische Städte

Demokratie braucht Öffentlichkeit und Sichtbarkeit im öffentlichen Raum. Wie wurde das Recht auf Plakatierfreiheit in den Innenstädten in den letzten Jahrzehnten eingeschränkt und de facto beseitigt? Was können wir dagegen tun?

Der Workshop wird gehalten von Boris Lechthaler (Solidarwerkstatt) und Gerald Oberansmayr (Verkehrswende), den beiden Initiatoren der Initiative Plakatierfreiheit.

Konferenz über Demokratische Städte
Freitag, 8. November 2019, 14-20 Uhr

Workshop 15:15 – 16:30 Uhr

Wissensturm – VHS Linz (Kärntnerstraße 26​, 15. Stock, 4020 Linz)

Eintritt frei.

Mehr Informationen zur spannenden Konferenz finden sich online.