Die KUPFzeitung #150 ist erschienen. Schwerpunktmäßig widmen wir diese Ausgabe den „Rändern der Kulturarbeit“. Mit Texten von Gerda Haunschmied, Christian Diabl, Anna Weidenholzer, Vina Yun, Tamara Imlinger, Richard Schachinger, Jürgen Lübke und vielen anderen! Download und Lektüre: KUPFzeitung #150
Monat: Juni 2014
PA: Vom Hendlbrater bis zur Lustbarkeit: Die Hürden der Vereinspraxis sind schwer zu durchschauen
Presseinfo vom 2.Juni 2014: Die KUPF-Kulturplattform setzt sich seit jeher für Entlastungen im gemeinnützigen Bereich ein. Neben den aktuell diskutierten Verwaltungsbrocken sieht die KUPF großen Reformbedarf bei bestehenden Abgaben.
„Wer sich engagiert und beispielsweise Kultur veranstaltet, wird mit einem Regelwerk konfrontiert, das über Jahre an Fülle und Komplexität gewonnen hat. Dieser Dschungel ist für die Beteiligten ohne juristische Beratung nur mehr schwer zu durchschauen und muss auf Aktualität und Verständlichkeit durchforstet werden,“ sagt Richard Schachinger, Geschäftsführer der KUPF. Die tägliche Beratungstätigkeit der KUPF zeigt die Hürden der praktischen Kultur- und Vereinsarbeit stets aufs Neue auf: Probleme bereiten komplizierte und praxisferne Bestimmungen, wie beispielsweise die Abzugssteuer oder die Werbeabgabe.
Besonders heikel für die Betroffenen sind unklare Bestimmungen dann, wenn sie sich mit anderen Rechtssphären überschneiden. Das zeigt auch das jüngste Beispiel aus dem Innviertel, wo die Ausschank von Vereinen ins Visier des Finanzamts geriet: Nach Protesten im Vorjahr wurde der Freibetrag für die Körperschaftssteuer erhöht. Letzte Woche präsentierte das Finanzministerium konkretere Vereinsfest-Richtlinien, die vom externen Securitydienst bis zum „Hendlbrater“ reichen. Für die KUPF sind das Schritte in die richtige Richtung, solange die Richtlinien nicht auf einen bestimmten Veranstaltungstyp zugeschnitten werden (Anm. Die gesamte Richtlinie wird erst vom Finanzministerium veröffentlicht). „Der Lösungsansatz muss lauten: Klare, praxisbezogene Richtlinien einerseits und Bagatellgrenzen für Gemeinnützige andererseits,“ sagt Richard Schachinger.
In diesem Zusammenhang ruft die KUPF den OÖ Landtag auf, den Reformprozess der so genannten „Lustbarkeitsabgabe“ – einer Abgabe auf bestimmte Veranstaltungseintritte – wieder aufzunehmen. Nach dem Begutachtungsentwurf vor knapp zwei Jahren wurden keine wesentlichen Schritte mehr unternommen. „Seit Jahren liegen gute Gründe für eine Novellierung am Tisch, die Befreiung für Gemeinnützige würde eine spürbare Entlastung bringen. Für uns ist nicht nachvollziehbar, warum das Thema wieder auf die lange Bank geschoben wird. Die Lustbarkeitsabgabe bietet sich als Initiative für den erwachten Reformwillen geradezu an,“ sagt Richard Schachinger.
KUPF Radio: Seewiesenfest, die 20ste!
„Und wenn wir, und wenn wir in irgendwas gut sind, dann vielleicht im sich was einfallen lassen, im sich was einfallen lassen“, singt Der Nino aus Wien. Bezeichnend finden Josefa Stiegler und Markus Sandner diese Textzeile für das 20. Seewiesenfest.
Der Obmann des KUPF-Mitgliedsinitiative Frikulum und die Verantwortliche des Poetry-Slams erzählen von vergangenen Seewiesenfesten und geben einen Vorgeschmack auf das kommende Wochenende. Was als eine Demonstration gegen eine Ölbohrung begann, wurde zum jährlichen Fixpunkt im österreichischen Fest(ival)-Kalender. Am 7. Juni 2014 feiert das Seewiesenfest in Kleinreifling (OÖ) bei Musik, Camping und Poetry sein 20. Jubiläum.
Weiterführende Links:
Sendezeiten:
- auf Radio FRO: Dienstag um 17.30 Uhr / WH: Mi. 8.00 Uhr
- auf Freies Radio Freistadt: Mittwoch um 16.30 Uhr / WH: Do. 14.00 Uhr
- auf Freies Radio Salzkammergut: Mittwoch um 13.00 Uhr
- auf Freies Radio B138: Donnerstag um 18.30 Uhr
Sendungen nachhören:
Infoblatt Aufenthalts- und Beschäftigungsrecht für Künstler_innen (2014)
Artikel 17a des österreichischen Staatsgrundgesetzes schreibt die Freiheit künstlerischen Schaffens fest. Daraus sollte sich auch für Künstler_innen ohne EU/EWR-Pass quasi ein Rechtanspruch auf Aufenthalt und Berufausübung in Österreich ableiten lassen. Ein gültiger Aufenthaltstitel und Beschäftigungsbewilligung werden dennoch verlangt. Auch Nachweise über die künstlerische Tätigkeit und, dass das Einkommen aus der Kunst das wirtschaftliche Überleben sichert, sind zu erbringen. Aber wo und wie sind all diese Vorrausetzungen, Nachweise und schließlich Dokumente zu erhalten? Wer definiert wer Künstler_in ist oder nicht? Wie weiter nach dem Studium, wenn der Aufenthaltstitel bislang an die Ausbildung gebunden war?
Die IG Bildende Kunst hat ein aktuelles Infoblatt zum Aufenthalts- und Beschäftigungsrecht für Künstler_innen aus „Drittstaaten“ veröffentlicht. Das Dokument wurde erarbeitet und aktualisiert von Doris Einwallner (Rechtsanwältin, Fremdenrechtsexpertin).
Internationaler Hurentag: Statement MAIZ, LEFÖ, SXA-Info und sexworker.at
Am 2. Juni findet alljährlich der Internationale Hurentag statt. Unsere Mitgliedsinitiative MAIZ, die unter anderem Arbeit für und mit Sexarbeiterinnen in Linz leistet, hat zu diesem Anlass gemeinsam mit anderen Organisationen eine Presseaussendung veröffentlicht. Thema ist die neue Besteuerungspraxis für Sexarbeiterinnen, die ab 1.7.2014 in ÖSterreich per Erlass eingeführt wird.
PA: Selbstorganisation von Sexarbeiter_innen und Beratungsstellen fordern
arbeitsrechtliche Gleichstellung und Entstigmatisierung von Sexarbeit
Am 2. Juni, dem Internationalen Hurentag, weisen österreichische Beratungsstellen für Sexarbeiter_innen, sowie eine Selbstorganisationen für Sexarbeiter_innen, erneut auf rechtliche Diskriminierungen und die prekären Arbeitsverhältnisse von Sexarbeiter_innen hin. Die Plattform sexworker.at und die Vereine LEFÖ (Wien), maiz (Linz), SXA-Info (Graz), PiA (Salzburg) und iBUS (Innsbruck) fordern die politischen Entscheidungsträger_innen auf, einen politischen Ansatz zu verfolgen, der Sexarbeiter_innen nicht nur in die Pflichten nimmt, sondern ihnen auch tatsächliche Rechte zugesteht und rechtlichen Schutz garantiert. Neben einer Entkriminalisierung des Bereichs Sexarbeit muss eine Entstigmatisierung von Sexarbeiter_innen und eine gleichzeitige Beteiligung und Einbindung in politische Entscheidungsprozesse dieser im Zentrum stehen.
Änderung in der Besteuerungspraxis – Verschärfte Pflichten für Sexarbeiter_innen ohne einhergehende arbeitsrechtliche Gleichstellung
Am 1. Juli 2014 wird in Österreich eine Besteuerungspraxis für Bordellbetriebe und Sexdienstleiter_innen per Erlass eingeführt. Diese ist ein aktuelles Beispiel dafür, wie die gesellschaftliche und gesetzliche Doppelmoral sich in der Reglementierung von Sexarbeit manifestiert und welche Auswirkungen die gesetzlichen Bestimmungen auf die Arbeits- und Lebensbedingungen von Sexarbeiter_innen haben.
Aufgrund mangelnder Kommunikation und fehlender Informationen seitens des Finanzministeriums, verbreitete sich in der Branche große Verwirrung bezüglich der neuen steuerrechtlichen Vorschriften. Angesichts dieser Unklarheiten, hat das Finanzministerium die Einführung der neuen Praxis vom 1. April, auf den 1. Juli verschoben.
Welche Konsequenzen hat diese Regelung für Sexarbeiter_innen?
Wir befürchten, dass sich durch die Regelung die bereits beschränkte Anzahl an legalen Arbeitsplätzen, sowie die Vielfalt der Arbeitsorte und Wahlmöglichkeiten für Sexarbeiter_innen, noch weiter reduzieren wird und Sexdienstleister_innen vermehrt im illegalisierten und unsichtbaren Bereich arbeiten müssen.
Zudem ist eine schlichte steuerrechtliche Anpassung an ein Dienstverhältnis, ohne einhergehende arbeitsrechtliche Veränderungen, welche die rechtliche Gleichstellung und Anerkennung von Sexarbeit mit anderen Berufen ermöglicht, unserem Erachten nach, nicht zielführend. Den politischen Verantwortlichen geht es nicht um eine Verbesserung der Situation von Sexdienstleister_innen, sondern ausschliesslich um die Besteuerung ihres Verdienstes.
Forderungen an die politischen Verantwortlichen
Sexarbeiter_innen sind Expert_innen ihrer Arbeitsumstände und müssen als solche wahrgenommen und anerkannt werden. Sexarbeiter_innen wurden in diesen politischen Entscheidungsprozess weder eingebunden, noch rechtzeitig über die Änderungen informiert. An dieser Vorgehensweise wird erkennbar, dass die Lebensrealitäten sowie die Arbeitsbedingungen von Sexarbeiter_innen, von politischen Verantwortlichen nicht berücksichtigt und wahrgenommen werden.
Eine verantwortungsvolle Politik, welche als Ziel eine tatsächliche Gleichstellung sowie eine Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen von Sexarbeiter_innen anstrebt, muss Sexarbeiter_innen in ihrer Selbstbestimmung stärken und darf nicht ermöglichen, dass die Selbständigkeit von Sexarbeiter_innen durch finanzamtliche Praxen, Willkür von Behörden und Betreiber_innen gefährdet und korrumpiert werden kann.
Den Sexarbeiter_innen werden in diesem Sinne wieder Pflichten aufgezwungen, ohne dass Rechte damit einhergehen. Die nahenden steuerrechtlichen Veränderungen in Österreich, sowie die aktuellen Abschaffungs- und Kriminalisierungsforderungen auf nationaler und europäischer Ebene, gehen eindeutig in die falsche Richtung, mit schwerwiegenden Konsequenzen für die Betroffenen. Es braucht eine arbeitsrechtliche Gleichstellung, die Kompetenzen einräumt um sich gegen Ausbeutung und Gewalt zu wehren. Überdies muss Sexarbeit als Beruf in seiner Vielfalt anerkannt werden und die unterschiedlichsten Lebenssituationen der Sexarbeiter_innen berücksichtigt werden.
MAIZ, LEFÖ, SXA-Info und sexworker.at
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Politischer Hintergrund des Internationalen Hurentags:
2. Juni 1975: Proteste und Kirchenbesetzung von Sexarbeiterinnen in Frankreich
Am 2. Juni 1975 streiken Sexarbeiter_innen in Frankreich und bezeichnen in diesem Zusammenhang den Staat als den größten Zuhälter. 150 Frauen besetzen 10 Tage lang die Kirche Saint-Nizier in Lyon und schaffen damit eine internationale Öffentlichkeit für ihre Situation und ihre Forderungen. Als Aktionskollektiv wenden sie sich gegen die staatliche Diskriminierung und gegen polizeiliche Repressionen, die vorgeblich dem Kampf gegen Zuhälterei dienen sollen: ständige Kontrollen und Verhaftungen, Beleidigungen, Schikanen, unverhältnismäßige Strafen, willkürliche Steuerbescheide sowie Tatenlosigkeit der Polizei gegenüber Morden, Misshandlungen und anderen Formen von Gewalt gegen Sexarbeiter_innen. Die Sexarbeiter_innenbewegung von Lyon wehrte sich damit auch gegen die Stigmatisierung von Sexarbeiter_innen und gegen die staatlich institutionalisierte Doppelmoral.
Die dazugehörige Radiosendung kann unter folgendem Link abgerufen werden: http://cba.fro.at/260269