Salzberg statt Zuckerberg

Die Netzwelt ist lebendig. Kein Zweifel. Es gibt Widerstand, Hysterien und Hypes. Im Moment stehen besonders Facebook und Apple im Kreuzfeuer der Kritik. Die Giganten des Web sind auf der Jagd nach Information, mit der wir ihre Portale und Dienste freiwillig/Facebook oder mehr „unfreiwillig“, weil bequem und benutzerinnenfreundlich/Google, Apple füttern.
Was den Hype betrifft:
„Wir haben es am Samstag ausgeliefert. Dann, am Sonntag, ruhten wir,“ verkündete kürzlich iGod, Steve Jobs auf eine Journalisten Anfrage zur Präsentation der neuen iPhone-Software OS 4.0. Nicht unbedingt ein Sympatieträger.
Was den Widerstand betrifft:
In der letzten TELEX Sendung, die von servus.at auf Radio FRO gestaltet wird, gab es ein feines Apple bashing unter dem Titel „Verließ unter dem Regenbogen“. Die Problematik ist auch in der aktuellen VersorgerIn nachzulesen. Es geht im Kern um das DRM, Digital Rights Management, jene von Apple implementierte Restriktion, die, die Freiheiten alltäglicher Kulturpraxen, wie das Tauschen, Kopieren und Remixen von digitalen Daten aus reiner Profitgier gefährdet.

„Friends“

Und die Hysterie? Facebook. Ein Soziales Netzwerk, das 400 Millionen UserInnen weltweit miteinander verbindet. Können soviele Menschen irren? Handelt es sich um einen ideologischen Grabenkampf, den Medien angezettelt haben – und Facebook ist so schlecht nicht? In Web 2.0-zeitrechnung, also vor kurzem, entstand jedenfalls Suicide Maschine, mittels derer man einen Facebook Account löschen könnte. Die Lebensdauer der Suicide Maschine war kurz. Sie wurde von Facebook gekillt. Jetzt steht auf der site schlicht:
„Our server has been hacked! All scripts have been deleted and our root filesystem has been severly damaged Apparently, there were several sabotage attacks last week since users reported that there were no free slots available. We do have a backup from yesterday and are currently going through our log files. We have to clearify what caused this nuisance and we hope to go online soon again! We apologize for the inconvenience! Please consider suicide at a later moment!“
Doch das Netz organisiert sich auch anarchistisch und es entstehen neue Kollaborationen.

After the Times

diaspora /dī-ˈas-p(ə-)rə, dē-/
origin: Greek, διασπορά – “a scattering [of seeds]”
1. the privacy aware, personally controlled, do-it-all distributed open source social network

You Own You ist das Credo von diaspora*. Die 4 New Yorker Informatikstudenten Daniel Grippi, Maxwell Salzberg, Raphael Sofaer und Ilya Zhitomirskiy hatten nach einem Vortrag des Jusprofessors Eben Moglen über die Privatsphäre im Internet im Februar die Idee, ein offenes, dezentrales Soziales Netzwerk zu schaffen. Im Herbst soll diaspora*, die open-source Alternative von Facebook online gehen.

Diaspora: Personally Controlled, Do-It-All, Distributed Open-Source Social Network from daniel grippi on Vimeo.

Apropos: der Eintrag wurde auf Mac geschrieben, bis vor kurzem kannte die Nutzerin DRM nicht und wer weiss, welche Wege diaspora* noch gehen wird. Let’s Hype!

Circumlocution Office

Charles Dickens hat in einem Roman die Bürokratie, die Herrschaft der Verwaltung, als „Amt für Umschweife“ persifliert. Er kritisierte damit die Gewohnheit, sich mit allem zu beschäftigten und viele Formulare auszufüllen, aber vor lauter Umständen nichts zu schaffen und dabei jeden Fortschritt zu hemmen.

„(…) aber gerade Bürokratie ist bekanntlich ein System mit sehr geringer Störempfindlichkeit.“ Niklas Luhmann, Soziale Systeme

Bürokratie funktioniert. Sie gleicht einem hermetischen System, das alles registriert, bezeichnet, verwaltet und festlegt. Es ist ein System von Gesetzen, Vorschriften, Verordnungen und Anweisungen. Auch die EU ist ein bürokratischer Apparat. Und die EU hat beispielsweise entschieden, dass alle Rinder, Schweine, Schafe und Ziegen registriert werden müssen, damit die Herkunft und Identität der Tiere bestimmt werden können.

Yellow Tag

Früher waren Tiere unmittelbarer Bestandteil unserer Lebensumgebung. Kühe und Schafe hatten ihren Stellenwert in der Kunst, besonders in der Symbolwelt der religiösen Kunst. Heute werden Tiere oft über weite Strecken transportiert. Und die gelben Marken an Tieren sind uns längst zur Gewohnheit geworden. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier.
Im bürokratischen System scheint es jedenfalls seit wenigen Jahren wichtig zu sein, dass alle Tiere einer Produktionsstätte an das Zentralregister gemeldet werden. Lämmer sollten gleich nach der Geburt markiert werden. Eine Marke in jedem Ohr garantiert lebenslange Identität. Und – die Nichteinhaltung bestehender Vorschriften ist eine Gefahr und muss zum Wohl aller geahndet werden!
Was in einem bürokratischen System alles passieren kann, um dem Gesetz zu entsprechen, hat der schwedische Filmemacher Jan Troell mit feiner Ironie aufgezeigt. Am 7. 10. 1999 wurden sechs gesunde Kühe erschossen, als sie auf einer Wiese bei Ljungskile weideten. Der Tatbestand: die Kühe hatten keine EU-Marken. Tiere ohne gelbe Marke oder anderen Nachweis werden beschlagnahmt und eventuell getötet.

Registrierung Jetzt!

Die Notwendigkeit der Erfassung, Registrierung und Identifizierung hat jetzt auch unsere Haustiere ereilt. Hunde müssen mit einem RFID Chip (Radio Frequency Identification) gekennzeichnet werden. Mit drakonischen Geldbußen will Gesundheitsminister Stöger nachlässige Hundebesitzer disziplinieren. Am 31. Dezember endet dann die Übergangsfrist für die verpflichtende Kennzeichnung von Hunden.
Wie bei der Telekommunikationsortung steht auch hier das „gute“ Argument parat. Hilfeleistung im Notfall hier, entlaufene Hunde dort. Was als Option begann, endete mit der Pflicht. Aktuell legt das Tierschutzgesetz für den Fall des Zuwiderhandelns klare Sanktionen fest: „Die Strafe beträgt bis zu 3750 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 7500 Euro“, erläutert eine Beamtin von der Veterinärverwaltung des Bundesministeriums für Gesundheit.

Lang war er jedenfalls nicht, der Weg von der Yellow Tag zum RFID Chip. Aber von letzterem wird man ja in Zukunft auch noch mehr hören …

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Germanophobie und Selbstverkennung

Wenn man nach langer Zeit wieder einmal in den Zug nach Berlin steigt, erschrickt man: wo kommen bloß all die Deutschen her? Der arrogante, aggressive Klang ihrer Sprache nervt nach wenigen Minuten. Zugegeben: man mag sie nicht.

Das Schöne ist aber: wenn man nach kurzer Zeit wieder in den Zug zurück nach Linz steigt, bemerkt man sie sofort: Österreicher. Was haben die bloß alle in Berlin gemacht? Die primitive und animalische Klangfarbe ihrer Sprache zeugt vom barbarischen Wesen. Und natürlich mag man sie nicht.

Nadel + Faden

Es ist nicht alles Politik. Kunst mischt sich ein. Auch bei der Stadtwache spielt die Ästhetik ein Rolle. Sicherheit. Ordnung. Sauberkeit. Ein trockenes Thema? Es gibt Leute, nein, Künstler, die Farbe in unser Leben bringen! Repräsentation ist die halbe Miete, oder wie sagte mein Vater immer: Kleider machen Leute.

Uniformen als Zeichen des Respekts

Fast basisdemokratisch, die Frage des Geschmacks. Wir wollen uns einig sein …
Welche Uniform

Elegant und vornehm: Der erste Vorschlag für die männlichen Wachemitglieder
Elegant

Streng und edel: Der Entwurf ist eine Reminiszenz an historische Uniformen, modernes Styling dominiert
Streng

Feminin und edel: Die Frauen im neuen Ordnungsdienst der Landeshauptstadt dürfen auch ein bisschen von ihrer Weiblichkeit zeigen
Feminin

Haute Couture oder doch Prêt-à-porter?

Massenkompatibler Sexismus!

Heute bitte ich Sie mich in meine Wohnstadt zu begleiten, wo das Betreten der Niederungen geradezu en vogue zu sein scheint.
Betreten wir Wels „die Stadt“ und sehen wir, was dort als lustig gilt.

Die Kasperliade rund um das Konzert von AC/DC dürfte hinlänglich bekannt sein.
Das Wels sich hier nicht mit Ruhmes-Lorbeeren geschmückt hat auch.
Aber jetzt „Lachen die Welser über sich selbst“. Und das tun sie mithilfe von T-Shirts, die vom Stadtmarketing vertrieben werden, auf denen weiß auf schwarz geschrieben steht: „Wir sind gut …… ZU VÖGELN.“

Was für ein Humor!
Ohne das Bild vom Stammtisch überstrapazieren zu wollen, aber in manch alkoholgetränkter Herrenrunde mag diese Art von Humor noch ihre Gültigkeit haben. Ein Stadtmarketing als ausgelagerter Betrieb der Stadt sollte über den Verdacht des Dauerrausches erhaben sein.

Was ist denn die Kritik daran, ist doch eh lustig?
Ja, vielleicht am Stammtisch. Hier wird dumpfer Sexismus vorgeführt. Hier wird sexistisches Sprechen salonfähig gemacht. Hier wird nicht einmal eine Sekunde lang nachgedacht.

Viele werden sich das T-Shirt kaufen. Viele werden es (hi,hi) lustig finden.
Der Auftrag einer Politik die sich als solche versteht müsste sein, gegen diskriminierende Handlungs- und Denkweisen vorzugehen und Maßnahmen zu setzen die diesen entgegenwirken.
In Wels zeigen sie vor, wie es gelingt Dumpfheit von oben herab zu forcieren.

O Susanne Leuchtturm, Where Art Thou?

Linz. Plakate und Grafiken die rechte Ideologie verbreiten. Abgesehen von den inhaltlichen Ressentiments und Xenophobien, überrascht immer wieder die Auswahl der Sujets. Im Rahmen eines Vortrages des Rechtsextremisten und Antisemiten R. Melisch Ende April in Linz gruben Burschenschafter ein Nazi-Sujet aus. Diesmal: der Unterarm und die Schlange. Die Faust bändigt die heimtückische Schlange, die alte Verführerin. Die Schlange steht für Globalisierung und Fremdherrschaft, das steht da auf der Schlange. Die Anleihen nahmen die Verantwortlichen von einem Plakat der 40er Jahre: der selbe Unterarm, die selbe Schlange, stand das Tier damals für Hochfinanz und Marxismus. Der Lüge wünschte man den Tod. Alles sehr martialisch, steht doch auch heute eine Kriegserklärung im Raum; zumindest nach Ansicht von “Arminia Czernowitz”, jener schlagenden Burschenschaft, der auch Linzer FP-Sicherheitsstadtrat D. Wimmer angehört. Den oberen Rand des Plakats schließen die Farben Schwarz-Rot-Gold. Die Hakenkreuzbinde auf dem Arm wurde wegretuschiert. Dann die Nachricht: „Der letzte Akt: Die Kriegserklärung der Globalisierer an alle Völker der Welt.“

Nach dem letzten Akt schließt sich normalerweise der Vorhang.

Wie auch gestern? Die, von der Bürgerinitiative gestartete Unterschriftenaktion gegen die Einführung des sogenannten Ordnungsdienstes (Stadtwache), die von D. Wimmer verfolgt wird, blieb erfolglos. Statt den 3000 Unterschriften haben 1700 LinzerInnen unterschrieben. Welche Motive und Haltungen führten zu dem Ergebnis? Wollen die LinzerInnen die Stadtwache? Sind viele indifferent, gleich gesinnt oder doch fremdbestimmt?

O Susanne Leuchtturm, Where Art Thou?

Böse Märchenwelt

Es war einmal … eine Sendung auf LT1. In dieser Sendung ging es um Fake und das Passage Einkaufszentrum. Der Passage Chef wollte der Sicherheits-Sache im Haus einmal auf den Zahn fühlen; und dazu dachte er sich etwas Besonderes aus. Er beschloss sich in einen Obdachlosen zu verwandeln, um damit die Sicherheitsmenschen im Haus zu konfrontieren. Gesagt, getan.

Die LT1 Redakteurin begleitete den Chef ins Landestheater. Dort ging es erstmal in die Maske, dann zur Requisite. Schliesslich sollte der Auftritt im Passage möglichst authentisch sein! Nach der Verwandlung marschierte dann das Presse/Chef-Gespann geschlossen und entschlossen vom Theater zum Passage. Der Chef stand also herum und bettelte ein wenig. Und es dauerte nicht lange bis ein Sicherheitsmensch den „Obdachlosen“ in handgreiflicher Manier aus dem Haus beförderte. Der Chef war äußerst zufrieden. Ja, angetan von diesem tüchtigen Mitarbeiter.

Auch heute ist das Passage innovativ und hat das Ars Electronica Futurelab mit einem Auftrag betraut. Das Resultat des Projektauftrages lautet in der Tat Innocence.
Innocence bedeutet: „Alle BesucherInnen, die auf ihrem Weg zum Lift, der Information oder Parkgarage hier vorbeikommen, werden von zwei Kameras erfasst. Ihre Bilder werden in Echtzeit auf dem vor dem Lift befindlichen, 2,5 Quadratmeter großen Monitor angezeigt. Geht man auf diesen Monitor zu, sieht man sich quasi „auf sich selbst zu kommen“ – und findet sich in einer märchenhaften Welt wieder.“

Innocence: gut oder schlecht?

Joseph Raymond McCarthy

„Mc Carthy“ Kaltenberger!

In der Einleitung zum Beitrag „Replik zum Ausblick! Part IX!“ habe ich schon angekündigt, dass dazu eventuell später mehr kommen würde. Und schon passiert es.

Der Beitrag von Volksblatt Redakteur Michael Kaltenberger ist nämlich nicht nur aufgrund der – nachweislich – falschen Fakten so ärgerlich, sondern weil er in das selbe Horn stößt, wie vor ihm schon viele ÖVP-PolitikerInnen (Franz Morak, Elisabeth Manhal, …). (Auch die FPÖ stößt in das selbe Horn, aber dies ist aufgrund der reflexartigen Beißhaltung nicht weiter beachtenswert, die SPÖ schaut bei solchen Sachen zuerst lange dem Volk aufs Maul bevor sie sich dann doch äußert).

Was ist es denn, dieses Ärgernis. Spüren wir der Sache nach:
“Problematisch wird die Sache allerdings, wenn diese linkslinke Truppe die Mai-Demo der Kommunisten als Vehikel für Provokationen gegen die Exekutive nutzt. Angesichts der jüngsten Vorfälle, die tragisch zeigen, in welchem Spannungsfeld sich die tägliche Arbeit der Exekutive abspielt, ist die geplante Vermummungs-Modeschau höchst unappetitlich.“ So Kaltenberger.
Unappetitlich! Dass die ganze Sache eine kulinarische Note bekommt ist ja ganz nett. Was Hr. Kaltenberger hier (von den Begrifflichkeiten her genau im FPÖ-Jargon) nicht essen will, ist eine Auseinandersetzung mit den Vorfällen des 1. Mai 2009, bei dem die Exekutive – auch gerichtlich festgehalten – unschuldige TeilnehmerInnen der Demonstration unter Gewaltanwendung festnahm, und die Repression fröhliche Urständ‘ feierte.

Kaltenberger weiter: “Und weil es bei der Kummerl-Demo am 1. Mai nicht nur gegen die Polizei geht, sondern auch gegen die im Entstehen begriffene Linzer Stadtwache, darf man annehmen, dass die Veranstalter und Teilnehmer ein Problem mit der staatlichen Ordnung insgesamt haben.“
Sehr gut erkannt Herr Kaltenberger. Sie haben ja – offensichtlich – auch ein Problem mit dem Gespenst des Kommunismus. Aber vielleicht zu Ihrer Hilfe: Jede staatliche (Ver-)Ordnung muss hinterfragt werden, vor allem wenn sie – wie im Falle der Linzer Stadtwache – ja doch nur politische Kosmetik und Symptombekämpfung ist. Dass einmal die Ursachen hinterfragt werden und an und mit diesen gearbeitet wird, lässt sich leider klientelpolitik-technisch nur schlecht bewerkstelligen.

Zum Schluss meint Hr. Kaltenberger: “Aber wenn das Ganze von den Steuerzahlern finanziert wird, nämlich über Subventionen für die Kulturplattform „Kupf“, die am 1. Mai genauso in der ersten Reihe steht wie bei den Aktionen gegen die Stadtwache, dann stellt sich vielen Bürgern die Frage, ob das wirklich Sinn und Zwecke einer – subventionierten! – Kulturinitiative ist.“
Das musste ja kommen, die Steuerkeule. Wir alle müssen für das zahlen. Dass wir alle auch für die Stadtwache zahlen, darf Hr. Kaltenberger hier ruhig ausblenden. Und es ist auch gut so. Denn er, genauso wie die oben erwähnten ÖVP-PolitikerInnen verkennen eine entscheidende Tatsache: Wofür hier Geld aus öffentlichen Förderungen fließt, ist ein Kunstprojekt. Eine künstlerisch, kulturelle Auseinandersetzung mit einem Thema, das sich nicht die AktivistInnen aus den Fingern gesogen haben, sondern das von der Politik aufoktroyiert wurde. Sicherheit über alles!
Das demokratiepolitisch notwendige Aufstehen gegen diesen Trend bezahlt uns niemand. Das machen wir aus unserem Antrieb heraus. Was treibt Sie an, Hr. Kaltenberger? Die Angst vor dem Kommunismus?
Das wäre schön zu wissen!

Replik zum Ausblick! Part X! – Das Finale!

Ohne Unterbrechung kommt der Schluss! Das Finale, danach kann nichts mehr kommen und Teil zehn trägt den Titel:
Qualität für alle!

Mit dieser Ansage erklärt die Intendanz, dass das Konzept einer „Kultur für alle“ nun weichen muss, denn: “Der einstige Anspruch ist weitgehend erfüllt, mittels vieler ineinandergreifender Maßnahmen: Kultur steht in Linz und Oberösterreich allen offen.“ Das kann einigermaßen zynisch aufgefasst werden. Denn das Kultur allen offen steht, alleine dieses Aussage, verschließt die Augen vor realen Zugangshürden zum Kunst- und Kulturangebot, die ökonomisch und sozial gegeben sind. Ganz zu schweigen davon, dass ein offen stehen für alle auch ein offen sein bedeuten müsste. Aber – um den Zynismus weiterzutreiben: Mit „allen“ sind wohl nicht „alle“ gemeint. Konzepte von Diversity sind in anderen Ländern unabdingbar, (Ober-)Österreich ist davon weit entfernt. Dazu reicht ein Blick auf die Führungsetagen etablierter Häuser ebenso wie in die Vorstände vieler Kulturinitiativen. Der Anteil von MigrantInnen ist gegen null. (Bewusst schreibe ich hier nicht von Menschen mit Migrationshintergrund, weil diese Zuschreibung – lt. Hakan Gürses – das Betreten des Vordergrundes verhindert, da der Hintergrund manifest ist.)

Aber da es um „alle“ geht meint der neue Slogan den die Intendanz uns schenkt nämlich folgendes: “„Qualität für alle!“ ist die neue Leitplanke. Teilhabe ist die Voraussetzung, aber was zählt, ist Berührung, Gehalt und Kraft dessen, was geboten wird – für alle.“
Um das hier mit oben zu koppeln, muss ich feststellen, dass die Voraussetzungen für die neue Leitplanke noch nicht erfüllt sind. Denn Teilhabe heißt sowohl Zugänge ermöglichen, also auch aktive Partizipation fördern. Und das für alle!

Replik zum Ausblick! Part IX!

Eigentlich sollte heute etwas anderes Thema sein! Aber dazu eventuell später mehr. Schlechter Journalismus wird sich öfters finden.

Darum mit vollem Elan zum vorletzten Kapitel, aber nicht ohne die Tradition des Verweises auf KollegInnen

Das vorletzte Kapitel titelt: Bewegung tut gut!
Nein es geht der Intendanz nicht um ein Fitnessprogramm. Die Notwendigkeit zur Bewegung sieht die Intendanz in den Institutionen, und hier vor allem in den Führungsetagen.

Ich will einmal davon absehen, dass die Intendanz ihren Ausblick nutzt, um noch einmal in kindischer Manier auf das Theater Phönix hinzuhauen. Wunden heilen nicht so schnell.

Nein ich will vielmehr versuchen hierin etwas zu finden, das ein zentrales Thema von Kunst- und Kulturarbeit sein muss: Nennen wir es einmal „innere Mobilität“
Der Satz aus dem Kapitel: Umso dringlicher, die Beweglichkeit nicht mehr zu verlieren, sondern sie im Gegenteil zu trainieren. Und aller Routine dort entgegenzutreten, wo sie kulturelle Lähmungserscheinungen produziert., bringt das in Teilen auf den Punkt.

Routine, Betriebsblindheit. Es gibt so viele Begriffe die den Zustand beschreiben, der oft einhergeht mit der Institutionalisierung. Jener Zustand der sich auf das Bewirtschaften der eigenen Claims beschränkt.
Aber das Kapitel der Intendanz liest sich dann doch etwas zu apodiktisch.

Denn es ist auch nicht der Weg einer radikalen Erneuerung, wenn alle Köpfe ausgetauscht werden. Der Weg muss sein Strukturen zu hinterfragen und hier auch von den Organisationen und Institutionen ein hohes Maß an Selbstreflexion zu fordern.