Dummheit

Falls es irgendwer noch nicht mitgekriegt hat, die oberösterreichische Landeskulturdirektion hat sich jetzt eine unglaubliche Dummheit erlaubt: So nicht!

14 Jahre lang galt der Kupf-Innovationstopf als vorbildliches, hoch angesehenes, mancherorts gar beneidenswertes und nachahmungswürdiges Modell. Das Land Oberösterreich stellte Fördermittel zur Verfügung, engagierte Akteur_innen der lokalen Kulturszene bestimmten das Thema, und wissende, erfahrene, respektierte Fachleute wurden eingeladen, eine unabhängige Jury zu bilden. Aus diesen aufgeteilten Verantwortlichkeiten entstand eine Art Freiraum, um Projekte auszuprobieren, die sonst nicht realisiert werden könnten – bei manchen schon deswegen nicht, weil sich niemand leisten konnte, den Kopf herzuhalten und die gesamte Verantwortung dafür zu übernehmen: Weder die Fördergeberinnen noch die einzelnen Projektträgerinnen. Kunst braucht eben auch die Freiheit, Risiken einzugehen, möglicherweise auch scheitern zu können.

Doch mit der einseitigen Aufkundigung der jahrelang erprobten Aufteilung der Verantwortlichkeiten hat das Land Oberösterreich weit mehr als ein paar möglicherweise etwas lästige Projekte verloren.

Vor etwa einem Jahr fühlte ich mich immer wieder von Wahlkampfplakaten irritiert, speziell von einem in meiner Nachbarschaft aufgestellten Plakat, das „Unser Land für unser‘ Leut‘!“ gefordert hat. Dass LH Pühringer dieser Forderung so entgegenkommen würde, hätte ich mir allerdings nicht vorgestellt: Mit dieser Einengung eines bestehenden und anerkannten Freiraums wird das kleine Land Oberösterreich sowie die kleine Stadt Linz noch kleiner, noch enger. Und schon gibt es noch einen Grund, warum intelligente, talentierte, kritisch denkende Menschen nicht länger hier bleiben wollen.

Damit will ich dem Kupf-Innovationstopf keine unangemessene Wichtigkeit zuschreiben, aber es war ein Zeichen, hatte dadurch eine gewisse Symbolwirkung. Die Signalwirkung der Umständen, dass der Beamtenapparatus der Landeskulturdirektion die fachlich qualifizierte Empfehlungen der unabhängigen Expertinnenjury missachtet, der Jury eine ungerechtfertigte Respektlosigkeit entgegenbringt, ist ein Alarmsignal. Und die Wirkung zeigt sich schon: Kaum erschien ein kurzer Bericht in den OÖ Nachrichten, folgte schon ein Kommentar: „Entartete Kunst braucht keine Förderung. Weil es keine Kunst ist, sondern blanker Unsinn.“* Solche Begriffe werden nie nur zufällig, unwissend or unabsichtlich verwendet. Und das Land wird noch kleiner, die Stadt noch enger …

Vordergründig ist es nicht einmal klar, um was es geht. Die FPÖ verdächtigt, dass „der Widerstand gegen den Ordnungsdienst“ gefördert wird und beschwört einen „Missbrauch von Steuergeldern“. Das ist ja nichts Neues: Die FPÖ wittert schnell immer und überall einen „Missbrauch von Steuergeldern“ – nur nicht im eigenen „Freundeskreis“. Zieht diese abgedroschene Masche überhaupt noch? Scheinbar schon. Die vom LH Pühringer vertretene ÖVP kontert mit der Beschwichtigung, beim beanstandeten Projekt sei „kein kultureller oder künstlerischer Inhalt“ festgestellt worden, das Projekt werde also nicht gefördert. Soll das nun bedeuten, jetzt sind sämtliche Steuergelder gut aufgehoben? Oder wird eher dadurch behauptet, alle bisherige durch den Innovationstopf geförderten Projekte wären an kulturellen bzw. künstlerischen Inhalt so reich, dass bis jetzt nie darüber diskutiert werden musste? Mit sämtlichen seit 1995 geförderten Projekten sei die Landeskulturdirektion durch und durch glücklich und zufrieden gewesen, und Steuergelder wären ausschließlich zweckmäßig (zu welchem Zweck eigentlich?) verwendet worden? Ja, und es ist sicher nur reiner Zufall, dass es sich hier um ein Projekt (inzwischen zwei Projekte) handelt, das für die FPÖ unangenehm sein könnte.

Wenn die Menschen in Linz und Oberösterreich tatsächlich so dumm sind, wie diese Politiker_innen scheinbar glauben, dann kann es nicht weiter verwunderlich sein, wenn so viele denkenden Menschen nur weg wollen. Sich für gesellschaftliche Offenheit und Kritikfähigkeit einzusetzen, wäre dann nur verlorene Liebesmühe. Ich bin noch – noch – nicht bereit, es zu glauben.

*Dieser Kommentar ist von der Seite inzwischen verschwunden.

Ke Nako – Protestaktion auf dem Linzfest

Am 24. Mai 2010 protestierten AktivistInnen auf dem Linzfest, das heuer unter dem Motte „Afrika jetzt!“ stand, gegen die restriktive Migrationspolitik in Österreich. Auslöser war die Abschiebung eines Linzers nach Nigeria wenige Tage zuvor. Die Aktion versuchte die allgemeine Wohlfühlatmosphäre zwischen den Festbühnen mit der traurigen Realität österreichisch-afrikanischer Beziehungen zu konterkarieren.

Der Videobericht ist der erste Beitrag des neuen VideojournalistInnen-Kollektivs KanalCentral, das den KUPF-Blog künftig mit subversiven Nachrichten aus Linz, Wien und anderswo versorgen wird.

niedlich.jpg

Niedlich

Als die einzige Uni-Rektorin (Anm.: Boku) vor etwa zwei Jahren das Handtuch warf, sprach sie von undurchdringlichen Männerbündnissen. Aktuell hat das liebe Österreich wieder eine weibliche Uni-Rektorin vorzuweisen.
Die Tageszeitung „Österreich“ titelte dazu in der Sonntagsausgabe: „Frau Rektor und die 20 Männer“. Diese Seite war vorallem durch eine große Aufnahme von Sonja Hammerschmid, ihres Zeichens Unirektorin der Veterinärmedizin Universität in Wien, gekennzeichnet. Sie habe Stil, steht dort (und eine gute Figur?).

War immer von Tieren umgeben

Das Interview war ebenso knapp, wie seltsam. Hammerschmid wurde weniger nach ihrer wissenschaftlichen Laufbahn befragt, sondern nach ihren Hobbies, „man hörte sie seien recht sportlich“. Und man fragte sie nach ihren Haustieren. Die geneigte Leserin weiß nun, daß Frau Hammerschmid immer schon Katzen um sich hatte. Das Interview stand im Übrigen unter der Headline: „War immer von Tieren umgeben …“
Das Zitat könnte man zwar auch anders auslegen als Verniedlichung, und doch erinnert die Darstellung irgendwie an Maggie Entenfellner. Aber Herr Fellner, Herausgeber von Österreich, hat es in einer Pressestunde ja selbst gesagt: „Ich war stets ein Begleiter der Kronen Zeitung“.

Hüben wie drüben …

rechtsextrem

Interview mit Christa Bauer über das Buch „rechtsextrem“

»rechtsextrem« ist ein übersichtliches Nachschlagewerk mit umfangreichem Bildmaterial und auch versierte Antifas werden die eine oder andere Neuigkeit entdecken. Die zweite Auflage ist gerade im Verlag des Österreichischen Gewerkschaftsbundes erschienen.

Alle Infos finden sich auch auf der Homepage und werden laufend aktualisiert.
Eine Rezension des Buches ist ausserdem in der aktuellen Ausgabe der KUPF-Zeitung zu lesen.

Zombies

Ein Kommentar zu dem im KUPF-Blog, neben der Kulturhauptstadt, größten Tag der Schlagwortmatrix: Bananenrepublik.

Zombies sind Untote. Sie sind tot, aber irgendwie leben sie noch. Oder wie im Film: sie sind scheinbar Lebende, ihrer Seele beraubte, willenlose Wesen. In dem Blog Sprengsatz wurde die deutsche schwarz-gelbe Regierung (die Tigerente) zur Zombie-Regierung erklärt. Als K.o.alition. Deutsche Medien sprechen unter anderem auch von den 100 Tagen Oben-Ohne, da der Präsident in einer Kurzschlussreaktion sein Amt – das eigentlich ihn hat – zurücklegte. Soviel zum großen Bruder.

Nunja, und hierzulande?
Man redet von Sparkursen trotz Bankenaffairen, redet viel von Asylmissbrauch und weniger von Menschenrechten. Etwas widerwärtig tanzt der Kongress am Kanzlerfest und Medien reden vom Wetter. Es wird von Straches seichter Facebook-Konversation (hier braucht es nun wirklich keinen Link!) mit seiner Kurzzeitflamme berichtet, die ohnehin von den potentiell 400 Millionen fbook-UserInnen gelesen werden kann. Glawischnig schimpft mit der ÖMV und übersieht die BP-Katastrophe als globales Problem; also, dass man in dieser Causa politisch handlungsfähig wäre. PolitikerInnen reden, Medien berichten. Und wenn es da nicht die Satire gäbe …

Aber ich Polit-Pessimistin habe scheinbar jeden Überblick verloren in Etwas, das vielleicht keinen Einblick erlaubt. Man hört von Korruption, Nichtigkeiten und Parteipolitik-Streitereien; und wird in RL so oft mit gnädigem Polit-Getue konfrontiert.

In einer Petition mit dem Titel „100 Statements zu Menschenrechten“ formulierte es der Universitätsrektor Gerald Bast so:

Für Karl-Heinz Grasser gilt die Unschuldsvermutung.
Für Alfons Mensdorff-Pouilly gilt die Unschuldsvermutung.
Für Uwe Scheuch gilt die Unschuldsvermutung.
Für Josef Dörfler gilt die Unschuldsvermutung.
Für Walter Maischberger gilt die Unschuldsvermutung.
Für Asylsuchende gilt die Unschuldsvermutung nicht.
Sie werden sicherheitshalber interniert.

Mein Pessimismus schlägt voll durch. Aber politsche Apathie ist er nicht.
Dum di du – man wurschtelt sich halt so durch …

Substanzloses Gedöns!

Oft sitzt man wo, weil es einen interessiert. Dann hat man auch so seine Erwartungen. Und dann denkt man sich: Wozu war ich da!
So geschehen am Samstag bei der Podiumsdiskussion im Rahmen des Symposiums „Jugend und Rechtsextremismus“.

Was dort geboten wurden – von politischer Seite – war nicht mehr als das Absondern von Worthülsen, die – paradoxerweise – von politischer Seite kritisiert wurden.
Antworten gab es keine. Eher den verzweifelten Versuch zu erklären, warum es denn jetzt einen Rechtsruck bei Jugendlichen gibt. Als Auslöser Nummer Eins musste einmal mehr die FPÖ und ihr discoaffiner Strache herhalten. Das ist auch das einfachste, sich hinzustellen und zu sagen: „Der ist so populistisch, da wollen wir nicht mitmachen, aber leider mag die Jugend diesen Populismus.“

Dabei agieren die anderen Parteien (vertreten auf dem Podium, Grüne, SPÖ, KPÖ, die ÖVP soll aber von der Analyse nicht ausgenommen werden) doch nach gerade ähnlich, nur ein wenig „vorsichtiger“, ein wenig bewusster in der Wortwahl.

Das Problem des Rechtsrucks kann aber nicht die FPÖ sein. Die FPÖ und ihr Erstarken ist Symptom dafür, dass es einer radialen Demokratisierung der Gesellschaft bedarf.
Die Antifa macht es sich zu leicht, alles auf eine Partei zu fokussieren (das ist jetzt sehr verallgemeinernd, gibt aber vor allem den Eindruck der Diskussion wieder). Denn was gelingen muss, ist Antworten zu finden, die gesellschaftliche Relevanz haben. Dazu ist es notwendig Tatsachen als solche anzusprechen, und die realen Gegebenheiten und Notwendigkeiten anzuerkennen.
Wie wäre es denn, wenn sich die Parteien dazu bekennen würden, dass Österreich ein Einwanderungsland ist, dass der Sozialstaat (wie wir ihn kennen) zu einem Gutteil durch Zuwanderung gesichert wird? Wie wäre es denn, statt altbackenen Integrationskonzepten nach zuhängen, bewusst von Konzepten wie Interkultur und Diversity zu sprechen und Maßnahmen zu ergreifen, die diese auch gewährleisten können?

Pustekuchen!
Am selben Tag, an dem engagierte Jugendliche sich einen Nachmittag und Abend mit dem Phänomen des Rechtsrucks in (Ober-)Österreich auseinandersetzen, setzt der Bürgermeister der Stadt Wels Peter Koits auf „Law & Order“ und untersagt künftig das Messegelände in Wels als Durchreiseplatz für Roma. Der Grund dafür ist „Verschmutzung und Lärm“.
Hier lernen wir wieder einmal die gute und die böse Differenz: Guter Lärm und Schmutz: AC/DC – Böser Lärm und Schmutz: durchreisende Roma.
Dass das Fischen im Rechten Lager so nicht funktioniert, sollte Koits mittlerweile aber wissen. Die Leute gehen doch eher zum Schmied als zum Schmiedl.

PS: Herr Lüpke sei angesichts der Postings zum oben verlinkten Nachrichten-Artikel aufs Außerste bestätige.

linzerauge.jpg

Angriff von H2O auf Kulturgut

H2O macht kaputt was kaputt war. Das Linzer Auge. Die Aussichtsplattform scheiterte an ihrer eigenen Anlegestelle am Donauufer.

Let’s keep our fingers crossed.

Die Kniende

Tatort Museumpark der Landesgalerie Linz.

In geheimer Mission wurde dort Donnerstag Nacht von zwei Linzer Künstlerinnen ein „Tapp- und Tastkino“ nach Valie Export an zwei Skulpturen realisiert. Als Auftraggeberin bekannte sich Fiftitu, die im Rahmen von Lustvoll Böse mit feministischen Aktionen Aufmerksamkeit erregen.
Export trug 1968 einen Karton über dem nackten Oberkörper. Passanten auf der Straße durften nach ihren Brüsten grapschen. Die beiden Linzer Künstlerinnen haben nun zwei Skulpturen ein Tastkino verpasst. Diese sind zwar stumm, aber was ins Auge springt, sind die Titel der Skulpturen. Und es werden mit dieser Aktion wieder aktuelle Fragen in den Raum gestellt: Was ist der „natürliche Körper“ (der Frau)? Und was die Bilder, Projektionen und Codes?

Die Aktion wurde vom Museum mittlerweile legitimiert.

nazi3.jpg

Die OÖN, das Internet und die Nazis

Was tatsächlich bei dem israelischen Angriff auf die „Gaza-Flotte“ geschehen ist (siehe Haaretz oder Webstandard) vorgefallen ist, kann und vermag ich nicht zu kommentieren – mir und uns fehlen derzeit die Hintergrundinformationen. Und wie immer, wenn es um Israel geht, spült das Netz gegensätzlichste Infos und Behauptungen zuhauf an die Oberfläche.

Kommentieren mag ich allerdings, wie der hiesige Posting-Mob darauf reagiert. Konkret rede ich vom Online-Forum der Oberösterreichischen Nachrichten. Seit heute Nachmittag verfolge ich dort die Reaktionen der LeserInnen und vor allem den Umgang der Oberösterreichischen Nachricht damit (nämlich gar keinen). Und normalereise reproduziere ich ja keine Rechtsextremismen, aber wenn ich es nicht tue, würde es keineR glauben – ein paar Beispiele gefällig?

  • riedlka1
    31.05.2010 17:35 Uhr
    Das Land In dem die Juden leben hieß doch vor dem 2. Weltkrieg Palästina und gehörte den Passtinensern, die sie jetzt mit aller Gewalt verdrängen und mit allen Mitteln gefangenhalten, mit dergleichen Energie mit der sie seit Generationen Wiedergutmachung von den Kriegsverlierern, deren Eneln und Urenkeln fordern. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass der Herr aus Braunau doch nicht ganz so unrecht hatte ….
  • hohensinn
    31.05.2010 15:29 Uhr
    Die Führung in Israel ist ja noch schlimmer als damals Hitler und sein Führungsstab.
    Es wird immer nur übern Hitler geschimft. aber bei den heutigen „Hitlern“ ist das normal, die dürfen alles machen und werden dabei auch noch fleißig unterstützt.
  • kleinemaus
    31.05.2010 16:24 Uhr
    Israel bei genauerer Betrachtung schlimmer als die Nazis?. Ess scheint teilweise so zu sein.
    Da könnte man doch das Verbotsgesetz wegen historischer Belanglosigkeit in der heutigen Weltpolitik gleich abschaffen
  • Pilatus
    31.05.2010 15:08 Uhr
    Der Bundeskanzler ist ja der nächste Österreicher, der zum Rapport nach Israel befohlen wurde, sicherlich werden ihm Muzicant und der Spera-Clan folgen wie Wachhunderl. Bin neugierig, wieviele Millionen Faymann im Rucksack hat, natürlich alles Geld der österr. Steuerzahler, um bei den Mörderbanden um Netanjahu sowie des ExZuhälters Liebermann „gutes Wetter“ zu machen.
  • eulenauge
    31.05.2010 16:21 Uhr
    Die dürfen alles, seit sie 1967 die arabischen Staaten in einem „Blitzkrieg“ überfallen haben.
  • Pilatus
    31.05.2010 14:32 Uhr
    Die Juden werden es soweit treiben, bis man sie wieder mal in die Wüste treibt.

Dass es genügend OberösterreicherInnen mit solcher Meinung gibt, ist mir klar. Aber dass die OÖN derartiger Nazi-Propaganda unzensiert und unkommentiert (zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Textes stehen die obigen Zitate nach wie vor einsehbar auf der Seite der OÖN) ein Forum bieten, ist unverständlich und unmöglich. Das OÖN-Forum ist neben dem ORF das größte oberösterreichische News-Forum und es geht nicht an, dass ein Medium dieser Art nicht gegen (neo-)nazistische Propaganda vorgeht.

Die Nazi-Postings von heute sind kein Einzelfall, sondern eher die Regel: vor allem Nachrichtentexte, die im entfernsten Sinne etwas mit „den Ausländern“ zu tun haben, werden systematisch mit rechtsextremen Postings (mal subtiler, mal brachialer) kommentiert. Die KUPF-Zeitung hat sich schon einmal drüber beschwert, den Verantwortlichen scheinen die Nazi-PosterInnen entweder egal oder sogar ganz recht zu sein.

Aber ich verweigere, mich daran zu gewöhnen.

Normenklatura

Zugegeben: Der Titel ist erst einmal ein eye-catcher, ein simples Wortspiel. Aber darüber hinaus birgt er auch das Versagen in sich, das gerade zu Tage tritt.

Wir reden von Normen. Normen definieren unser gesellschaftliches Miteinander, Normen sind es auf die wir uns berufen.
Die Problematik und in weiterer Konsequenz das Versagen in diesem Prozess, ist die Frage, wer diese Normen definiert.
Es ist immer die – vermeintliche – Mehrheit, die Macht die die Norm vorgibt, an welche sich alle anderen anzupassen haben. Die Mehrheit als Führungselite, als Normenklatura.

Diese Normen werden nicht verhandelt, es findet kein Dialog darüber statt, sondern sie werden als gewachsen und erarbeitet angesehen. Dabei sind die meisten Normen wohl eher Zufallsprodukte einer gesellschaftlichen Erprobung.

Das Versagen auf der politischen Ebene zeigt sich schon alleine darin, dass es egal ist ob (sogenannte) linke oder rechte Parteien sich zu dem Thema äußern. Es geht immer um Aus- und Abrgrenzung. Jene die außerhalb der Norm stehen, um nicht zu sagen abnormal sind, werden entweder „integriert“ (bzw. müssen sie sich integrieren) oder sie werden als nicht der Norm entsprechend abgestempelt und mit unterschiedlichen Konsequenzen behandelt.

Diese Systematik erstreckt sich über viele Bereiche, von der Migration über die sexuelle Orientierung bis hin zu körperlichen Gesundheit.

Worum geht es hier? Um ein kleines Schlüsselerlebnis der Desensibilisierung. Im Morgenjournal auf Ö1 war Heinz Patzelt, Generalsekretär von Amnesty International Österreich zu Gast und sprach über den Jahresbericht von Amnesty 2010. Und in diesem Zusammenhang machte Patzelt die Aussage (die ich nur sinngemäß wiedergeben kann), dass AsylwerberInnen wie normale BürgerInnen behandelt werden sollen.
Tja, auch er tappt also in die Norm-Falle. Was ist denn heute noch einE normale BürgerIn?

Es kann nur darum gehen, die Norm zu negieren und abnormal zu werden. Auf geht’s.

Ps: Wer diese kurze Entrüstung großartig und länger nachlesen will und dabei auch noch zukunftsweisende Konzepte geliefert bekommen will, der/die lese Mark Terkessidis‘ neuestes Buch „Interkultur“.