Florian Klenk’s Blogeintrag mit dem Titel „Fall Krems: Die Geschichte der verbannten Mutter“ zeigt ein „Wolfshaut“-Österreich, ein Österreich, wie es Jelinek beschreibt, ein Österreich, das in seinem Gesamtgefüge erbarmungslos handelt, wie auch Unterlassungssünden begeht, damit es schuldlos bleibt.
Und dabei denkt man gerne, dass eine solche Haltung in der jüngsten Vergangenheit begraben liegt, weil heute doch alles ganz anders ist.
Blog
Aktuelle Statements und Kommentare der KUPF.
Änderungen bei Postversand ab 2011
Ab 1.Jänner 2011 werden etliche Postdienstleistungen Umsatzsteuerpflichtig, darunter fällt auch die Sponsoring.Post. Dadurch ergibt sich für unecht steuerbefreite Vereine eine erhebliche Verteuerung!
Hier eine Zusammenfassung der wesentlichsten Änderungen durch die Umsatzsteuer ab 2011:
Adressierte Postsendungen waren in Österreich bisher generell von der Umsatzsteuer befreit. Aufgrund eines Erkenntnis des Europäischen Gerichtshofes (EuGH; C-357/07 v. 23.04.2009) gibt es nun folgende wesentliche Änderungen in der steuerlichen Beurteilung:
Der Gesetzgeber sieht vor, dass die Österreichische Post AG ab Jänner 2011 zur Einhebung und Abführung der Umsatzsteuer bei Produkten außerhalb des Universaldienstes verpflichtet ist.
Ab 1.1.2011 sind daher nur mehr Leistungen des Universaldienstes steuerbefreit. Der Umfang des Universaldienstes ist im neuen Postmarktgesetz (ebenfalls gültig ab 1.1.2011) geregelt.
Die wichtigsten Postdienstleistungen im Universaldienst und damit steuerfrei, wenn sie auf Basis der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) in Postgeschäftsstellen (Postfilialen, Post Partner) oder Briefkästen aufgegeben werden:
* Postsendungen bis 2 kg (BRIEF, INFO.MAIL)
* Tages-, Wochen- und Monatszeitungen (Auch bei Aufgaben im Verteilzentrum)
* Postpakete bis 10 kg (ausgenommen EMS)
Für Kulturvereine, die ihre Vereinszeitung als Sponsoring.Post verschickt haben und unecht steuerbefreit (nicht Vorsteuer-abzugsberechtigt) sind, ergeben sich ab 2011 dadurch auch höhere Preise für den Versand der Sponsoring Post. Abgesehen von der allgemeinen Preiserhöhung ab 1.1.2011 um 1,8% fallen zusätzlich 20% Umsatzsteuer an. Weiters muss das Entgelt für Rücksendungen (wenn erwünscht) bereits bei der Aufgabe/Einlieferung bezahlt werden: 0,01 €/Stück netto, da es sich dabei um eine Post-Dienstleistung handelt + 20% USt.
Durch die Intervention des FVA (Fundraising Verband Austria) wurde jedoch zumindest eine AGB-Änderung bei der Medienpost erwirkt, mit einem Vorteilstarif für maschinenfähige Zeitungen bis 50g, Wochen-, Monats- und Tageszeitungen nach den AGB zählen nun zu den Ust-freien Universaldiensten. Dadurch kann sich für unecht Steuerbefreite ein günstigerer Versandtarif gegenüber der Sponsoring-Post ergeben:
Der Monatszeitungs-Versandtarif ist zwar – je nach Gewicht – um ca. 5-8% höher als jener der Sponsoring Post, aber da keine Umsatzsteuer anfällt günstiger.
Trotz der Bezeichnung Monatszeitung ist die mindest – Erscheinungsweise 4 mal im Kalenderjahr.
Zum Vorteilstarif: dieser beläuft sich auf eine relativ geringe Kostenersparnis von € 3,00 (bei Sendungen bis 10g) bis zu € 5,50 (bei Sendungen bis 50g) für 1000 Stück.
Vorteil: die Sendungen müssen für die Aufgabe nicht mehr gebündelt werden! Voraussetzung ist die Maschinenfähigkeit der Sendungen, mitunter kann sich daduch ein weiterer Kostenfaktor für Kuverts ergeben!
Als Monatszeitung gilt ab 01.01.2011:
Erscheinungsweise: mindestens 4 x im Kalenderjahr
Inhalt: redaktionelle Berichterstattung
Umfang: mindestens 4 Seiten
Aufgabemenge :mindestens 1.000 Stück
Fremdbeilagen möglich
Für Sponsoring.Post gilt:
Herausgeber: gemeinnützige Organisationen (insb. Kirchen und Religionsgemeinschaften), Vereine, politische Parteien, Wahlwerber
Inhalt : Zweck der Spendensammlung bzw. mindestens 51% über Angelegenheiten des Vereins, der Politik oder Wahlwerbung
Aufgabemenge: mindestens 1.000 Stück
Gestaltung: inhaltlich gleiche Sendungen
Umfang: mindestens 1 Seite
Ausschließlich Eigenbeilagen
Beispiele, Preise für jeweils 1.000 Stück:
SponsoringPost:
Ortsbunde Gewicht
50g… € 170,90 + € 34,18 20% Ust = € 205,08
Leitgeb/Leitzonenbund
50g… € 192,30 + € 38,46 20% Ust = € 230,76
Monatszeitung:
50g.. € 195,60
SponsoringPost:
Ortsbunde Gewicht
100g… € 213,70 + € 42,74 20% Ust = € 256,44
Leitgeb/Leitzonenbund
100g… € 235,10 + € 47,02 20% Ust = € 282,12
Monatszeitung:
100g..€ 239,30
Die bisherigen Verträge (Zulassungen) mit der Post laufen automatisch weiter, solange nicht auf einen anderen Tarif umgestiegen wird. Ein Umstieg von Sponsoring-Post auf Monatszeitung ist mit einem neuerlichen Antrag auf Zulassung gebunden, pro Zulassungsnummer kann nur jeweils EINE Versandart vertraglich festgelegt werden.
Pro Vertragsantrag fällt ein Bearbeitungsentgelt von € 80,10 an, das Jahresentgelt pro zugelassenem Titel beträgt ab 2011 € 160,20 (sowohl für Sponsoring.Post als auch für Monatszeitungsversand).
Um im Falle eines Umstiegs von Sponsoring.Post auf Monatszeitungs-Versand das 2-fache Jahresentgelt zu vermeiden, empfiehlt es sich bereits jetzt die beiden Versandarten für die eigene Vereinszeitung zu prüfen, um eine eventuelle Kündigung und Neuantrag bereits am Jahresanfang 2011 durchführen zu können. Dies sollte auf jeden Fall mindestens 14 Tage vor dem geplanten Versand der ersten Ausgabe 2011 passieren! Grundsätzlich soll es von Seiten der Post Bemühungen geben, doppelt-Jahrensentgelte zu vermeiden. Laut Auskunft der zuständigen Postabteilung (Vertrieb Brief Kommunikation/Verlage) dauern Vertragsänderungen bei bereits bestehen Zulassungsnummern geschätzte 5 -10 Tage, soferne keine externen Stellen involviert sind (zB. Banken bei Abbuchungsaufträgen)!
Also: rechtzeitig über einen Vertragsumstieg nachdenken und entscheiden!
eine Anregung oder ein Trauerspiel
Ein Beispiel aus Braunschweig kann zu einer weiteren hoffnungslosen Diskussion anregen.
Kulturpolitik, Kritik, Sanktionen.
Die Geschichte des deutschen Schriftstellers Hartmut El Kurdi, die 2007 durch die Medien ging, lässt tief blicken.
Vielleicht sollte man sich also eher abwerben lassen und nicht weiter gegen Windmühlen kämpfen wollen?
http://www.haz.de/Hannover/Aus-der-Stadt/Uebersicht/Satiriker-Hartmut-El-Kurdi-ist-nach-Hannover-gezogen
Wissenschaft ade!
Zur Ideenlosigkeit der Bundesregierung was das Budget betrifft, könnten Bände geschrieben werden. Auch zur Ideenlosigkeit in anderen Bereichen. Der Blog braucht Futter.
Der Kulturbereich kann ja relativ froh sein. Das Kunst- und Kulturbudget bleibt unverändert. Dass das bedeutet, dass auch keine Erhöhungen bzw. Valorisierungen möglich sind wird gerne verschwiegen.
Als zynisch muss daher die Aussage von Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder im Ö1 Morgenjournal gewertet werden, wonach in der derzeitigen Budgetsituation jeder Beteiligte es als Erfolg verbuchen muss, wenn die Budgets nicht gekürzt werden.
Aber was jetzt im außeruniversitären Wissenschaftsbereich die Runde macht, geht über die Phrase vom „blanken Hohn“ hinaus. Laut einer Liste die auf derstandard.at veröffentlicht wurde, sollen bei 74 Institutionen und Vereinen die Basisförderungen auf 0 (in Worten null) gesetzt werden. Keine Evaluierung, keine Überprüfung, einfach Null.
Darunter sind Institute, die auch oder vor allem für den Kulturbereich von großer Relevanz sind. Institute die im Bereich von Grundlagenforschung und Analyse tätig sind und somit beständig das nötige Unterfutter für kulturpolitische Arbeit liefern.
Diese Institute und Vereine wehren sich jetzt. Unter dem Titel: „GEGEN DEN BUDGETÄREN KAHLSCHLAG DER WISSENSCHAFT – INTELLEKTUELLE INFRASTRUKTUR ÖSTERREICHS ZERSTÖRT“ werden UnterstützerInnen versammelt, um diese Farce zu verhindern.
Im Interview mit derstandard.at hat Erhard Busek, ehemaliger Wissenschaftsminister und mit seinem Institut für den Donauraum und Mitteleuropa selbst von der Kürzung betroffen, die Sache auf den Punkt gebracht: „Was soll ich denn am 17. November am Minoritenplatz (Termin und Ort für ein Gespräch mit der Ministerin Anm.)? Ich soll den Revolver nehmen, der dort auf dem Tisch liegt und mich erschießen, oder was?“
Lifestyle-Kids
In die Luft gucken, flanieren, die Menschen sehen.
Heute in der Innenstadt: Vor mir 3 kleine Jungs, zwei davon mit Skateboard; sie kommen gerade von der Schule und unterhalten sich. Sie sehen nett aus, diese, wirklich noch recht kleinen, 7-jährigen urbanen Kids; langes Haar und dieser typische Skaterstil, den sie von den jungen oder Nicht-mehr-jungen Eltern vererbt bekommen haben. Burton-Rucksack in Schwarz/Weiss, Vans, Stacheldrahtmuster auf der gefütterten, warmen Weste, schrill gefärbte Billabong-Hauben – ein cooler Dresscode, der aussagt, die nächste Skaterbahn ist nicht weit, oder auch das Meer zum Surfen.
Dann werde ich stutzig. Sie wirken zu sicher. Es scheint ihnen die Welt selbstverständlich zu sein. Kann es sein, dass sich der Lifestyle in den Habitus ungut eingeprägt hat – und sich dann … ja was nur?
Morgen, der 11. November. Die Zeit, in der sich Kinder in Piraten, Feen oder Clowns verwandeln. Das faszinierende ist, dass sich Kinder diese zauberhaften Rollen selbst abnehmen. Das ist dann immer etwas Phantastisch. Ich stelle mir die 3 Jungs in Faschingskostüme vor. Irgendwie gelingt es nicht. Sie würden es vermutlich selbst nicht glauben. Wäre es ihnen lächerlich sich zu verkleiden, und wenn es auch nur mit Steve-Jobs-Maske wäre? Ich hätte sie fragen sollen.
Aber irgendwie erinnert mich das Ganze jetzt auch an diese DDR/BRD-Identitäts-Geschichte. Und die geht so: Die Menschen in der DDR waren so viel kreativer, da sie nicht viel kaufen konnten.
Vermutlich ist auch das bloß eine weitere Sozial-un-Romantik.
Trotz Allem – Freude
In den letzten Wochen werden die Nachrichten scheinbar immer noch schlechter und schlimmer, doch manchmal gibt es auch schöne Momente, die einfach gefeiert werden müssen – und in letzter Zeit gab es gleich zwei davon.
Am Mittwoch, den 27. Oktober, wurde der Käthe-Leichter-Staatspreis von Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek an Dr.in Luzenir Caixeta verliehen. Zunächst wurde in den opulenten repräsentativen Räumlichkeiten des Bundeskanzleramts Erika Weinzierl für ihr Lebenswerk geehrt, ein wirklich bewegender und zutiefst erfreulicher Moment. Als Luzenir Caixeta nach Erika Weinzierl ihren Preis entgegen nahm, erklärte sie ruhig, souverän und bestimmt, warum sie diese bedeutende Auszeichnung nur mit höchst ambivalenten Gefühlen annehmen konnte: In einem derart schlechten gesellschaftlichen Klima, der von Fremdenfeindlichkeit und Vorurteilen geprägt ist, darf eine Migrantin sich nicht instrumentalisieren lassen, um sich quasi als Feigenblatt von einer Regierung missbrauchen zu lassen, die eine nicht vorhandene Offenheit zur Schau stellen wolle. Luzenir gibt sich ganz sicher nicht als ein solches Feigenblatt her. Genau so wenig darf man mit ihr eine Aufteilung in „guten Ausländer_innen“ und „unerwünschten“ forcieren. Das hat sie mit ihrer kurzen, doch ganz klaren Rede eindeutig demonstriert. Sie hat aber auch erklärt, warum Käthe Leichter für sie und für ihre Arbeit wichtig war, und wieviel sie von den Haushaltsgehilfinnen, Pflegerinnen und Sexarbeiterinnen bei ihrer Forschungsarbeit gelernt hat. Gerade in diesem Rahmen tat es gut, diese Frauen genannt zu hören. Betont hat Luzenir aber auch, dass es ihre Arbeit ohne MAIZ gar nicht geben konnte, and sie bat alle anwesenden Mitstreiterinnen kurz aufzustehen.
Zum Glück hat Marty Huber die Preisverleihung aufgenommen und zur Verfügung gestellt: Käthe Leichter Preis 2010 auf Radio Orange
Am Donnerstag, den 28. Oktober, ging es mit der Freude and dem Feiern in Linz gleich weiter: Der Marianne-von-Willemer-Preis für Digitale Medien wurde im AEC Marissa Lobo für ihre Arbeit „Was spricht Anastácia“ feierlich überreicht. Marissa betonte ebenfalls wie wichtig MAIZ für ihre Arbeit ist, aber ich glaube, ihre Arbeit ist auch für MAIZ wichtig – und nicht nur MAIZ. Bei dieser Arbeit geht es um die Figur der Anastácia, eine legendäre von Afrika nach Brasilien verschleppte Sklavin, die mit einem metallenen Maulkorb zum Schweigen gezwungen werden soll, und wie sie als Projektionsfläche für alle möglichen Sehnsüchte dient. Es ist beeindruckend und ermutigend, wie Widerstand in einer solchen Arbeit sichtbar und hörbar gemacht werden kann.
Es ist gut und wichtig, dass Menschen, die in Österreich und anderswo leben, sich empören und gegen menschenunwürdige Gesetze gegen „Ausländer_innen“ protestieren. Dabei darf aber nicht vergessen werden, dass Menschen, die jetzt in einem anderen als ihr Herkunftsland – aus welchem Grund auch immer – leben, immer noch handlungsfähige Subjekte sind und bleiben. Die Frauen, die im kurzen Ausschnitt aus Marissas Arbeit zu sehen waren, haben alle ihre je ganz eigene Stimme erhoben, und zwar trotz allen Versuchen, sie zum Schweigen zu bringen.
Am Freitag habe ich schließlich einen Aufruf gelesen, die „most powerful black women in Europe“ zu nennen. Sofort sind mir die Frauen, die im Video und vor Ort am Abend davor erschienen sind, in den Sinn gekommen. Vorschläge werden noch bis 29. November angenommen, darüber nachzudenken ist jeder Zeit erwünscht.
Und es geht auch weiter: Am 27. Oktober wird MAIZ sex&work mit dem Lifegala-Award Eferding 2010 ausgezeichnet. Tatsächlich leistet MAIZ sex&work ausgezeichnete und wichtige Arbeit, die es nun gebührlich zu feiern gilt.
Doch bei aller Freude um solche Anerkennungen darf auch nicht vergessen werden, dass Preise – und seien sie noch so wichtig und renommiert – keine Existenzsicherung bieten können. Die erste Voraussetzung für preistragende Arbeit ist grundsätzlich die existentielle Möglichkeit, fundierte Arbeit leisten zu können. Eine Gesellschaft, die sich solche Arbeit nicht leistet, verarmt.
Westring: Provinz und Vision pt.II
Liebe SPÖVP!
Die Politiker der oö Landhauptstadt Linz haben sich schon seit Jahren auf eine Möglichkeit aus dem ersten Strang der Möglichkeiten eingeschworen. Ich bedauere das sehr, denn ich halte das für den größten denkbaren Verkehrs- und stadtpolitischen Fehler. Fast 1 Milliarde Euro Steuergelder wollen Sie, liebe SPÖVP, in Brücken, Tunnels und Autobahnen investieren, um dem Individualverkehr und Gütertransport ein beschleunigtes Durchkommen durch Linz zu ermöglichen. Projektname Westring. Man möchte dem Verkehr, der Transportlobby, der Automobilindustrie und den Autofahrern ein wenig den roten Teppich ausrollen, den Staus beikommen und die tatsächlich nicht beneidenswerten Pendler entlasten.
Doch nun ist passiert, man möchte fast von einem kleinen Wunder sprechen, womit niemand gerechnet hat: die andere SPÖVP, nämlich die Bundesregierung in Wien, hat das Projekt der hiesigen SPÖVP zumindest vorerst auf Eis gelegt. Nicht aus moralischen oder ökologischen Gründen, sondern wegen banalem Geldmangel. Aber immerhin. Ein Augenblick des Innehaltens.
Die lokale und regionale SPÖVP rückt reflexartig zuammen. Ein provinzieller Schulterschluss gegen die da in Wien. Der Westring müsse sein, da sind sich rote und schwarze Landes- wie Stadtparteichefs einig, die Bünde, Kammern, Gremien, Funktionäre nicken eifrig und erbost. Ich möchte Sie, liebe SPÖVP, jedoch bitten, diesen kurzen Moment des Stillstands zu nutzen, um ihre Grundsatzentscheidung noch einmal zu überdenken. Es könnte sich für Sie auszahlen.
1000 Millionen Euro wären Sie bereit für den Westring auszugeben. Ich bin kein Verkehrs- oder Umweltplaner, aber ich bin sicher, mit dieser Summe (oder einem Bruchteil davon) könnte man auch Alternativen zum Westring finanzieren. Zumindest sollte es möglich sein, eine Studie durchzuführen, wie man mit dieser gewaltigen Summe eine ökologische Lösung für das Verkehrsproblem des Linzer Zentralraumes ermöglicht.
Wer weiß schon wirklich, was man mit soviel Geld möglich machen könnte: kostenlose Öffis für alle Pendler für die nächsten paar Jahrzehnte? Ein dichtes Netz an öffentlichen Verkehrsmitteln auch im Umland? Gratisfahrräder für alle Arbeitnehmer? Zuschüsse zu Elektroautos, Minibuslinien, Heimarbeitsverträgen? Alles scheint denkbar, sogar eine autofreie Innenstadt, eine begrünte Nibelungenbrücke und die sauberste Luft der Republik. Und, liebe SPÖVP, was Sie ganz besonders interessieren dürfte: ein öffentliches, globales Bild von einer visionären Stadt, die es sich zum Ziel gemacht hat, ein wenig Individualverkehr gegen nachhaltige Lebensqualität einzutauschen und dafür auch einige Opfer auf sich nimmt. Das Bild einer Stadt, die es sich getraut hat und es allen anderen vormacht, wie eine bessere, grünere und nachhaltigere Urbanität funktionieren kann.
65 Millionen haben Sie, liebe SPÖVP, in das Projekt Linz09, das Europäische Kulturhauptstadtjahr 2009, investiert. Um zu zeigen, dass sie in die Zukunft sehen, sich umorientieren, Visionen haben. Die Idee war nett, der Erfolg bescheiden, aber sichtbar. Stellen Sie sich jetzt bitte nur einmal kurz vor, was Sie ermöglichen könnten, wenn Sie das für den Westring vorgesehene Geld in eine weitere, noch viel größere Vision investieren! Ich verspreche Ihnen, Sie werden es nicht bereuen.
Die parteiliche Initiative gegen den Westring
Die unparteiliche Initiative gegen den Westring
Die Landes-Initiative für den Westring
Die städtische Initiative für den Westring
Westring: Provinz und Vision pt.I
Liebe SPÖVP!
Es gibt in der Politik spannende und langweilige Themen. Verkehrspolitik ist sicherlich nicht sonderlich spannend, aber sie ist eine Schlüsselpolitik in der mobilisierten Gesellschaft. Zudem kulminieren in der Verkehrspolitik die großen Themen unserer Gegenwart: Sozialpolitik, Umweltpolitik, Migrationspolitik.
Der Großraum Linz steht verkehrspolitisch vor einer großen Entscheidung. Angesichts der gestauten Realität und den verheerenden Prognosen ist allen Beteiligten klar, dass es so nicht weiter gehen kann. Der derzeitige Zustand ist bereits furchtbar, die Zukunft wird ohne politische Eingriffe zur Katastrophe.
Einer Stadt oder Region stehen zu Beginn des 21. Jahrhunderts mehrere Lösungsansätze offen, alle sind schmerzhaft und teuer. Grob gesagt gibt es zwei Stränge von verschiedenen Möglichkeiten:
Entweder akzeptiert man das grenzenlose Wachstum des Verkehrs, des privaten Personen- und Güterverkehrs, und bietet diesem Wachstum durch immer schnellere und größere Strassen eine öffentlich bezahlte Infrastruktur. Dies bringt Standortvorteile, Anschluss an internationale Verkehrsrouten und Wählerstimmen, leider aber auch Umweltzerstörung, Lärm, noch mehr Verkehr und keine langfristige Lösung – schliesslich unterstellt diese Vorgehensweise auch ein nachhaltiges Verkehrswachstum, das irgendwann wieder neue Kapazitäten braucht.
Andererseits gibt es den anderen Strang an Möglichkeiten. Es ist nicht der Hauptstrang, nicht der Mainstream. Aber er ist es wert, betrachtet zu werden: angesichts drohender Klima- und Umweltkatastrophen, Ressourcenknappheit und sozialer Erosion empfiehlt ein signifikanter Teil von Wissenschaftlern, Philosophen, Medienmachern und anderer Menschen, einen der Hauptverursacher des Klima- und Ressourcenproblems, nämlich den privaten Verkehr, sanft und schonend zu regulieren. Sanft ginge es jetzt noch, in 20 oder 30 Jahren vielleicht schon nicht mehr. Dieser Strang setzt auf regionale Visionäre, die mit Weitsicht und Bedacht statt in Strassenausbau in Renaturisierung, in öffentlichen Verkehr und in urbane, soziale und ökologische Nachhaltigkeit investieren. Das ist kurzfristig keinesfalls populär und birgt das reale Risiko eines Wählerstimmenverlustes. Wenn aber an den Bedrohungsszenarien der Wissenschaft bezüglich unserer Zukunft etwas Wahres dran ist (und davon gehen wir aus), dann sind nur Regulierungen der Versacher zukunftsträchtige Perspektiven. Und mit etwas Glück sind diese Visionäre langfristig gesehen nicht nur die moralischen Gewinner, sondern auch Wahlgewinner.
Weiter zur Fortsetzung:
Westring: Provinz und Vision pt.II
Zitate zur Krise
Angesichts der Bilder zur Protestbewegung in Österreich und zum Umgang der Regierung mit der Frage nach (sozialer) Gerechtigkeit, kommen zwei Zitate gerade recht:
“Sei es im Bereich der Wirtschaftspolitik, der Staatsräson oder der politischen Philosophie in ihrer Gesamtheit, immer verließen sich die pragmatischen Berufspolitiker und ihre Hofsoziologen auf das Nichtvorhandensein einer Alternative zu ihren mittelmäßigen Erfolgen und Grundvoraussetzungen“. aus Manuel Vázquez Montalbán „Marcos Herr der Spiegel“.
Und das zweite Zitat bringt das lokal/regional-politische Dilemma noch schöner auf den Punkt: “In der Landespolitik herrschte in jenen Jahren eine unerklärliche Aufbruchsstimmung, die – wie sich bald zeigen sollte – ziemlich unbergründet war. In Wahrheit verhielt es sich so, daß Geldhaie die Politik bestimmten und die Volksvertreter den Wählern Schmalzblumenkränze flochten“. aus Erwin Einzinger „Von Dschalalabad nach Bad Schallerbach“
Dancing Auschwitz
Kunst kann bestehende, eingebildete oder aufoktroyierte Denkmuster mit einem einfachen „Kunstgriff“ zerstören. Schafft sie das, wird sie interessant und auch politisch relevant. Jane Korman aus Melbourne hat das in beeindruckender Weise erreicht.
Gemeinsam mit ihrer Familie besuchte sie Stationen des Leidensweges ihres Vaters: Lodz, Theresienstadt, Auschwitz
Herausgekommen ist ein ebenso beeindruckendes, wie berührendes Video, das sich via Youtube schnell in der ganzen Welt verbreitete und für heftige Diskussionen sorgt. Die Meinungen gehen weit auseinander, egal ob in Israel oder in Deutschland, ob jüdisch oder sonst was.
Der 89jährige Überlebende tanzt gemeinsam mit seinen Enkelkindern an den Stätten des Grauens, auf den Feldern des Todes zu dem 70er Jahre-Hit „I will survive“. Was auf den ersten Blick makaber und verharmlosend wirkt ist ein spektakulärer und kraftvoller Akt der Befreiung. 65 Jahre war er fast ausschließlich Opfer und Überlebender. Gewissensbisse, ob des Glücks überlebt zu haben, nagten an seiner Generation. Auch Kinder und Enkelkinder leben mit und trotz des Holocausts, sind ständig damit konfrontiert und versuchen das Unbewältigbare zu bewältigen. Die ritualisierte und trauernde Form des Gedenkens und Mahnens hat sich erschöpft und kann der Situation nach all den Jahren immer weniger gerecht werden. Auch in der Linken wirkt es auf viele verstörend, dass sich das Opfer plötzlich nicht mehr wie ein Opfer verhält. Die Rote Armee hat dem Großvater das Leben gerettet, befreit hat er sich – spät aber doch – selbst.