Wir berichteten über die letztes Jahr von der Tiroler Kulturlandesrätin Palfrader (VP) betriebene Zensur gegen das TKI-open12 – Projekt „Wahlen sind Betrug“ von Oliver Ressler. Oliver Ressler ist österreichischer Kunst- & Kulturschaffender mit großem Interesse an sozialen Bewegungen, unter anderem wurde er mit seinem Projekt „Disobbediente“ beim KUPF Innovationstopf 2003 prämiert.
Oliver Ressler setzte sich nun gegen eine mediale Verleumdungskampagne der ÖVP-eigenen Zeitung „Tiroler Weg“ gerichtlich durch, untenstehendes Statement von Oliver Ressler dokumentiert die Vorgänge. Wir gratulieren!
Tiroler Weg am Ende
Statement zu einem Prozess rund um das Plakatprojekt „Wahlen sind Betrug“
Mein Plakatprojekt „Wahlen sind Betrug“ wurde im Rahmen des Wettbewerbs TKI open der TKI (Tiroler Kulturinitiativen) zum Thema „Kein Thema“ im November 2011 von einer Jury in einem vorbildlich transparenten Prozess ausgewählt. Erstmals in der 10-jährigen Geschichte des TKI open wurde einer von einer Fachjury ausgewählten künstlerischen Arbeit die Förderung aus den Mitteln des Landes Tirol verwehrt. In der darauf folgenden medialen Diskussion (1) versuchte die Tiroler Landesregierung erfolglos, ihre in die Nähe von Zensur geratene Entscheidung zu rechtfertigen. Für die ÖVP-Kulturlandesrätin Dr. Palfrader ist die Arbeit „Wahlen sind Betrug“ „inhaltlich falsch“ (Tiroler Tageszeitung, 18.01.2012) und „nicht experimentell“ genug (Radio Freirad, 01.02.2012). Auf Anfrage des Nachrichtenmagazin Profils erklärt Palfrader, dass nicht alles, „was Kunst zu sein beansprucht, auch gefördert werden kann“ (Profil, 23.01.2012).
Nachdem die Argumente der Kulturlandesrätin in den Medien auf wenig Gegenliebe stießen, holte die ÖVP Tirol im Innsbrucker Gemeinderatswahlkampf in ihrer Parteizeitung „Tiroler Weg“ im März 2012 zum Gegenschlag aus: „Kultur ist kein Selbstbedienungsladen“, wurde in großen Lettern über eine nicht autorisierte Reproduktion meines Plakatentwurfs gesetzt. Zumindest implizit wurde mir vorgeworfen, mich öffentlicher Fördermittel zu „bedienen“, mir also einen Vorteil durch das ungerechtfertigte Erlangen von Fördermitteln verschafft zu haben. Die im Kleingedruckten neben meiner Arbeit abgedruckten Erläuterungen stehen mit der Überschrift nicht direkt in einem für den Leser klar verständlichen Zusammenhang und beschreiben „’fadenscheinige’ Gründe für die Aberkennung der bereits von der Jury zugestandenen Förderungsleistung“ (2).
Die die Tiroler Landesregierung stellende ÖVP ignoriert also nicht nur aus politischen Gründen einen Juryentscheid, sondern missbraucht meine künstlerische Arbeit auch noch im Innsbrucker Gemeinderatswahlkampf. Damit war das Fass voll und eine Klage gegen die Tiroler Landespartei wurde eingebracht.
Am 16.07.2012 fand eine Verhandlung im Landesgericht Innsbruck statt, in der sich die Tiroler Volkspartei in einem gerichtlichen Vergleich verpflichtet hat, es zu unterlassen, das Plakat „Wahlen sind Betrug“ zu vervielfältigen oder zu bearbeiten, und alle in ihrer Verfügungsmacht stehenden bearbeiteten Versionen des Werks „Wahlen sind Betrug“ zu beseitigen. Die beklagte Partei (ÖVP) verpflichtet sich weiters, kreditschädigende Behauptungen, die sinngemäß den Vorwurf beinhalten, dass ich mich an Kultursubventionen „bedient“ habe oder dies versucht habe, zu unterlassen. Weiters erklärt die beklagte Partei ausdrücklich, dass sie dem Kläger mit dem im „Tiroler Weg 1.12“ veröffentlichten Bericht im Zusammenhang mit dem vom Kläger angefertigten Plakat „Wahlen sind Betrug“ kein unehrenhaftes oder rechtswidriges Verhalten unterstellen wollte.
Eine Veröffentlichung dieser Verpflichtungen im Tiroler Weg ist daran gescheitert, dass dieser eingestellt wurde.
Nachsatz: Scheint es im heiligen Land Tirol unmöglich zu sein, künstlerische Plakate mit dem Text „Wahlen sind Betrug“ zu plakatieren, schien dieser Text bei einer Projektversion für die georgische Hauptstadt Tiflis kein Problem zu sein.
Oliver Ressler, Künstler und Filmemacher, 20.07.2012