Kultur „neu ordnen“ in OÖ

Seit März war bekannt, dass es ab 8.5. einen Prozess zu „Kultur neu denken“ geben wird, um ein neues Kulturleitbild für OÖ zu erarbeiten. Dass das Kulturleitbild nun nach 10 Jahren „neu gedacht“ und „neu geordnet“ werden soll, kam nicht nur für die freie Szene mehr als überraschend. Die KUPF war bei der Auftaktveranstaltung dabei.

Kultur neu denken - warum jetzt?

Das Kulturleitbild dient seit jeher als strategische Grundlage und Legitimation für öffentliche Kulturfinanzierung und Förderpolitik in Oberösterreich. Daraus sollen sich Maßnahmen und operative Ziele für die künftige Entwicklung des Kulturlebens und -erlebens ergeben. Das aktuelle KLB wurde vom ehem. LH Dr. Josef Pühringer 2007 in Auftrag gegeben und mittels eines 2 Jahre andauernden Prozess erarbeitet. Fach-Expert*innen schreiben so einem Leitbild eine Dauer von bis zu 15 Jahren zu. Dass dieses Leitbild nun nach 10 Jahren „neu gedacht“ bzw. „neu geordnet“ werden soll, kam nicht nur für die Kulturszene mehr als überraschend. Einerseits überrascht der Zeitpunkt genau jetzt ein neues KLB zu erarbeiten, andererseits ist aber auch klar, dass man auf neue Entwicklungen wie Digitalisierung, Globalisierung und Kürzungen der Kulturbudgets reagieren muss. Dass dem Prozess des KLB auf Antrag der FPÖ eine Änderung der Landesverfassung vorausging (April 2019) kann ein Zeichen dafür sein, dass das neue KLB in Zukunft eine Legitimation bieten soll, migrantische und Kultur und Kultur von Frauen nicht mehr zu fördern. Aus Sicht der KUPF müssen Demokratie und kulturelle Teilhabe im KLB aber im Zentrum stehen.

Das KLB soll eine Politik der kulturellen Differenz ermöglichen. Sofern der Nominierung von Odin Wiesinger heute Nachmittag von der OÖ Landesregierung stattgegeben wird, ist der „offene Prozess des KLB“ eine reine Farce.

Seit März war bekannt, dass es ab 8.5. einen Prozess zu „Kultur neu denken“ geben wird. Die Einladungen zur Auftaktveranstaltungen lagen nicht einmal 2 Wochen vor der Veranstaltung in den Postkästen, was bereits zu Beginn viele Interessierte verärgert hatte. Das war dann auch in den Brainstormings, die anfgangs abgehalten wurden spürbar. Bevor Genaueres zum Prozess bekannt gegeben wurde, durfte man sich in eine der sechs Themen-Gruppen einbringen: Kunstschaffen im 21. Jhd. / Kunst erleben / Avantgarde und neue Formen von Kunst und Kultur / Worauf stehen wir (Volkskultur und Kulturelles Erbe) / Kultur lernen (Vermittlung) / Kunst: Motor nach Innen und nach Außen. Die Eröffnungsrede von Hr. LH Stelzer konnte viele offene Fragen der Interessierten nicht ausreichend beantworten, da nichts darüber gesagt wurde, auf welchen Zeitraum der Prozess angelegt ist oder warum genau jetzt der richtige Zeitpunkt sei, um ein neues KLB zu erstellen und wer diesen neuen Prozess angestoßen hat. Positiv zu beobachten war einerseits die sehr engagierte Teilhabe der Anwesenden und andererseits dass auch viele Personen aus der freien Szene eingeladen waren. Es wurde außerdem von allen Seiten darauf hingewiesen, dass der Kulturbeirat in jede Phase des Prozess stark einbezogen wird, was wir von der KUPF für wichtig und richtig halten.

Unklar bleibt allerdings, wer beim neuen KLB das Sagen haben wird oder was mit den Inputs der Workshops passiert.

Die Input-Rede der aus Deutschland eingeladenen Expertin Dr. Cornelia Dümcke wurde von vielen Besucher*innen im Anschluss sehr gelobt. Sie strich in ihrem 3 Sektoren Modell (Öffentlichkeit, Zivilgesellschaft und Privat- bzw. Erwerbswirtschaft) klar heraus, dass ein gelungenes KLB nur dann gelingt, wenn neue Formen wie offspaces und zivil-gesellschaftliches Kunstschaffen auf eine Ebene mit den großen Häusern gestellt werden. Sie zitierte aus dem Bericht zur sozialen Lage der Kunstschaffenden in Österreich: „Prekär ist regulär. Sicher nur die Unsicherheit.“ Wichtig sei es ihrer Meinung nach, bei der Entwicklung eines KLB die Dimensionen unterschiedlicher sozialer, wirtschaftlicher und räumlicher Prozesse zueinander in Beziehung zu setzen. Im Fokus sollen „Planungssicherheit und verlässliche Unterstützung stehen“. Mit diesen Schlussworten erntete sie viel Applaus.

Was passiert mit dem "alten" Leitbild und wer evaluiert es?

Das „alte“ KLB wurde bis dato noch nicht evaluiert.
Da die bisherigen Umsetzungsberichte des Landes dazu nicht sehr aussagekräftig sind, würden sich viele Kulturschaffende eine Evaluierung von externen Expert*innen oder Steuergruppen wünschen um einen objektiven und transparenten Bericht zu erhalten.
Dieser Bericht sollte Zahlen und Fakten liefern. Erst dann kann man sagen, was konkret nicht umgesetzt wurde bzw. wo es noch Aufholbedarf gibt. Was aber jetzt schon ersichtlich ist, ist das große Versäumnis für nicht-institutionelle Kulturschaffende Verbesserungen zu gewährleisten. Auf den ersten Seiten des „alten“ KLB wird unermüdlich auf die Notwendigkeit freier Kunsträume und gesicherter Strukturen für die freie Szene hingewiesen. Im Maßnahmen-Katalog und auch im Bericht finden sich aber allen voran das Musiktheater, die Landesbibliothek oder die Bruckner-Privatuniversität. Alles zweifelsohne wichtige Institutionen, aber von dezentraler Kulturförderung in den Regionen ist hier keine Rede mehr. Gesprochen wurde auch von einer „längerfristigen Unterstützung der strukturellen Basis“ und „mehrjährigen Förderprojekten“, die wir vor allem in der Freien Szene immer noch vermissen. Das wären nur zwei kleine Beispiele, die vom neuen KLB aufgegriffen und verbessert werden könnten.

Was braucht das Neue...

Aus Sicht der KUPF müssen bestehende Qualitäten wie Vielfalt, Eigenständigkeit und offene Begegnungsräume sowie sichere Strukturen weiter ausgebaut werden. Werte wie Brauchtum und Volkskultur müssen zeitgemäß und mit kritischem Blick vermittelt werden, um nicht weiterhin von Heimattümelei und Ausgrenzung überschattet zu sein. Junge Generationen sollen kulturell eingebunden und gemeinsam mit Zugewanderten vernetzt werden, sodass der Prozess ganzheitlich und nachhaltig wirken kann. Kultur bedeutet nicht ein ausschließliches Fördern von „Leuchtturmprojekten“ wie das Ars Electronica oder das Musiktheater, Kultur bedeutet auch ein gemeinsamer Mut zu zeitgenössischen Experimenten und Projekten jenseits von Profit. Demokratie und kulturelle Teilhabe stehen hier im Zentrum. Das KLB soll eine Politik der kulturellen Differenz ermöglichen.

Und sonst?

Kulturförderungen sind keine Spende. Das Budget der Kunst- und Kulturförderung ist dazu da um unsere Gesellschaft lebendig zu halten; die freie Szene belebt die landeseigenen Institutionen und ergänzt dieses Angebot auf essentielle Art und Weise.
Kunst und Kultur soll und darf bestehende Modelle kritisch hinterfragen und karikieren um gleichzeitig andere gesellschaftliche Entwicklungsmöglichkeiten vorstellbar zu machen.
Kultur sollte wieder als Notwendigkeit für eine funktionierende und reflektierte Gesellschaft anerkannt werden. In Zeiten von Digitalisierung und Globalisierung brauchen wir das mehr denn je. Kunst und Kultur dürfen nicht an einer fiktiven Wirtschaftlichkeit gemessen werden. Kultur verändert. Kultur prägt wie man denkt, fühlt und sich selbst in der Welt verortet.

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