Kulturrat Österreich präsentiert Forderungen anlässlich alarmierender Ergebnisse der Studie zur sozialen Lage von KünstlerInnen.
Montag, 22. September 2008, 10 Uhr
Kunsthalle Wien, Karlsplatz, 1040 Wien, Treitlstr. 2
Pressegespräch mit
Maria Anna Kollmann (Dachverband Filmschaffende)
Daniela Koweindl (IG Bildende Kunst)
Sabine Prokop (IG Freie Theaterarbeit)
Günther Wildner (Österreichischer Musikrat)
Die vom bm:ukk in Auftrag gegebene Studie zur sozialen Lage der KünstlerInnen offenbart eine dramatische Armut: 37% leben von einem Jahresgesamteinkommen unter der Armutsgefährdungsgrenze (Gesamtbevölkerung: 12,6%, Erwerbstätige: 8%). Etwa 50% erreichen aus der künstlerischen Tätigkeit das vom Künstlersozialversicherungsfonds für einen Zuschuss geforderte jährliche Mindesteinkommen von derzeit 4.188,02 Euro nicht. Insgesamt 74,9% verdienen mit der Kunst weniger als 10.000 Euro jährlich. Das Einkommen von Frauen ist trotz höherem Ausbildungsgrad, Weiterbildungsinteresse und stärkerer Vernetzungen um 35% niedriger als bei Künstlern. Das mittlere Äquivalenzeinkommen von Kunstschaffenden liegt bei 1.033 Euro pro Monat (Gesamtbevölkerung: 1.488 Euro), obwohl drei von vier KünstlerInnen zusätzlich mindestens einer kunstnahen oder kunstfernen Erwerbstätigkeit nachgehen.
Große Lücken in der sozialen Absicherung
Die prekäre Einkommenssituation wird verschärft durch Lücken in der sozialen Absicherung: 30% haben keine durchgehende Pensionsversicherung, 14,7% sind nicht durchgehend krankenversichert. Selbstständigkeit dominiert, Anstellungen sind rar und zumeist von äußerst kurzer Dauer. 36% der Befragten hatten Anstellungen, die kürzer als einen Monat dauerten. 32,4% der Anstellungen von Filmschaffenden dauern gar nur einen Tag. Eine Schauspielerin kam auf 60 Ein-Tages-Anstellungen innerhalb eines Jahres. Viele KünstlerInnen erreichen damit nicht die erforderliche Dauer, um Arbeitslosengeld zu beziehen, müssen aber Beiträge zahlen.
Einkommen geringer als vor zehn Jahren
Insgesamt kommt die Studie dem Ergebnis, dass sich die ohnehin prekäre Einkommenssituation von KünstlerInnen im Vergleich zu Studien vor zehn Jahren sogar noch verschlechtert hat. Auch die Arbeitsverhältnisse spitzen sich zu: Kunstschaffende werden sogar zunehmend kriminalisiert, wenn sie sich etwa als darstellende KünstlerInnen oder Filmschaffende gezwungenermaßen auf Werkverträge einlassen (die mittlerweile für 50% bis 70% der Branche üblich sind), obwohl sie auf Grund ihrer Tätigkeit angestellt werden müssten.
Stillschweigen ist Skandal! Studienergebnis ist Handlungsauftrag!
Diese Zahlen und Fakten des Rohberichts sind alarmierend und zeigen dringenden Handlungsbedarf statt Stillschweigen über die Ergebnisse der Studie. Es ist ein Skandal, dass KünstlerInnen in der viel zitierten Kulturnation Österreich eine Existenz als BettelkünstlerInnen fristen müssen. Der Kulturrat Österreich ruft die verantwortlichen PolitikerInnen auf, Position zu beziehen und endlich mit der längst überfälligen Arbeit an der Verbesserung der sozialen und ökonomischen Lage von Kunstschaffen endlich zu beginnen – unter Einbeziehung der Interessenvertretungen!
Im Rahmen des Pressegesprächs werden InteressenvertreterInnen zur Studie (sowohl in ihrer Gesamtbedeutung als auch spartenspezifisch) Stellung nehmen sowie Forderungen und Vorschläge zur nachhaltigen und umfassenden Verbesserung der dramatischen Situation präsentieren. Ziel muss Existenzsicherung unabhängig von Erwerbsarbeit sein.
Grundeinkommen für alle!