Zehn Jahre ist es schon her? Beim nichtssagenden Interview mit dem Schweigekanzler letzte Woche in Der Standard sind mir viele Bilder hochgekommen.
Zum Beispiel im Bus, irgendwo eher südlich in Linz: Bei irgendeiner Haltestelle ist eine laute Gruppe Jugendlicher eingestiegen. Forsch, selbstbewußt, dominant haben sie sich breit gemacht, und die üblichen Omas hinter uns haben unglücklich getuschelt. Mit meinen zwei Kindern dazwischen eingequetscht, überraschte mich meine plötzliche Wut auf die aufgebrachten Omas. Wieviele von denen, dachte ich, fanden die schreckliche schwarzblaue Koalition ganz in Ordnung? Und wieso konnten sie keine Verbindung sehen?
Mit solchen Vorbildern in der Politik, wie sollten sich junge, männliche, offenbar nicht gerade gut gebildete Österreicher sonst verhalten? Ellbogen einsetzen, sich forsch behaupten, alles nehmen, was man irgendwie so kriegen kann, jeden Anschein von Schwäche verachten, sich in jeder Hinsicht als berechtigt ansehen, niemals Rücksicht nehmen oder Verständnis für andere zeigen, die nicht zur eigenen Gruppe dazu gehören. Anders wäre Schwarzblau auch nicht zustande gekommen.
Zehn Jahre ist es her. Meine Kinder, die damals im Volksschulalter waren, haben die Schule inzwischen abgeschlossen und wollen – wie viele ihrer Freund_innen – Österreich auf jeden Fall verlassen. Und wo sind heute die Jugendlichen, die damals den Bus für sich beanspruchten? Fahren sie alle nun im Cabrio? Findet man sie unter den abkassierenden Banken- und sonstigen Managern? Tanzten sie beim WKR-Ball in der Hofburg mit? Oder sind sie womöglich unter den prügelnden Polizisten zu finden? Oder füllen sie bloss die Bierzelte, wo einschlägig gefärbte Politiker ihnen einreden, die „anderen“ – die Ausländer, die Linken, die Schmarotzer, die Terroristen – seien schuld daran, damit das sich vollsaufende Publikum nicht merkt, wer tatsächlich mit den ganzen gestohlenen Hoffnungen im Cabrio rasend davon fährt.
Kommentare sind geschlossen.