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Ratlosigkeit als politische Kategorie?

Die folgenden Zeilen haben keinen Sinn, keine Aussage. Sie sollen Erlebtes und meine Ratlosigkeit ausdrücken.

Ich bin gern in Berlin. So zum Beispiel diese Tage. Und immer, wenn ich in Berlin bin, verbringe ich am liebsten Zeit in Deutschlands berühmtesten Problem-Bezirk Neukölln. Sie kennen die mediale Aura: Heroin, Hartz4, Rütli-Schule. Moslems, Gangster, Problem-Kids.
Den Gangster traf ich aber nicht in Berlin, sondern am Heimweg. Via „Bobobomber“ (das Wort habe ich erfunden und steht für AirBerlin) flog ich nach Salzburg, von dort gings weiter per Zug nach Linz.

Zwischen Wels und Linz läuft mir am Gang ein schwarzer Jugendlicher entgegen, dicht gefolgt vom Schaffner. Der Schaffner erwischt den Knaben, der offenbar ohne Ticket unterwegs ist. Der Knabe im Gangsta-Outfit dreht ordentlich auf, schreit rum, der Schaffner ruft mit dem Handy die Polizei. Ich versuche, das Gesehene zu ignorieren und gehe zu meinem Platz.

Weil es mir dann doch keine Ruhe lässt und weil ich anfällig für rassistische Gutmenschen-Klischees bin (ich vorverurteile gelegentlich Uniformträger und halte schwarze Kids manchmal für potentielle Opfer) gehe ich zurück. Der Schaffner, groß und kräftig, bebt vor Wut, bemüht sich aber, ruhig zu bleiben. Da ich dem schwarzfahrenden (dirty wording, i know) Kid den Ärger mit der Polizei ersparen will, frage ich den Schaffner, ob man denn nicht noch ein Ticket nachkaufen könne. Den illegalen Passagier zum legalen machen.

Der Schaffner ist sehr erstaunt. „Warum?“ fragt er mich. Weil ich selber ein lästiger Jugendlicher war und deshalb Verständnis aufbringen möchte, sage ich, und der Schaffner verkauft mir das Ticket plus Aufschlag für den Jugendlichen. Ich fordere den nach wie vor rumschimpfenden Jugendlichen auf, endlich die Klappe zu halten, sich beim Schaffner für dessen Kulanz zu bedanken und drücke ihm sein Ticket in die Hand. Jovial-provokativ tätschelt der Jugendliche dem zornesroten Schaffner die Schulter, der zuckt zurück. Ich bugsiere den Knaben weg, er bedankt sich flüchtig bei mir und zischt ab.

Ich bin froh, die Sitiuation ausgestanden zu haben, bedanke mich beim Schaffner für sein Entgegenkommen sowie seine Contenance und halte die Sache für erledigt.

Denkste! In der Straßenbahn sehe ich den Knaben wieder, unschwer zu erkennen nicht nur an der Hautfarbe, sondern am Gangsta-BlingBling samt fake-diamond-skull-cap. Er blockiert lautstark für eine halbe Minute die Straßenbahntür, dann fährt die Bim los. Sofort stehen Kontrolleure bei ihm und fragen nach seinem Fahrausweis. Er hat diesmal ein gültiges Ticket in der Hand, beginnt aber sofort lautstark zu brüllen. Er erklärt brüllend die verschreckten Kontrolleure zu Rassisten und „Hurenkindern“, dann zeigt er sein Ticket. Er erklärt in der gefüllten Bim den Kontrolleuren unüberhörbar, wie er ihre Mütter zu ficken gedenkt und dass er sich auch vor einem Boxkampf nicht fürchte. Ich gehe wieder zu ihm, sehe im zum ersten Mal in die Augen. Es ist nüchtern, aber hochgradig aggressiv. Er erkennt mich, ich rede kurz auf ihn ein, sich zu beruhigen. Eher vergeblich. Die Kontrolleure haben Angst und steigen aus, er brüllt ihnen lautstark nach, dass er vor niemanden, aber auch wirklich niemanden Angst habe und steigt eine Station später selber aus. Eine tickende Zeitbombe.

Er hinterlässt eine mit mehrheitsösterreichischen Passagieren prall gefüllte Straßenbahn. Alle hörten starr zu, wie der Jugendliche die Kontrolleure niederbrüllte, alle hatten Angst. Der kleine Gangsta entspricht all Kronen-Zeitung-Klischees. Mangelnde Zivilcourage trifft Rassismus. Ich fremdschäme mich für den kleinen Gangsta. Ich kann sogar die Angst der anderen Passagiere verstehen. Hatte Kirsten Heisig doch recht und gutmenschliche Liberalität wie meine verstärkt die Gewaltspirale migrantischer Kids, führt letztendlich sogar zur Bestätigung und Reproduktion rassistischer Klischees? Ich bleibe ratlos zurück.

Linz: Critical Mass 25.03.2011

Die Critical Mass ist eine inzwischen recht beliebte und erfolgreiche Srtategie sowie Bewegung sozialen wie ökologischen Widerstandes. International teilweise recht erfolgreich, in Österreich vor allem durch die ausgesprochen gut besuchte und medial wild beäugte Critical Mass Vienna bekannt.
Im Linz, der ewigen Provinz, fristet die Critical Mass eher ein Nischendasein, ist aber dennoch aktiv und kontinuierlich am Radeln. Jeden letzten Freitag im Monat treffen sich in der warmen Jahreszeit etwa 30 bis 150 AktivistInnen und unternehmen einen unangemeldeten und ungeplanten Ausflug durch die Stadt.

Das Selbstverständnis der RadlerInnen der Critical Mass (CM) beinhaltet, dass sich die Demonstration immer den Platz nimmt, den sie braucht und der ihr zusteht. Sprich: es wird nicht brav im Gänsemarsch durch kleine Gässlein gefahren, sondern eine oder mehrere Spuren beanspruchend über Hautverkehrsadern. Das führt natürlich zu Konflikten mit beleidigten AutofahrerInnen und gelegentlich auch der Polizei.

Heute, am 25.März, fand die erste Ausfahrt der Linzer CM statt. Gezählte 46 Personen zwischen sieben und siebzig Jahren nahmen teil. Wer Lust hat, kann sich über zukünftige Fahrrad-Demos hier informieren.

Zum Abschluß noch einige verwackelte Kompaktkamera-Impressionen von der heutigen Ausfahrt:

Der Soundtruck der Critical Mass Linz:

Wheels On Fire!

From digital to analog -> scientist on bike:

KAPU Youngsters Bike Punk Militia:

Am Volksgarten:

Das lokale Presseteam:

Das Lastenrad, bevor die Last verlorenging:

Die CM passiert die Arbeiterkammer Linz:

Die CM am Weg zum Bahnhof:

Immer wichtig: zusammenwarten

Der Turntableist und die Vertreterin der Lokalpolitik:

Vorbei am Gendarmerie-Posten in der Linzer Altstadt

Immer dabei: verärgerte Verfolger auf vier Rädern, die nicht überholen können:

Für Interessierte: Critical Mass Österreich
Für Fortgeschrittene: Naked Bike Ride Day

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Am Tag 2 nach dem Massenbetteln

Am Samstag, dem 5.März 2011, protestierten Menschen der sogenannten Zivilgesellschaft gegen das sogenannte Bettelverbot, das der OÖ Landtag am 10.März beschließen möchte. Der Protest manifestierte sich in einer bettelnden Menschenkette vom Linzer Taubenmarkt bis zur Bethlehemstraße.

Zwei Tage später spaziere ich ebenda, von der Bethlehemstraße kommend, Richtung Taubenmarkt. Plötzlich bremst eines der regelmäßig patrouillierenden Polizeiautos abrupt ab, legt den Rückwärtsgang ein und lenkt rasant auf die Landstraße. Ich schrecke auf, der Grund für den testosteronlastigen Autostunt wird mir nur Sekunden später klar: ein dunkelhäutiger Mensch mit Krücke, offensichtlich einer jeder „ausländischen Bettler“, die in Linz um Geld bitten und laut Medien und gesundem Volksempfinden der Bettelmafia angehören, spaziert mir entgegen.

„Du da, Passport!“, zischt der beifahrende Polizist aus dem Fenster. Der derart unhöflich Aufgeforderte reicht seelenruhig ein Dokument durchs Fenster. Der Polizist wird ihn von nun an während der gesamten Amtshandlung ungefragt duzen. Dem Bettler ist es egal, er versteht ohnehin kaum ein Wort deutsch. Ich hingegen bin fassungslos und beschließe, die Amtshandlung zu beobachten. Zum Missfallen des Polizisten, selbstverständlich.

Der Polizist fordert den mutmaßlichen Bettler auf, die Taschen zu leeren. Ohne Begründung, ohne ein „bitte“. Der derart Beamtshandelte leert stoisch seine rechte Tasche und zeigt Zigaretten, währenddessen fasst ihm der Polizist bereits ohne Vorwarnung ins Gewand und man hört Kleingeld scheppern, dass der Polizist offenbar, ich kann es nur schlecht sehen, einzieht. Ohne Begründung, ohne Erklärung. Ich staune.

Nun schreibt der Polizist etwas, nach einiger Zeit überreicht er dem jungen Mann einen kleinen Zettel sowie die Ausweispapiere. Stoisch nimmt der junge Mann beides entgegen und dreht sich weg, die Amtshandlung wurde offenbar ebenso wortlos beendet wie sie eröffnet wurde. Ich wende mich an den Mann und frage ihn, ob er soeben eine Strafe bekommen hat. Er versteht mich schwer, aber dann dennoch. Er weiß es nicht – hat er soeben einen Strafzettel bekommen, vielleicht auch nur eine Quittung für das eingezogene Geld? Es ist ihm egal, zahlen kann er sowieso nichts und die Amtshandlung beanstanden liegt ebenfalls außerhalb seiner Möglichkeiten. Mein Angebot zu übersetzen lehnt er mit müdem Blick ab.

Beschämt drücke ich dem Mann eine Zehn-Euro-Note in die Hand, der Polizist überlegt sichtlich, ob er einschreiten soll. Er unterlässt es. Denn das gesunde Volksempfinden maßregelt meine Spendenbereitschaft umgehend: drei ältere Damen aus dem Shopping-Mob beginnen sofort, nachdem ich die 10 Euro hergeschenkt habe, auf mich einzuschimpfen: ob ich wahnsinnig wäre, diesem aggressiven Bettler Geld zu geben? Ob ich nicht wisse, dass der ein Ausländer war? Ob ich die Mafia unterstützen möchte?
Zufrieden grinst der Polizist die Damen an: „Keine Sorge, wir kümmern uns schon darum.“

Links:
die Homepage der Bettellobby
Bilder und Infos zum Massenbetteln

City Kiev Ukraine Sky Buildings  - Zephyrka / Pixabay

Westring: Provinz und Vision pt.II

Liebe SPÖVP!

Die Politiker der oö Landhauptstadt Linz haben sich schon seit Jahren auf eine Möglichkeit aus dem ersten Strang der Möglichkeiten eingeschworen. Ich bedauere das sehr, denn ich halte das für den größten denkbaren Verkehrs- und stadtpolitischen Fehler. Fast 1 Milliarde Euro Steuergelder wollen Sie, liebe SPÖVP, in Brücken, Tunnels und Autobahnen investieren, um dem Individualverkehr und Gütertransport ein beschleunigtes Durchkommen durch Linz zu ermöglichen. Projektname Westring. Man möchte dem Verkehr, der Transportlobby, der Automobilindustrie und den Autofahrern ein wenig den roten Teppich ausrollen, den Staus beikommen und die tatsächlich nicht beneidenswerten Pendler entlasten.

Doch nun ist passiert, man möchte fast von einem kleinen Wunder sprechen, womit niemand gerechnet hat: die andere SPÖVP, nämlich die Bundesregierung in Wien, hat das Projekt der hiesigen SPÖVP zumindest vorerst auf Eis gelegt. Nicht aus moralischen oder ökologischen Gründen, sondern wegen banalem Geldmangel. Aber immerhin. Ein Augenblick des Innehaltens.

Die lokale und regionale SPÖVP rückt reflexartig zuammen. Ein provinzieller Schulterschluss gegen die da in Wien. Der Westring müsse sein, da sind sich rote und schwarze Landes- wie Stadtparteichefs einig, die Bünde, Kammern, Gremien, Funktionäre nicken eifrig und erbost. Ich möchte Sie, liebe SPÖVP, jedoch bitten, diesen kurzen Moment des Stillstands zu nutzen, um ihre Grundsatzentscheidung noch einmal zu überdenken. Es könnte sich für Sie auszahlen.

1000 Millionen Euro wären Sie bereit für den Westring auszugeben. Ich bin kein Verkehrs- oder Umweltplaner, aber ich bin sicher, mit dieser Summe (oder einem Bruchteil davon) könnte man auch Alternativen zum Westring finanzieren. Zumindest sollte es möglich sein, eine Studie durchzuführen, wie man mit dieser gewaltigen Summe eine ökologische Lösung für das Verkehrsproblem des Linzer Zentralraumes ermöglicht.
Wer weiß schon wirklich, was man mit soviel Geld möglich machen könnte: kostenlose Öffis für alle Pendler für die nächsten paar Jahrzehnte? Ein dichtes Netz an öffentlichen Verkehrsmitteln auch im Umland? Gratisfahrräder für alle Arbeitnehmer? Zuschüsse zu Elektroautos, Minibuslinien, Heimarbeitsverträgen? Alles scheint denkbar, sogar eine autofreie Innenstadt, eine begrünte Nibelungenbrücke und die sauberste Luft der Republik. Und, liebe SPÖVP, was Sie ganz besonders interessieren dürfte: ein öffentliches, globales Bild von einer visionären Stadt, die es sich zum Ziel gemacht hat, ein wenig Individualverkehr gegen nachhaltige Lebensqualität einzutauschen und dafür auch einige Opfer auf sich nimmt. Das Bild einer Stadt, die es sich getraut hat und es allen anderen vormacht, wie eine bessere, grünere und nachhaltigere Urbanität funktionieren kann.

65 Millionen haben Sie, liebe SPÖVP, in das Projekt Linz09, das Europäische Kulturhauptstadtjahr 2009, investiert. Um zu zeigen, dass sie in die Zukunft sehen, sich umorientieren, Visionen haben. Die Idee war nett, der Erfolg bescheiden, aber sichtbar. Stellen Sie sich jetzt bitte nur einmal kurz vor, was Sie ermöglichen könnten, wenn Sie das für den Westring vorgesehene Geld in eine weitere, noch viel größere Vision investieren! Ich verspreche Ihnen, Sie werden es nicht bereuen.

Die parteiliche Initiative gegen den Westring
Die unparteiliche Initiative gegen den Westring
Die Landes-Initiative für den Westring
Die städtische Initiative für den Westring

Westring: Provinz und Vision pt.I

Liebe SPÖVP!

Es gibt in der Politik spannende und langweilige Themen. Verkehrspolitik ist sicherlich nicht sonderlich spannend, aber sie ist eine Schlüsselpolitik in der mobilisierten Gesellschaft. Zudem kulminieren in der Verkehrspolitik die großen Themen unserer Gegenwart: Sozialpolitik, Umweltpolitik, Migrationspolitik.

Der Großraum Linz steht verkehrspolitisch vor einer großen Entscheidung. Angesichts der gestauten Realität und den verheerenden Prognosen ist allen Beteiligten klar, dass es so nicht weiter gehen kann. Der derzeitige Zustand ist bereits furchtbar, die Zukunft wird ohne politische Eingriffe zur Katastrophe.
Einer Stadt oder Region stehen zu Beginn des 21. Jahrhunderts mehrere Lösungsansätze offen, alle sind schmerzhaft und teuer. Grob gesagt gibt es zwei Stränge von verschiedenen Möglichkeiten:

Entweder akzeptiert man das grenzenlose Wachstum des Verkehrs, des privaten Personen- und Güterverkehrs, und bietet diesem Wachstum durch immer schnellere und größere Strassen eine öffentlich bezahlte Infrastruktur. Dies bringt Standortvorteile, Anschluss an internationale Verkehrsrouten und Wählerstimmen, leider aber auch Umweltzerstörung, Lärm, noch mehr Verkehr und keine langfristige Lösung – schliesslich unterstellt diese Vorgehensweise auch ein nachhaltiges Verkehrswachstum, das irgendwann wieder neue Kapazitäten braucht.

Andererseits gibt es den anderen Strang an Möglichkeiten. Es ist nicht der Hauptstrang, nicht der Mainstream. Aber er ist es wert, betrachtet zu werden: angesichts drohender Klima- und Umweltkatastrophen, Ressourcenknappheit und sozialer Erosion empfiehlt ein signifikanter Teil von Wissenschaftlern, Philosophen, Medienmachern und anderer Menschen, einen der Hauptverursacher des Klima- und Ressourcenproblems, nämlich den privaten Verkehr, sanft und schonend zu regulieren. Sanft ginge es jetzt noch, in 20 oder 30 Jahren vielleicht schon nicht mehr. Dieser Strang setzt auf regionale Visionäre, die mit Weitsicht und Bedacht statt in Strassenausbau in Renaturisierung, in öffentlichen Verkehr und in urbane, soziale und ökologische Nachhaltigkeit investieren. Das ist kurzfristig keinesfalls populär und birgt das reale Risiko eines Wählerstimmenverlustes. Wenn aber an den Bedrohungsszenarien der Wissenschaft bezüglich unserer Zukunft etwas Wahres dran ist (und davon gehen wir aus), dann sind nur Regulierungen der Versacher zukunftsträchtige Perspektiven. Und mit etwas Glück sind diese Visionäre langfristig gesehen nicht nur die moralischen Gewinner, sondern auch Wahlgewinner.

Weiter zur Fortsetzung:
Westring: Provinz und Vision pt.II

Prohibition und Ethnizität

Neue Städte sind in der Regel nur scheinbar neu. Ihre Makrostrukturen gleichen sich ja in der Regel in erschreckend hohem Maß, die Unterschiede finden sich im kleinen.
Eine Makrostruktur, die die „moderne“ Stadt westlichen Typus auszeichnet, ist ihre segretative Wirkung. Rassismus ist dabei eine der maßgeblichen Methoden.

Für den selbstgewählten Kosmopoliten, der sein provinzielles Zuhause verlässt und sich vorsichtig in eine Weltstadt seiner Wahl wagt, stellt sich dann die Frage:
Was ist mangels völkischer Verbindungen zum autochthonen Verkaufstalent vor Ort rassistischer: wenn ich mein Gras bei den Afrikanern im Park kaufe oder doch bei den Türken an der U-Bahn Station?

Links zum Thema:
Rassismus in der Drogenpolitik | Döner-Bude und Dealer-Diskurs

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Die OÖN, das Internet und die Nazis

Was tatsächlich bei dem israelischen Angriff auf die „Gaza-Flotte“ geschehen ist (siehe Haaretz oder Webstandard) vorgefallen ist, kann und vermag ich nicht zu kommentieren – mir und uns fehlen derzeit die Hintergrundinformationen. Und wie immer, wenn es um Israel geht, spült das Netz gegensätzlichste Infos und Behauptungen zuhauf an die Oberfläche.

Kommentieren mag ich allerdings, wie der hiesige Posting-Mob darauf reagiert. Konkret rede ich vom Online-Forum der Oberösterreichischen Nachrichten. Seit heute Nachmittag verfolge ich dort die Reaktionen der LeserInnen und vor allem den Umgang der Oberösterreichischen Nachricht damit (nämlich gar keinen). Und normalereise reproduziere ich ja keine Rechtsextremismen, aber wenn ich es nicht tue, würde es keineR glauben – ein paar Beispiele gefällig?

  • riedlka1
    31.05.2010 17:35 Uhr
    Das Land In dem die Juden leben hieß doch vor dem 2. Weltkrieg Palästina und gehörte den Passtinensern, die sie jetzt mit aller Gewalt verdrängen und mit allen Mitteln gefangenhalten, mit dergleichen Energie mit der sie seit Generationen Wiedergutmachung von den Kriegsverlierern, deren Eneln und Urenkeln fordern. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass der Herr aus Braunau doch nicht ganz so unrecht hatte ….
  • hohensinn
    31.05.2010 15:29 Uhr
    Die Führung in Israel ist ja noch schlimmer als damals Hitler und sein Führungsstab.
    Es wird immer nur übern Hitler geschimft. aber bei den heutigen „Hitlern“ ist das normal, die dürfen alles machen und werden dabei auch noch fleißig unterstützt.
  • kleinemaus
    31.05.2010 16:24 Uhr
    Israel bei genauerer Betrachtung schlimmer als die Nazis?. Ess scheint teilweise so zu sein.
    Da könnte man doch das Verbotsgesetz wegen historischer Belanglosigkeit in der heutigen Weltpolitik gleich abschaffen
  • Pilatus
    31.05.2010 15:08 Uhr
    Der Bundeskanzler ist ja der nächste Österreicher, der zum Rapport nach Israel befohlen wurde, sicherlich werden ihm Muzicant und der Spera-Clan folgen wie Wachhunderl. Bin neugierig, wieviele Millionen Faymann im Rucksack hat, natürlich alles Geld der österr. Steuerzahler, um bei den Mörderbanden um Netanjahu sowie des ExZuhälters Liebermann „gutes Wetter“ zu machen.
  • eulenauge
    31.05.2010 16:21 Uhr
    Die dürfen alles, seit sie 1967 die arabischen Staaten in einem „Blitzkrieg“ überfallen haben.
  • Pilatus
    31.05.2010 14:32 Uhr
    Die Juden werden es soweit treiben, bis man sie wieder mal in die Wüste treibt.

Dass es genügend OberösterreicherInnen mit solcher Meinung gibt, ist mir klar. Aber dass die OÖN derartiger Nazi-Propaganda unzensiert und unkommentiert (zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Textes stehen die obigen Zitate nach wie vor einsehbar auf der Seite der OÖN) ein Forum bieten, ist unverständlich und unmöglich. Das OÖN-Forum ist neben dem ORF das größte oberösterreichische News-Forum und es geht nicht an, dass ein Medium dieser Art nicht gegen (neo-)nazistische Propaganda vorgeht.

Die Nazi-Postings von heute sind kein Einzelfall, sondern eher die Regel: vor allem Nachrichtentexte, die im entfernsten Sinne etwas mit „den Ausländern“ zu tun haben, werden systematisch mit rechtsextremen Postings (mal subtiler, mal brachialer) kommentiert. Die KUPF-Zeitung hat sich schon einmal drüber beschwert, den Verantwortlichen scheinen die Nazi-PosterInnen entweder egal oder sogar ganz recht zu sein.

Aber ich verweigere, mich daran zu gewöhnen.

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Germanophobie und Selbstverkennung

Wenn man nach langer Zeit wieder einmal in den Zug nach Berlin steigt, erschrickt man: wo kommen bloß all die Deutschen her? Der arrogante, aggressive Klang ihrer Sprache nervt nach wenigen Minuten. Zugegeben: man mag sie nicht.

Das Schöne ist aber: wenn man nach kurzer Zeit wieder in den Zug zurück nach Linz steigt, bemerkt man sie sofort: Österreicher. Was haben die bloß alle in Berlin gemacht? Die primitive und animalische Klangfarbe ihrer Sprache zeugt vom barbarischen Wesen. Und natürlich mag man sie nicht.

Justiz vs Kirche

Man nehme mal an, offizielle VertreterInnen der KUPF schlagen, misshandeln und vergewaltigen über Jahrzehnte hinweg ihnen anvertraute Kinder. Große KUPF-Versammlungen und kleine Beratungsgespräche, diese und jene Situationen würden von den kupf´schen Organen zum Missbrauch genutzt. Die KUPF würde es vermutlich nicht mehr lange geben. Zurecht.

Bei der Kirche als potentiell verbrecherische und kriminelle Organisation scheint der juristische Sachverhalt bzw. dessen Bewertung anders zu liegen. Trotz der starken Hinweise auf globale kriminelle Strukturen, auf Missbrauch und dessen Vertuschung auf und von allen kirchlichen Ebenen, werden die Vorkommnisse als Einzelfälle behandelt.

Es ist einmal mehr der Humanist, Philosoph und Biologe Richard Dawkins , dem die Debatte ein wenig Würde abseits liberalkatholischer Betroffenheitsrhetorik verdankt: gemeinsam mit GesinnungsfreundInnen will er nun den Kopf der Bande, einen gewissen Josef Ratzinger, Deckname Benedikt XVI, dingfest machen – nämlich unter voller Ausnutzung des Rechtsstaates. Die englischen Justizbehörden sollen den Papst bei seiner Englandreise im September festnehmen und wegen „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ vor den Internationalen Gerichtshof für Menschenrechte zerren. Eine nicht recht realistische, aber charmante Vorstellung, und im Falle eines anderen Verbrechers, nämlich des chilenischen Ex-Diktators Pinochet, hat das ganze ja schon einmal funktioniert – dieser wurde bei seiner Einreise nach England verhaftet und verblieb immerhin 2 Jahre in U-Haft, bevor er wieder nach Chile ausgeliefert wurde.

Wo bleiben bei uns die jungen Staatsanwälte, die wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung ermitteln? Immer nur Tierschützer jagen kann ja auf Dauer auch nicht befriedigend sein.