Luzenir Caixeta, Rede für die Käthe-Leichter-Preisverleihung

Trotz Allem – Freude

In den letzten Wochen werden die Nachrichten scheinbar immer noch schlechter und schlimmer, doch manchmal gibt es auch schöne Momente, die einfach gefeiert werden müssen – und in letzter Zeit gab es gleich zwei davon.

Am Mittwoch, den 27. Oktober, wurde der Käthe-Leichter-Staatspreis von Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek an Dr.in Luzenir Caixeta verliehen. Zunächst wurde in den opulenten repräsentativen Räumlichkeiten des Bundeskanzleramts Erika Weinzierl für ihr Lebenswerk geehrt, ein wirklich bewegender und zutiefst erfreulicher Moment. Als Luzenir Caixeta nach Erika Weinzierl ihren Preis entgegen nahm, erklärte sie ruhig, souverän und bestimmt, warum sie diese bedeutende Auszeichnung nur mit höchst ambivalenten Gefühlen annehmen konnte: In einem derart schlechten gesellschaftlichen Klima, der von Fremdenfeindlichkeit und Vorurteilen geprägt ist, darf eine Migrantin sich nicht instrumentalisieren lassen, um sich quasi als Feigenblatt von einer Regierung missbrauchen zu lassen, die eine nicht vorhandene Offenheit zur Schau stellen wolle. Luzenir gibt sich ganz sicher nicht als ein solches Feigenblatt her. Genau so wenig darf man mit ihr eine Aufteilung in „guten Ausländer_innen“ und „unerwünschten“ forcieren. Das hat sie mit ihrer kurzen, doch ganz klaren Rede eindeutig demonstriert. Sie hat aber auch erklärt, warum Käthe Leichter für sie und für ihre Arbeit wichtig war, und wieviel sie von den Haushaltsgehilfinnen, Pflegerinnen und Sexarbeiterinnen bei ihrer Forschungsarbeit gelernt hat. Gerade in diesem Rahmen tat es gut, diese Frauen genannt zu hören. Betont hat Luzenir aber auch, dass es ihre Arbeit ohne MAIZ gar nicht geben konnte, and sie bat alle anwesenden Mitstreiterinnen kurz aufzustehen.

Zum Glück hat Marty Huber die Preisverleihung aufgenommen und zur Verfügung gestellt: Käthe Leichter Preis 2010 auf Radio Orange

Am Donnerstag, den 28. Oktober, ging es mit der Freude and dem Feiern in Linz gleich weiter: Der Marianne-von-Willemer-Preis für Digitale Medien wurde im AEC Marissa Lobo für ihre Arbeit „Was spricht Anastácia“ feierlich überreicht. Marissa betonte ebenfalls wie wichtig MAIZ für ihre Arbeit ist, aber ich glaube, ihre Arbeit ist auch für MAIZ wichtig – und nicht nur MAIZ. Bei dieser Arbeit geht es um die Figur der Anastácia, eine legendäre von Afrika nach Brasilien verschleppte Sklavin, die mit einem metallenen Maulkorb zum Schweigen gezwungen werden soll, und wie sie als Projektionsfläche für alle möglichen Sehnsüchte dient. Es ist beeindruckend und ermutigend, wie Widerstand in einer solchen Arbeit sichtbar und hörbar gemacht werden kann.

Es ist gut und wichtig, dass Menschen, die in Österreich und anderswo leben, sich empören und gegen menschenunwürdige Gesetze gegen „Ausländer_innen“ protestieren. Dabei darf aber nicht vergessen werden, dass Menschen, die jetzt in einem anderen als ihr Herkunftsland – aus welchem Grund auch immer – leben, immer noch handlungsfähige Subjekte sind und bleiben. Die Frauen, die im kurzen Ausschnitt aus Marissas Arbeit zu sehen waren, haben alle ihre je ganz eigene Stimme erhoben, und zwar trotz allen Versuchen, sie zum Schweigen zu bringen.

Am Freitag habe ich schließlich einen Aufruf gelesen, die „most powerful black women in Europe“ zu nennen. Sofort sind mir die Frauen, die im Video und vor Ort am Abend davor erschienen sind, in den Sinn gekommen. Vorschläge werden noch bis 29. November angenommen, darüber nachzudenken ist jeder Zeit erwünscht.

Und es geht auch weiter: Am 27. Oktober wird MAIZ sex&work mit dem Lifegala-Award Eferding 2010 ausgezeichnet. Tatsächlich leistet MAIZ sex&work ausgezeichnete und wichtige Arbeit, die es nun gebührlich zu feiern gilt.

Doch bei aller Freude um solche Anerkennungen darf auch nicht vergessen werden, dass Preise – und seien sie noch so wichtig und renommiert – keine Existenzsicherung bieten können. Die erste Voraussetzung für preistragende Arbeit ist grundsätzlich die existentielle Möglichkeit, fundierte Arbeit leisten zu können. Eine Gesellschaft, die sich solche Arbeit nicht leistet, verarmt.