Die Rod Steigers der Donaulände

Es gibt Kifferregeln (niemand kifft hier, soviel vorab) und es gibt Regeln zum Bloggen. Bloggerregel # 1 lautet wohl: Schreibe nicht über deine eigenen Befindlichkeiten. Und ich tu es trotzdem. Hier, jetzt, sofort. Ich rede davon, dass ich mich durch Polizeiautos, die im Schritttempo vorbeirollen, extrem provoziert fühle. Ich nenne diese unangenehme Auswirkung den Rod-Steiger-Effekt. Rod Steiger verkörpert im Film In the Heat of the Night einen rassistischen Cop, dessen Weltbild erschüttert wird; und zwar von einem Schwarzen, von einem schwarzen Cop. Und es gibt da eine Szene, da sieht Steiger durch gelbe Sonnenbrillen aus dem Auto, das er im Schritttempo über eine Brücke fährt. Und da sein Weltbild bröckelt, macht ihn das noch bedrohlicher; eine tickende Zeitbombe. Eine der besten Filmszenen überhaupt.

„In Linz … viel Polizei“

Nunja, ganz so dramatisch war es heute auf der Donaulände nicht, aber doch absurd genug. In dieser einen Stunde fuhren zwei Polizeiautos im Kreis, dann kam noch der Polizeibus. Es wäre denen vermutlich niemand böse, wenn sie sich auch mal in die Sonne legten. Aber dieses herumkurven und kontrollieren? Doch Polizisten machen auf der Donaulände mehr als nur Autofahren. Das weiss ich wegen dem Hund; der folgt nämlich üblicherweise meinen Anweisungen nicht, bleibt ohne erkennbaren Grund – völlig unmotiviert – mitten am Weg sitzen. Dann nähert sich ein Polizeiauto im Schritttempo (Rod Steiger taucht in Gedanken auf). Man steht im Weg. Hund hört nicht auf die wortreichen Kommandos, es wird ein wenig umständlich bevor der Weg frei wird. Hundebesitzerin ist genervt. Aber die Polizisten fahren nicht weiter, sondern „steigern“ auch noch aus dem Auto.

Dann kommt es zu einem seltsamen Dialog.

Polizist: Sie wissn oba eh, dass do ka Hundefreilaufzone is.
spam: Na.
Polizist (deutet in eine Richtung): Die is do hintn.
spam (schaut dem Polizei-Finger zum Klohaus beim Spielplatz nach): Aha. Seit wann denn?
Polizist: Schon seit i nu gor ned Polizist war.
spam (denkt: coole Antwort): Aso.
Polizist: Sie miassn den Hund anleinen. Aber des is nur zur Information.
spam (grosses Fragezeichen im Kopf): Na dann. Danke!
(Der im übrigen echt sehr freundliche Polizist geht zu anderen Hundebesitzern und wird von einem Dobermannweibchen kräftig angebellt. spam + Hund ziehen ohne Leine weiter)

Ich dachte dann an die Stadtwache und wie das sein wird, wenn diese mit Pfefferspray gegen ungehorsame HundebesitzerInnen vorgehen werden. Ich dachte darüber nach, wie schwierig es ist, einen Beruf auszuüben, der ein noch schlechteres Prestige hat, als das von Rechtsanwälten, Politikern oder Journalisten. Und darüber, dass vermutlich der eine oder andere Polizist deshalb irgendwann ein Coaching in Anspruch wird nehmen müssen; weil leicht ist das nicht. Ich dachte auch darüber nach, wie sich im 19. Jahrhundert die sittenpolizeilichen Agenden entwickelt haben und bis heute angewendet werden. Und nun, im 21. Jahrhundert, sollen sittenpolizeiliche Agenden privatisiert werden. Das kann nicht gutgehen. Ich male das Schwarz an die Wand.

FROntal

Morgen, am späten Nachmittag, wird von Radio FRO in der FROntal-Aktion am Taubenmarkt nach Superstadtwachenordnungsdienst-PraktikantInnen-AnwärterInnen gesucht. Ich werde dort sein und alles genau beobachten und in Lokalaugenschein nehmen. Vielleicht bewerbe auch ich mich – mit dem Watchdog, der meinen Anweisungen nicht folgt.