Kommentare der Anderen

Kommentare der Anderen zu den Wahlprogrammen und Antworten der Parteien auf den Fragenkatalog der KUPF

ÖVP SPÖ FPÖ Die Grünen KPÖ

ÖVP
Keine gravierenden Versäumnisse?

Die ÖVP ist bundesweit auf den Zug des gender mainstreaming aufgesprungen. Besonders vorbildlich gibt sich dabei das Land Oberösterreich. Und auch der Landeshauptmann bezieht sich bei der Beantwortung des KUPF-Fragenkataloges auf das neue „Wundermittel“ in Sachen Geschlechtergerechtigkeit. So ist er dafür „die im Zuge des gender mainstreaming getroffenen Empfehlungen umzusetzen“. Überhaupt scheint die ÖVP Frauen verstärkt als potentielle Wählerinnen wahrgenommen zu haben. So hängen übers Hoamatland verteilt zahlreiche Plakate mit der Aufschrift: „100% Frau 100% wert Frauen machen keine halben Sachen“.
Ich frage mich nun: Was bitte sind 100% Frau?
Das christlich-soziale Familienbild im Hinterkopf stelle ich mir das etwa so vor: Ca. 30% Kindererziehung, ca. 30% Haushaltsführung und Partnerbetreuung und weitere 30% Erwerbstätigkeit (Zuverdienen eben) dann bleiben noch 10% Frau zur individuellen Gestaltung – irgendeine ehrenamtliche Tätigkeit zum Allgemeinwohl vielleicht, oder ein bisschen Kunst zur Selbstverwirklichung? (Und wenn eine Frau keine Kinder hat ist sie dann nur 70% Frau und 70% wert?)
Investiert unsere beispielhafte Oberösterreicherin ihre restlichen 10% Frau tatsächlich in Kulturarbeit – und das natürlich zu 100% weil Frauen keine halben Sachen machen – wird sie ihr schwarzblaues Wunder erleben, weil Ausstellungsflächen (prominentes Beispiel Lentos), Konzertsäle, Förderungen, Entscheidungsfunktionen in Vereinen, Beiräten etc, mit nahezu 100% Mann belegt sind. Landeshauptmann Pühringer spricht zwar groß von gender mainstreaming und Umsetzung der getroffenen Empfehlungen, tatsächlich umgesetzt wird nichts. Im Gegenteil. Eine der Grundvoraussetzungen um im Kulturbereich überhaupt mit gender mainstreaming beginnen zu können – der Kulturförderbericht des Landes – wurde anstatt geschlechterspezifisch aufgeschlüsselt gänzlich eingestellt. Von der KUPF danach gefragt, antwortet Josef Pühringer: „Sie sprechen die Kompetenz des Landtages an, …“ und mit dem hat die ÖVP nichts zu tun? Der Landeshauptmann ist sich im kulturpolitischen Bereich in den letzten Jahren auch keiner „gravierenden Versäumnisse“ bewusst. Ganz glaubwürdig also – das mit dem gender mainstreaming. Männer machen eben keine halben Sachen – dann schon lieber gar nichts, oder?
Hanna Schatz, lebt und arbeitet in Linz

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SPÖ
Baustelle zwischen oberösterreichischer Identität und Transkulturalität

Im Fach Kultur ist in der SPÖ Oberösterreich seit einigen Jahren ein Umorientierungs- und Umstrukturierungsprozess im Gang – Dank der Vorreiterfunktion der KUPF in allgemeinen Kulturfragen, Fiftitu% in Frauen-Kulturfragen und Maiz in Migrantinnen-Kulturpolitik.
Allerdings lässt das Wahlprogramm der SPÖ nach wie vor auf ein Kulturverständnis schließen, das von herkömmlichen Identitäts- und Nationskonstrukten abgeleitet wird. So z. B. heißt es im Wahlprogramm der SPÖ auf Seite 4:“Die besondere Identität Oberösterreichs – ein für alle Einwohner unseres Bundeslandes sinnstiftendes Phänomen – muss gewahrt und geschützt werden. Das bringt es mit sich, dass auch die historisch gewachsenen Strukturen Oberösterreichs – von der topografischen Einteilung bis zur Lebensart seiner Bürgerinnen und Bürger – nicht aufgegeben werden dürfen.“
Die eigene Tradition als Gegenentwurf zu fremden Kulturen? Die Wahrung der eigenen kulturellen Identität als Abgrenzung zu anderen Kulturen?
Ich blättere weiter im SPÖ-Programm, … Seite 34 (Kapitel: Offenes Kulturland mit Qualität und Vielfalt): „Kulturpolitik hat für uns SozialdemokratInnen die Bedeutung, dass sie kritisches Bewusstsein fördern soll und zu aktiver und solidarischer Lebensgestaltung anregen soll. … So sind für uns die Prozesse des kulturellen Wandels vor allem im Bereich Transkulturalität, der Reflexion über die Rolle der Geschlechter, sowie die Auseinandersetzung um freien Zugang zu öffentlichen Gütern politisch wichtig.“
Hier bezieht sich die SPÖ auf den Begriff Transkulturalität. Was aber bedeutet Transkulturalität? Dazu ein Zitat des Philosophen Wolfgang Welsch: „Transkulturalität geht auf tatsächliche heutige Situationen in den Gesellschaften ein. Durch Migration, Kommunikationssysteme und ökonomische Interdependenzen sind die Kulturen miteinander vernetzt. Verschiedene Lebensformen enden dabei nicht an Nationalgrenzen. Die Unterscheidung zwischen Eigenes und Fremdes ist oft nicht mehr möglich. … Anstelle der separierten Einzelkulturen von einst ist eine interdependente Globalkultur entstanden, die sämtliche Nationalkulturen verbindet und bis in Einzelheiten hinein durchdringt.“ Transkulturalität steht also für Verflechtungen, Überschneidungen, Übergänge, etc. Zwischen oberösterreichischer Identität und Transkulturalität können wir das SPÖ-Wahlprogramm nur als BAUSTELLE bezeichnen. Nicht zufällig ist der SPÖ Kulturreferent (Landeshauptmann-Stellvertreter Dipl.-Ing. Erich Haider) auch Wohnbauförderungsreferent.
Loci et temporis ex more.
Tania Araujo, Gründerin und Mitarbeiterin bei MAIZ

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FPÖ
Inszenierung und Politik

Letzthin fuhr ich mit dem Fahrrad ins Parkbad und nahm aus den Augenwinkeln ein Plakat wahr, das mich beim Weiterradeln subkutan erfasste. Ein Bild von einem nackerten Männeroberkörper mit nassen Haaren im Wasser. Sympathisch fotografiert im Gegenlicht der untergehenden Sonne, so richtig passend zum heißen Sommersonnenschein. … Sapperlot … denke ich mir nach und nach, das ist doch der Herr Steinkellner, der oberösterreichische FP-Landesparteiobmann. Wieder mal gelungene Volksnähe. – Und Kulturpolitik? Dazu befragen Sie vielleicht den „Klub Austria Superior“, der laut FP in den letzten 6 Jahren ins Leben gerufen wurde zur „gründlichen Auseinandersetzung mit der oö Kulturpolitik“. Im Netz konnte ich keinen Link finden. Aber ich gehe davon aus, dass der seine Mitglieder darauf hinweist, dass „freie Kulturarbeit wichtig ist und gefördert gehört, sofern sie nicht die Würde des Menschen, seine religiösen Gefühle sowie die Achtung vor Heimat, Volk und Natur verletzt.“ Welche Interpretationsvielfalt das birgt, dazu blicke mensch auch zu einem anderen prächtigen Männerkörper nach Kärnten, unter dessen Herrschaft freie Kulturarbeit ausgedünnt wurde.
Allerdings – kann Oberösterreich Kärnten werden?
Gabi Kepplinger, Obfrau Stadtwerkstatt

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Die Grünen
Charme der QuerdenkerInnen

Beim Thema Kultur tun sich die Grünen schwer in Oberösterreich. Nicht weil sie ein unattraktives Programm hätten, ganz im Gegenteil, dieses ist umfassend, nachhaltig, innovativ, etc. Es berücksichtigt die Minderheiten, die Freien Kulturinitiativen, ein neues Landestheater und vieles mehr.
Doch damit in der öffentlichen Aufmerksamkeit durchzukommen ist schwierig. Allzusehr überstrahlt die Kulturpolitik des Landeskulturreferenten in Person des Landeshauptmannes das Bild. Mit dem Festival der Regionen beispielsweise, oder auch dem Kupf Innovationstopf werden regelmäßig unkonventionelle Projekte und damit auch Kulturinitiativen gefördert. Dabei fällt dann gar nicht auf, dass die großen Brocken woanders hingehen. Die Landesmusikschulen verschlingen fast die Hälfte des Kulturbudgets, und über die Sinnhaftigkeit von Landesausstellungen mit Themen wie „Feste feiern“ wird auch nicht groß diskutiert.
Gerade deshalb wäre es wünschenswert, wenn die Grünen künftig mehr Mitsprachemöglichkeiten im Lande hätten. Im Sinne von: Macht braucht Kontrolle, und manchmal auch den „Charme“ von QuerdenkerInnen.
Gerti Spielbüchler, Geschäftsführerin Freies Radio Salzkammergut

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KPÖ
Das find ich schade – ganz echt!

Zur Vorbereitung meines Kommentars hab ich eine kleine, private Umfrage bei politik-interessierten Mitmenschen gestartet. Auf meine Frage: „Was weißt Du über die Wahlinhalte der KPÖ?“ konnte ich in viele verdutzte Gesichter blicken und die Antworten reichten von wenig bis gar keinem Wissen. Daher jetzt ein Schnellantwortkurs bei lästigen Fragereien:
KPÖ – Liste 5 bei den o. ö. Landtagswahlen. Sie sind in 5 Wahlkreisen durch 3 Frauen und 2 Männer als SpitzenkanditatInnen vertreten. Insgesamt 53 Personen davon 14 parteilos und 2 Migranten. Parallel geht die Partei in 7 Gemeinden an den Start.
Die KPÖ hat die Themen Neutralität, Sozialstaat und öffentliches Eigentum zu ihren zentralen Anliegen erkoren.
„Die KPÖ ist eine kleine Partei, sie kann keine Bäume ausreißen. Sie zeigt aber auf, was die anderen verschweigen.“ (Wahlplattform der KPÖ)
Dem ersten Teil dieses Zitates kann ich voll zustimmen. Das Wahlprogramm wirkt sehr bemüht, regionale Aspekte sind großteils ausgespart und lässt Konkretes vermissen.
„Die KPÖ ist sich bewusst, dass für sie angesichts des undemokratischen Wahlrechts und der 4-Prozent-Klausel derzeit ein Einzug in den Landtag unwahrscheinlich ist. Wenn sie trotzdem kandidiert, dann um in einer Phase intensiverer politischer Diskussion Grundsatzpositionen und gesellschaftliche Alternativen darzulegen.“ (Wahlplattform der KPÖ)
Wo ist die kämpferische Partei, die selbstbewusst und selbstsicher für ihre Werte steht, unabhängig von Prognosen und Kaffeesudleserei?
Nur wer Visionen hat und diesen auch folgt kann nachhaltig gesellschaftsrelevante Veränderungen bewirken. Diesen Esprit kann ich leider nicht finden und das find ich schade – ganz echt!

Michi Schoissengeier, Kulturarbeiterin Lokalbühne Freistadt und Fiftitu%

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