Seit Jahren (real) sinkende Kulturbudgets, jetzt mit Strafzuschlag?

Kulturrat Österreich fordert: Keine Mehrwertsteuererhöhung auf Kunst und Kultur! Auftauen des seit langem eingefrorenen Kunstbudgets!

Inflationsausgleich im Kunstbudget? Fehlanzeige. Gar eine Budgeterhöhung über der Teuerungsrate? Die letzte liegt so lange zurück, dass sich kaum jemand unter den Kulturschaffenden daran erinnern kann. Zugang zu Kunst und Kultur erleichtern? Nein, denn jetzt sollen auch die KonsumentInnen von Kunst und Kultur zur Kasse gebeten werden. Sparen ist angesagt im freien, zeitgenössischen Kunstschaffen, und das schon seit vielen Jahren. Bisher ging das zu Lasten der KünstlerInnen und KulturarbeiterInnen, mit der Mehrwertsteuererhöhung wird jetzt auch eine Zugangserschwernis für das Publikum erzeugt und folglich die finanzielle Schraube auf Seiten der KünstlerInnen und KulturarbeiterInnen noch ein Stückchen weiter angezogen. Nachdem die Eckpunkte der Steuerreform 2015/2016 im MinisterInnenrat präsentiert wurden, wird deutlich: Die punktuelle Erhöhung der Mehrwertsteuer ist nur eines der Debakel.

Was soll sich konkret ändern

Abgesehen davon, dass die Regierung zur Steuerreform bisher mehr Theaterdonner als konkrete Inhalte vorgelegt hat, scheint derzeit – dem MinisterInnenratsbeschluss entsprechend – Folgendes klar zu sein: Mehrwertsteuererhöhung um drei Prozentpunkte für „kulturelle Dienstleistungen, Museen, Filmvorführungen etc.“. Zusätzlich soll das Bundesfinanzrahmengesetz in den wesentlichen Grundzügen bis 2019 fortgeschrieben werden, womit auch sämtliche Kunst-Förderungen eingefroren werden. Was bedeutet das für Kunst und Kultur? Im besten Fall ein Festschreiben der seit vielen Jahren stagnierenden Budgets, unter denen die Kleinen wie die Großen im Kunstbetrieb zunehmend in die Knie gehen.

Und sonst? Maßnahmen im Bereich der Arbeitslosenversicherung wie der Mindestsicherung bleiben vage, sollen jedenfalls nicht mehr kosten, aber mehr Anreize zur Arbeitsaufnahme schaffen. Wer die Änderungen der letzten Jahre in diesen Bereichen verfolgt, kann das nur als gefährliche Drohung verstehen. Allein die Tatsache, dass die entsprechenden Vorhaben unter dem Schlagwort „Bekämpfung von Sozialbetrug“ laufen, ist ein klares Statement gegen Erwerbslose und Mindestsicherung-BezieherInnen. Wie die geplanten Einsparungen auf Länder- und Gemeindeebene aussehen werden, ist noch nirgends formuliert. Demgegenüber steht eine steuerliche Entlastung von Menschen „im unteren und mittleren Einkommensbereich“, womit die Regierung Jahreseinkommen bis 90.000 Euro meint. Wer aufgrund von Einkünften unter der Einkommensteuergrenze schon bisher keine Einkommensteuer zahlen musste, soll mit Steuergutschriften für Sozialversicherungsbeiträge bedacht werden, eine „Negativsteuer“ von max. 400 Euro pro Jahr ist vorgesehen (bisher: 100 Euro).

Verteuerung hat Signalwirkung

Zweierlei bekamen Kunst- und Kulturschaffende in den letzten Jahrzehnten gebetsmühlenartig zu hören: Seid froh, dass das Geld nicht auch nominell weniger wird. Und: Sorgt für andere Einnahmen und Geldquellen. Wie das nun zusammengehen soll, darüber haben sich die Steuerreform-VerhandlerInnen keine Gedanken gemacht. Ein Ausgleich für die steigenden Kosten ist nicht vorgesehen – zum Handkuss kommen einmal mehr die Aktiven im Feld und nun auch deren Publikum, das keineswegs nur aus Menschen besteht, denen ein paar Euro mehr pro Eintrittskarte nicht weh tun.

Kunstminister Ostermayer dazu: „Daran wird deutlich, dass uns Kunst und Kultur etwas wert sind.“

Im Rahmen einer Veranstaltung der Gesellschaft für Kulturpolitik auf den Stellenwert von Kunst und Kultur angesprochen, meinte Bundesminister Ostermayer: Das Faktum, dass außer dem Kunst- und Kulturbudget alle anderen MinisterInnenbudgets gekürzt wurden, mache doch die Wertschätzung der Regierung für Kunst und Kultur deutlich. Wertschätzung drückt sich demnach nicht in einer ausreichenden Dotierung, sondern in einer realen Senkung des Budgets aus. Und das im Wissen, dass bereits 2008 in der Studie zur sozialen Lage der Kunstschaffenden (im Auftrag der damaligen Kunstministerin Schmied) klargestellt wurde, dass die Einkommen im Feld katastrophal niedrig sind. Die Armutsgefährdung von KünstlerInnen lag fünfmal so hoch wie bei den Erwerbstätigen insgesamt. An dieser Situation hat sich bis heute nichts geändert. Sie hat sich im Gegenteil sehr wahrscheinlich verschlimmert. Und nun soll die Situation auch noch durch absehbare Einbußen im Kartenverkauf aufgrund höherer Eintrittspreise verschärft werden.

Für ein Ende der Belastungspolitik!
Für ein Ende des Schönredens!

Die Formel „Alle müssen ihren Beitrag leisten“ aus dem Mund eines/einer PolitikerIn war immer schon eine politische Bankrotterklärung. Die Übersetzung: Ändern will ich nichts, Neues interessiert mich nicht, wenn ich den Reichen eine Kleinigkeit wegnehme, haben die Armen gefälligst auch zu zahlen. Politik hat sich an der Gesellschaft zu orientieren, nicht am Budget. Eine Entscheidung für die Erhöhung der Mehrwertsteuer in den Feldern Kunst und Kultur oder für das Einfrieren von Kultur-Subventionen wird das Budget nicht retten, dafür aber Handlungsspielräume einschränken, Strukturen nachhaltig belasten sowie Kunst und Kultur und damit der Gesellschaft als Ganzes langfristig Schaden zufügen. Die Rede von der Wertschätzung bleibt vor dem realpolitischen Hintergrund der letzten Jahre rhetorische Floskel. Wertschätzung für Kunst und Kultur muss sich auch beweisen!

 

http://kulturrat.at/agenda/brennpunkte/20150325

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