Positionspapier zur Bewerbung für die Kulturhauptstadt 2009

KUPF-Positionen zur Bewerbung von Linz als Europäische Kulturhauptstadt 2009

 

Die Stadt Linz möchte sich als europäische Kulturhauptstadt 2009 bewerben. Dieses EU-Kulturprogramm existiert seit 1985 und wird von der Europäischen Kommission folgendermaßen definiert: „Der Reichtum, die Vielfalt und die Gemeinsamkeiten des kulturellen Erbes in Europa sollen herausgestellt und ein Beitrag zu einem besseren Verständnis der Bürger Europas füreinander geleistet werden.“ Es wird eine gewaltige Herausforderung für die Stadt Linz ihre Bewerbung für 2009 vor diesem Hintergrund auf einem fortschrittlichen Kulturbegriff, jenseits des beliebten Mottos Kultur für alle(s und nichts), aufzubauen. Denn, wie aus der Definition ersichtlich, wird hier von vornherein mit einem konservativen Kulturbegriff geliebäugelt. So stellt sich natürlich die Frage, welcher Kulturbegriff vonseiten der EU aber auch seitens der Bewerberin diesem Unterfangen zugrunde liegt und liegen wird.

Nicht nur schwer verdauliche Begriffe wie „Reichtum“, „kulturelles Erbe“, oder „Bürger Europas“, stimmen nachdenklich. Praktische Erfahrungen aus Graz zeigen, dass Vorsicht und vielmehr noch Vorausschau und Weitblick angesagt sind, wenn es um die Diskussion Linz als Europäische Kulturhauptstadt 2009 geht. Wieso bewirbt sich die Stadt Linz für eine europäische Kulturhauptstadt? Tatsächlich wird hier zumeist mit ökonomischen Faktoren wie Umwegrentabilität, Stadtmarketing oder einem verbesserten Wirtschaftsstandortfaktor argumentiert. Einen „Erfolg“ einer Kulturhauptstadt in steigenden Tourismuszahlen zu messen, scheint mehr als bedenklich und führt nur zu leicht in eine dumpf statische Repräsentationskultur.

Vielmehr sollte es darum gehen, ein kulturpolitisch ebenso tragfähiges wie andauerndes und fortschrittliches Grundgerüst jenseits eurozentristischen Kleingeistes zu entwickeln. Kein Großevent in Form eines ein-jährigen Feuerwerkes zu planen, das ebenso schnell zerfällt, wie es aufleuchtet. „Ein Strohfeuer, das Asche hinterlässt“ befürchtet der Salzburger Landeshauptfraustellvertreter Raus und begründete so den Rückzug der Bewerbung der Mozartstadt. Deshalb fordert die KUPF vehement Vorhaltigkeit wie Nachhaltigkeit in der Kulturpolitik ein. Zu beleuchten ist nicht nur das Jahr 2009 sondern die Entwicklung bis 2008 und ab 2010. Da zu befürchten ist, dass gerade initiative, zeitgenössische Kulturarbeit, unter der Last unseres „kulturellen Erbes“ dahinvegetiert und im Schatten kostspieliger neuer Großbauten und bestehender Kulturpaläste verkümmert. Zudem besteht eine der wenigen Perspektiven für die KulturarbeiterInnen hierzulande in Form billiger Arbeitskräfte für kulturelle Großprojekte. Dennoch kann die Bewerbung unter bestimmten Voraussetzungen neben unzähligen Risken, die ein derartiges Projekt mit sich bringt, eine Chance für die Hauptstadt und das Land darstellen: Entscheidungsprozesse müssen demokratisiert werden. Dabei geht es auch um eine transparente Planung wie Gestaltung.

Es muss ein Konzept entwickelt werden, wie die lokale und regionale Kulturszene bereits im Vorfeld gefördert und aufgebaut werden kann, damit einer weiteren Verhärtung des „Stadt-Land-Gefälles“ entgegengewirkt werden kann und die bestehende lebendige und vielfältige Kulturszene Oberösterreichs auch nach 2009 bestehen kann. Signale, wie eine 15%-Budgetsperre oder das Einfrieren von Fördergeldern auf einen Minimalbetrag, die eine kontinuierliche Arbeit unmöglich machen, wie sie seitens des Landes und seiner (Kultur)Hauptstadt gesetzt werden, weisen dabei deutlich in eine falsche Richtung und lassen Schlimmes befürchten. Es muss überlegt werden, wie so genannte gesellschaftliche „Randgruppen“ in den Mittelpunkt des kulturellen Geschehens gelangen können. Wie können verstärkt Partizipationsmöglichkeiten von MigrantInnen in das soziale, politische wie kulturelle Leben und in Entscheidungsfindungen dieser Gesellschaft geschaffen werden? Es geht darum, nationalstaatlichen Modelle und jene eurozentristische Sichtweise zurückzuweisen, auch unter besonderer Bedachtnahme auf die Vergangenheit der Landeshauptstadt, welche ja bekanntlich bereits einmal als Kulturhauptstadt galt. Und es geht auch darum Gegenmodelle zu bestehenden Geschlechterkonstruktionen, jenseits eines gemainstreamten genderings, zu entwickeln.

Eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für Kulturarbeit in diesem Land hat für die KUPF oberste Priorität. Kultureller Fortschritt ist immer auch mit einer Portion Mut verbunden, Mut zum Experiment, zu einem vielfältigen, partizipativen kulturellen Leben, das wird von der KUPF als Dachverband von über 90 Initiativen in Oberösterreich eingefordert.

Zum geplanten Linzer Musiktheater (2004)

Positionspapier der KUPF – Kulturplattform Oberösterreich.

 

zu Lasten der freien Szene?
Der geplante Bau eines Musiktheaters sorgt auch innerhalb der KUPF seit geraumer Zeit immer wieder für Diskussionen. Einerseits die grundsätzliche Zustimmung zur Erweiterung der kulturellen Vielfalt in Oberösterreich, andererseits die Befürchtung, dass ein derart kostspieliges Projekt sowohl was die Errichtung als auch den laufenden Betrieb des Theaters betrifft, zu Lasten der freien Szene, zum Nachteil alternativer Zeitkultur geschehen könnte und damit die infrastrukturelle und finanzielle Schieflage zwischen “Hochkultur” und alternativer Kulturarbeit noch verschärfen würde. Der Standpunkt der KUPF zum Musiktheater ist daher wohl am ehesten mit einem zaghaften ja, begleitet von einem lauten und deutlichen aber zu beschreiben.

Wirkungsmöglichkeiten
Wenn das Musiktheater gebaut wird, muss zum einen überlegt werden, wie die die freie Szene, die die regionale, alternative Zeitkultur in diese geänderten Rahmenbedingungen eingebunden werden kann. Im Grundsatzbeschluss des Oberösterreichischen Landtags zur künftigen Aufgabenstellung, Weiterentwicklung und Angebotsverbesserung des oberösterreichischen Landestheaters heißt es dazu, dass zeitgenössischen Autoren – müsste allerdings auch für Autorinnen gelten – ein Wirkungsfeld geboten werden soll, die Wirkungsmöglichkeiten des Mediums Theater durch Experimente ausgelotet und aktualisiert, die künstlerische Auseinandersetzung gesucht werden soll, das Theater als multifunktionales Theater des 21. Jahrhunderts Ausdruck der gesellschaftlichen Entwicklung werden soll und ganz besonders löblich: “ein Haus, das Gastspiele und interkulturellen Austausch ermöglicht und Projektpartnerschaften mit lokalen Kulturschaffenden und der freien Szene eingeht.” Das sind Grundsätze an denen nichts auszusetzen ist – es bleibt allerdings abzuwarten, in wieweit sie umgesetzt werden.

Ressourcen erhalten
Der Vorsatz, die lokale Szene in den Theaterbetrieb einzubinden ist – wie gesagt – gut und schön. Es kann aber nicht nur um die Einbindung ortsansässiger KünstlerInnen in Produktionen des neuen Theaters gehen, es muss viel mehr die Existenz einer alternativen Kunst und Kulturszene gesichert werden. Deshalb fordern wir auch weiterhin eine mutige, zukunftsorientierte Kulturpolitik, die verstärkt auf die Bedürfnisse und Anforderungen lokaler, freier Kulturinitiativen eingeht, und für die unzähligen (meist ehrenamtlichen) AktivistInnen Zukunftsperspektiven eröffnet. Bestehende freie Kulturinitiativen müssen finanziell unabhängig agieren können. Darüber hinaus müssen Ressourcen für neue kritische Projekte erhalten bleiben, damit eine vielfältige Kulturlandschaft in Oberösterreich auch für die Zukunft gewährleistet bleibt.

Kulturelle Vielfalt

muss auch innerhalb des Hauses oberstes Prinzip sein. Im Grundsatzbeschluss des Landtages wird ein Mehrspartenhaus, für Schauspiel, Musiktheater (Oper, Operette, Musical), Tanz, sowie Kinder- und Jugendtheater proklamiert. Hier sollte vor allem darauf Bedacht genommen werden, dass mehr Sparten als die lukrativen wie Musical und Operette Raum finden. Das Musiktheater Linz muss in der Achse Wien Salzburg München eine eigene Position in Richtung Offenheit, Zeitkultur und alternativer Produktion finden. Wir fordern daher ein mutiges, modernes Musiktheater, das sich besonders abseits von Operette und Musical positioniert, das durch moderne (Bühnen)Technik und Saal-Architektur neue Entwicklungsmöglichkeiten für zeitgemäßes Musiktheaterschaffen ermöglicht.

Standortfrage
Offenheit und Mut ist auch hinsichtlich des Standorts des Musiktheaters gefordert. Unter den vier verbleibenden Standortempfehlungen der Expertenkommission befindet sich auch jener zwischen Lentos und Brucknerhaus, einer der letzten freien Plätze in dieser Stadt. Gerade dort ein weiteres Gebäude hinzupflanzen, wäre weniger ein Zeugnis für Offenheit und Weitblick als für Enge und Beschränktheit. Der Donaupark zählt wohl zu den wichtigsten Erholungsgebieten der Linzerinnen und Linzer, die ihn auf unterschiedlichste Weise nutzen. Auch aus architektonischer Sicht ist die Vorstellung, das in der freien Fläche zwischen Brucknerhaus und Lentos, die den Charme der Gebäude erst so richtig zur Geltung bringt, künftig noch eine Bauwerk ranken soll, nichts abzugewinnen. Es erscheint auch wenig sinnvoll – um es mit Stella Rolligs Worten auszudrücken (OÖN, 4.2.2004) – durch die Zusammenballung zu vieler Kulturstandorte an einem Platz Gettoisierungen zu schaffen.

die beste Lösung
Wenngleich wir im Gegensatz zu Bürgermeister Dobusch (der “seinen Urfahrmarkt” – wie es scheint – mit Zähnen und Klauen verteidigt) auf den Urfahrmarkt gerne verzichten können, plädieren wir dennoch für den ursprünglich geplanten Standort im Berg. Schon aus wirtschaftlichen Überlegung ist diese Variante die überzeugenste. Einerseits wären die bereits getätigten Investitionen nicht in den Sand gesetzt, andererseits wäre so eine direkte Anbindung der alten Theaterwerkstätte an das neue Musiktheater möglich und damit künftige Wege- und Transportkosten minimiert. Mit der gehörigen Portion Mut wäre diese Lösung auch politisch durchsetzbar. Das viel gebrauchte Argument, es würde nicht gegen den Willen der OberösterreicherInnen entschieden, die sich in der rechtlich unverbindlichen Volksbefragung gegen das Theater im Berg aussprachen, entbehrt jeglicher Überzeugungskraft. Schließlich wurde damals grundsätzlich nach dem Bau eines Musiktheaters und nicht nach einem möglichen Standort gefragt. Da dürfte eben gar kein Musiktheater gebaut werden. Wir ersuchen die verantwortlichen PolitikerInnen an dieser Stelle, das Volk nicht dümmer zu verkaufen als es ist. Wenn schon gegen den so hoch geachteten “Volkswillen” entschieden wird, ist es wohl das mindeste nicht irgendeine – von der Expertenkommisson für gut befundene – sondern die beste Lösung zu suchen. Wir fordern von den politisch Verantwortlichen daher eine ebenso mutige wie offene Entscheidung in der Standortfrage.

Positionspapier: Mittelfristige Finanzierung (2004)

Positionspapier der KUPF – Kulturplattform Oberösterreich.

Schon Ende der 90er Jahre hat die KUPF die Forderung nach verbindlichen, mittelfristigen Förderzusagen zu einem Schwerpunkt gemacht. Gerade das Jahr 2004 machte deutlich, wie sehr Kulturinitiativen – angesichts einer prekären Finanzsituation des Landes Oberösterreich – mit Unsicherheiten, die Planung, die Budgets betreffend konfrontiert sind.
Verbindliche, abgesicherte Förderzusagen und -verträge würden bedeuten, dass für die Kulturinitiativen die Planungssicherheit gegeben ist, die Planung allgemein seriöser erfolgen könnte, und sowohl für die Kulturinitiativen als auch für die Verwaltungsebene erhebliche Entlastungen des Arbeitspensums möglich wären.

Die KUPF fordert daher:

  • Abschluss mittelfristiger Finanzierungsverträge (mit Inflationsanpassung) für alle interessierten oberösterreichischen Kulturinitiativen und Kulturstätten für mindestens 3 Jahre.
  • Die Möglichkeit ausserhalb dieser Finanzierungsverträge um Projekt- und Investitionsförderung anzusuchen.
  • Die Nachverhandlung mittelfristiger Förderverträge in einem Jahr in dem keine Landtagswahlen stattfinden.
  • Die Möglichkeit für die Kulturinitiativen und -stätten innerhalb des Zeitraums der mehrjährigen Förderung Rücklagen zu bilden.

     

     

  • Eine entsprechende Evaluierung nach der ersten Runde mehrjähriger Förderungen

Das Finanzierungsmodell

 

  • Bindungsbeschluss & Anhebung des Budgets für Zeitkultur im Budgetlandtag
  • Abschluss der Mehrjahres-Finanzierungsverträge zwischen den Kulturinitiativen bzw. -stätten und den zuständigen BeamtInnen der Landeskulturdirektion
  • Die Abrechnung soll – im Sinne einer besseren Planbarkeit – jährlich, mit saldierten Originalbelegen erfolgen, bei grösseren Vereinen mit dem von der Jahreshauptversammlung bestätigten Jahresabschluss
  • Vor Ablauf der Vertragsfrist müssen die Verträge zwischen Kulturinitiativen bzw. -stätten und Verwaltung nachverhandelt werden.

     

     

Bindende – zentrale Vertragspunkte

 

 

  • Die Richtlinien der Kulturförderung des Landes Oberösterreich sind integraler Bestandteil der Verträge
  • Fixierung des Zeitraumes, des Gesamtbetrages der mehrjährigen Förderung, sowie Aufschlüsselung der Auszahlungsbeträge
  • Die Kulturinitiativen bzw. -stätten sind vertraglich angewiesen ein ausgeglichenes Rechnungsergebnis anzustreben, und die Förderungen widmungsgemäss zu verwenden
  • Massnahmen zur begleitenden Kontrolle seitens des Fördergebers sind im Sinne des Förderungsvertrages des Landes Oberösterreich vertraglich abzusichern.
  • Die Kulturinitiativen bzw. -stätten verpflichten sich zu Jahresbeginn eine Programmvorschau und einen Budgetplan (Einnahmen und Ausgaben) für das laufende Jahr vorzulegen.

 

 

 

 

Vorteile für die Kulturinitiativen bzw. -stätten

  • Sicherheit gegenüber Dritten
  • Rechtmässige Verträge können über die Jahresgrenze hinaus abgeschlossen werden
  • Die Qualität der Arbeit wird gesteigert. Der bürokratische Aufwand wird weniger.
  • Erleichterung i.d. Verhandlungen gegenüber anderen Gebietskörperschaften
  • Die Zielerstellung und Erfolgskontrolle wird erleichtert
  • Der Finanzierungsbedarf wird längerfristig erhoben
  • Überbrückungskredite können leichter verhandelt werden. Überziehungszinsen fallen nicht so schnell an.

     

     

  • Längerfristige Projektplanung wird ermöglicht

Nachteile für Kulturinitiativen bzw. -stätten

 

  • Der Landtag muss die Mehrjahresverträge genehmigen
  • Mehrjährige Ansuchen müssen erarbeitet werden
  • Die Fördersummen für den laufenden Betrieb sind fixiert

Vorteile für den Fördergeber

 

 

 

 

 

  • Arbeitsersparnis innerhalb des Amts
  • Mittelfristige Planung wird auch auf Ebene der Verwaltung möglich
  • Erleichterung bei Subventionsabrechnungen
  • Entwicklung der Zeitkultur wird positiv beeinflusst, durch das Freiwerden von Ressourcen bei den Kulturinitiativen bzw. -stätten.

Positionspapier:Freie Medienarbeit in Kunst und Kultur (2002)

 

Freie Medienarbeit ist Kulturarbeit und Ausdruck einer partizipativen Demokratie. Sie schafft durch “Public Access” Möglichkeiten selbst kulturelle und künstlerische Inhalte im Internet, im Radio, im Fernsehen oder in Zeitschriften und Zeitungen zu gestalten und vermittelt Medienkompetenz.

Freie Medienarbeit stellt eine öffentliche Aufgabe dar, da Medien als wichtiges gesellschaftliches Machtinstrument ein Sensor für die Demokratiefähigkeit einer Gesellschaft sind.

Die KUPF fordert:

  • Das Land Oberösterreich soll einen Medientopf einrichten: für die Finanzierung freier, nicht-kommerzieller Medienarbeit, d.h. für multifunktionale Medienwerkstätten, die angekoppelt an Kulturinitiativen offenen Zugang zu Medien und Produktionsmöglichkeiten schaffen und für breite Bevölkerungsschichten Medienkompetenz vermitteln.
  • die verstärkte Förderung der “Knoten” servus.at und der Freien Radios
  • Förderung unterschiedlichster Medienkultur-Projekte
  • Dotierung: anfänglich 1,5 Mio. EUR pro Jahr, auszubauen auf 2,5 Mio. EUR pro Jahr

gespeist aus Mitteln der Ressorts Bildung, Wirtschaft und Kultur; Verwaltung durch das Kulturressort; Subventionsvergabe auf Vorschlag eines Beirats

Darüber hinaus sind im Kulturressort die Entwicklungen im Bereich Internet und Medienkunst verstärkter zu berücksichtigen, vor allem durch die Förderung der Eigenpräsentation der KünstlerInnen und Kulturorganisationen im Internet und durch eine stärkere Bedachtnahme auf die Entwicklungen der Informationsgesellschaft im Rahmen der Gemeindekultur- und Regionalpolitik.

Positionspapier zum „Zeitungsversand neu“ (2002)

Positionen der IG Kultur und der Kulturplattform OÖ bezüglich Zeitungsversand

 

Die vorgeschlagenen neuen Tarifmodelle für den Zeitungsversand sind aus Sicht der Interessenvertretungen freier, gemeinnütziger Kulturinitiativen nicht akzeptabel.
Wenn auch einige unserer Forderungen, die wir im Sommer gestellt haben, eingearbeitet wurden, so sind doch – abgesehen von den exorbitanten Preiserhöhungen – noch einige Punkte abzulehnen.

Die Kritikpunkte im Konkreten beim Tarif Sponsoring-Post

  • Die Mindestauflage von 1000 Stück schließt viele gemeinnützige Organisationen vom Zeitungsversand aus. Eine Absenkung auf die alte Zahl von 300 Stück ist unbedingt erforderlich. (Punkt 9.3)
  • Das Verbot von Fremdbeilagen nimmt den gemeinnützigen Organisationen eine Möglichkeit, Eigeneinahmen zu lukrieren, und ist durch nichts zu rechtfertigen. Eine Aufhebung dieses Passus ist unbedingt erforderlich. (Punkt 8.3)
  • Die lange Zustelldauer von bis zu 6 Werktagen macht es für viele Organisationen schwierig, ihre Aussendungen termingerecht zu planen und verschicken. Anzustreben ist eine Zustellunginnerhalb spätestens am fünften Tag ab Aufgabe (ausgenommen Samstag, Sonntag). (Punkt 11)
  • Die Erhöhung der Jahresgebühr von 2000 ÖS auf 2752,06 ÖS (200 €) ist durch nichts zu gerechtfertigen, und in Relation zur Jahresgebühr für die anderen Tarifmodelle von 150 € überhöht. Auch die Umrechnung der Vertragsgebühr von 1000 ÖS auf 75 € (= 1032,02 ÖS) bzw. der Jahresgebühren der anderen Tarifmodelle (von 2000 ÖS auf 150 € = 2064,05 ÖS) entspricht nicht geltenden Regeln und ist eine verdeckte Preissteigerung. (Punkt 12.2 und 12.3)

     

     

  • Einzig beim Sponsoring-Post-Tarif werden verschiedene Tarife je nach Sortierung der Publikationen gefordert (Ortsbunde – Leitzonen). Dadurch wird das Tarifmodell intransparent, weitere versteckte Erhöhungen sind die Folge. Wie bei den anderen Tarifmodellen ist es erforderlich, ein einheitliches Tarifmodell anzubieten. (Punkt 12.1)
  • In den sehr geläufigen Gewichtsklassen bis 70 Gramm ist bei Sponsoring-Post der Tarif für Ortsbunde nur bei “Maschinenlesbarkeit” des Versandstücks möglich. Durch die rigiden Bestimmungen dafür (Höchstformat: 16*23,5 cm, Kuvertierung) können viele Publikationen diesen Tarif nicht in Anspruch nehmen und müssen zusätzliche Erhöhungen um weitere 50% in Kauf nehmen.
  • Da diese Anforderungen nicht für die anderen Tarifmodelle vorgeschrieben sind, fordern wir ersatzlose Streichung dieser Bestimmungen (Punkt 12.1)
  • Die Erhöhungen der Tarife Bewegen sich in einem Ausmaß, das für gemeinnützige Organisatonen nicht zu verkraften ist, und die dem § 4 Abs. 1 des Postgesetzes 1997 (Universaldienst) wohl kaum entsprechen.
  • Die Erhöhungen betragen im ersten Jahr bis zu 175% (bei 50g ohne Maschinen-lesbarkeit), und bis 2004 bis zu 518% (bei 60g ohne Maschinenlesbarkeit). (Tabelle anbei). Es ist seitens der Post notwendig, auf die Bedürfnisse und Möglcihkeiten gemeinnütziger Organisationen einzugehen (wie auch im Postgesetz § 4 Abs. 1 gefordert) und die Tarife für gemeinnützige Organisationen dementsprechend zu gestalten. Aus Sicht der gemeinnützigen Organisationen ist keine weitere erhöhung der Tarife mehr verkraftbar. (Punkt 12.1)
  • Durch diese Erhöhungen und Nebenbedingungen sind die Tarife für Sponsoring-Post oft höher als die Tarife für Tages-, Wochen- oder Monatszeitungen (siehe Tabelle). Diese Preisgestaltung ist mit gesundem Volksverstand nicht mehr nachvollziehbar und steht in krassem Gegensatz zu § 4 Abs. 1 des Postgesetzes, wonach auch auf “gesamtwirtschaftliche regionale und soziale Aspekte sowie auf die Nachfrage der Kunden Rücksicht zu nehmen” ist. Die Tarife für gemeinnützige Vereine sind dementsprechend auf ihre (finanziellen) Möglichkeiten abzustimmen, weitere Preiserhöhungen sind somit abzulehnen. (Punkt 12.1)

Positive Änderungen beim Tarif Sponsoring-Post

 

  • Es ist zu begrüßen, daß die Versandberechtigung sich aus der Trägerschaft des Herausgebers ableitet und die unzeitgemäße Versandbeschränkung an Mitglieder gefallen ist. Allerdings ist ein Verweis auf das Vereinsgesetz 1951 bedenklich, weil zur Zeit eine völlige Neufassung erarbeitet wird. (Punkt 3)
  • Auch der Wegfall gestalterischer Vorgaben (früher: midestens 4 Seiten) ist positiv zu bewerten, wird allerdings durch die Bedingung der Maschinenlesbarkeit wieder wettgemacht.
  • Die Höchstdauer von 6 Wochen bis Vertragsabschluß bietet den Herausgebern schnell Klarheit und Planungssicherheit.

 

 

 

Positionspapier: Die Post bringt alle um? (2001)

Udo Danielczyk hat die neuen Tarifmodelle der Post für den Zeitungsversand durchgerechnet.

 

Fast mit einem seeligen Lächeln erinnern wir uns an letzten Herbst, als die Post mit der Ankündigung, die Tarife für den Zeitungsversand um gut 30 Prozent zu erhöhen, für allgemeine Verschreckung und hektische Betriebsamkeit unter gemeinnützigen Organisationen sowie kommerziellen Medienanbietern sorgte.

Damals noch, als quasi unerfahrene Neulinge in schwarzblauer „speed kills“-Politik, sahen wir das Ende von Meinungsfreiheit, Kulturinitiativen und der Demokratie gekommen. Wegen lächerlicher, mieselsüchtiger 30 Prozent Erhöhung der Zeitungsversandtarife.

Eigentlich hätten wir es ja wissen müssen, dass das bestenfalls die Vorhölle war, ein laues Lüfterl sozusagen. Besonders weil die neuen Tarife auf ein Jahr begrenzt waren und die Post somit ein neues Tarifmodell vorstellen musste. Was Ende Juli geschah und letztendlich einen echten Sturm entfachte.
Die Post stellte gleich 4 neue Tarifmodelle vor, mit jährlichen Preissteigerungen bis ins Jahr 2004. Publikationen sind künftig in 4 Kategorien eingeteilt: Neben den Tarifen für Tageszeitungen, Wochenzeitungen und Monatszeitung wurde auch unter dem Namen „Sponsoring-Post“ ein angeblich besonders günstiger Tarif für die Publikationen von Vereinen, gemeinnützigen und karitativen Organisationen vorgestellt. Was sicher auch auf Verhandlungen der KUPF und der IG Kultur Österreich mit Vertretern der Post zurückzuführen ist.

In einer ersten Sitzung hat (auch nach massiven Protesten von MedienherausgeberInnen, NPO’s und letztlich auch Regierunsmitgliedern) die Preiskommission diese Tarifmodelle der Post abgelehnt und diese aufgefordert, neue Kalkulationen vorzulegen. Bis 25. September will die Post in Verhandlungen mit betroffenen Organisationen neue Kalkulationen vorlegen. Allerdings ist nicht zu erwarten, dass die Post in einem Anfall von Großzügigkeit die Tarife auf das Niveau von 2000 zurückschraubt und auch die Mindestauflage von derzeit 1000 wieder auf 300 Stück senkt.

Schuld an dieser Entwicklung ist natürlich nicht die Post: Sie beruft sich auf die Tatsache, dass ihr die Regierung die Erbringung gemeinnütziger Leistungen (wie eben den vergünstigten Postzeitungsversand) nicht mehr rückvergütet (1999 noch ca. eine Milliarde, 2001 immerhin noch 200 Millionen ÖS).
Schuld daran ist natürlich auch nicht die zuständige Ministerin Forstinger: Sie habe nur die Möglichkeit, die Veröffentlichung der Tarife und somit deren Inkrafttreten zu unterbinden. (Was auch nicht so gut wäre: Dann würden nämlich sofort die teureren Tarife für Info-Mail mit persönlicher Anschrift in Kraft treten.)

Schuld ist auf keinen Fall der Herr Staatssekretär für Kunst und Medien, der davon ausgeht, „dass das in diesem Ministerium (dem Infrastrukturministerium; Anm.) gelöst wird.“ Und der auch einen Zusammenhang zwischen dem Anstieg der Preise und der Streichung der Rückvergütung durch den Bund an die Post negiert, in dem er eben Presseförderung und Stützung des Zeitungsversandtarifs durcheinanderwirbelt: „Das eine ist Sache der Post, das andere die Presseförderung.“

Schuld ist natürlich auch nicht der smarte Herr Finanzminister, der für uns Österreicher nur das eurokonforme Beste will: uns von der altsozialistischen Schuldenlast in ein Nulldefizit retten und allen Staatsbesitz verscherbeln.
Schuld ist wohl auch nicht Kanzler Schüssel – stellvertretend für die ganze Regierung, die zwar das Ehrenamt (wieder einmal) abfeiern lässt, aber gleichzeitig viele, lange gewachsene Strukturen im Bereich der Kultur- und Sozialinitiativen kalt lächelnd langsam und schleichend umbringt.
Nicht nur speed kills. Die ProponentInnen der Bürgergesellschaft scheinen nach ersten Geschwindigkeitsräuschen auf den Geschmack der Entschleunigung gekommen zu sein.

Abdruck dieses (leicht adaptierten) Artikels mit freundlicher Genehmigung der Zeitschrift „druckaecht“ des KV Waschaecht Wels.

Udo Danielczyk

Die Tarife in der Praxis
Der Teufel schlummert immer im Detail, die über drei Jahre verteilten Preiserhöhungen betragen nämlich im schlechtesten Fall bis über 500 % – und im besten Fall immer noch 160%.
So soll dann der Versand der „KUPF-Zeitung“ (Tarifmodell Spnsoring-Post) in der üblichen Form (32 Seiten, Gewicht: 90 Gramm), dann nicht mehr 95 Groschen (wie noch 2000) oder 1,20 schilling (2001), sondern nächstes Jahr 2,20 ÖS kosten (verteuernd wirkt sich zusätzlich noch aus, dass die KUPF-Zeitung nicht maschinenlesbar, weil über der dafür vorgegebenen Maximalgröße von ca. 16 x 13,5 cm ist). Der Tarif steigert sich über 3,30 ÖS (2003) auf 4,40 ÖS im Jahr 2004. Und liegt somit nach einer Steigerung um fast 240 % gegenüber dem Tarif 2001 (bzw. 360 % gegenüber 2000) bei sonst völlig gleichen Versandbedingungen um 20 % über dem Tarif für Monatszeitungen (3,72 ÖS). Dass der „sozial verträgliche“ Tarif für gemeinnützige Vereine sich in vielen Fällen als teurer erweist als die Tarife für kommerzielle Medien, ist nur die haarsträubendste vieler Ungereimtheiten dieses schlecht durchdachten Preisvorschlags. So sind z.B. beim Tarif „Sponsoring-Post“ durch das Verbot von Fremdbeilagen den Vereinen noch dazu eine Einnahmequelle entzogen worden.

Nähere Informationen entnehmen Sie einer Presseaussendung der KUPF

unter https://kupf.at/akt/pr/pr010820.htm