Anstelle einer Einleitung.
Klemens Pilsl
sucht Inhalt und Sinn der Kampagne sowie der KUPF selbst.
Stefan Haslinger
hat ihm dabei geholfen.
Q:
Was ist die Kampagne „Kulturarbeit ist Arbeit “?
A:Die Bedeutung steckt im Titel,wobei die Kampagne ursprünglich „Und das soll Arbeit sein?“heißen sollte. Mit dieser Frage werden KulturarbeiterInnen,wenn sie nach ihrem Beschäftigungsfeld gefragt werden,sehr oft konfrontiert –weil Kulturarbeit im gängigen Denken mit Freizeitvergnügen und hedonistischer Beschäftigung verbunden wird,aber nicht mit der dahinter steckenden Arbeit. Die KUPF versucht mit der Kampagne die Arbeit,die Initiativen und KulturarbeiterInnen abseits des Sichtbaren (Veranstaltungen,Ausstellungen)leisten,in den Vordergrund zu rücken. Und die Arbeit,die KulturarbeiterInnen leisten,damit es zum Sichtbaren kommt. Das ist für uns der immanent wichtige Teil. Wir haben das übersetzt mit einer demokratiepolitischen Aufgabe –über diesen Begriff könnte man natürlich streiten,aber wir sehen darin das Herstellen von Vernetzungen,das Kreieren von neuen Organisationsformen,das Schaffen von Konfliktfeldern,auf denen auch „Kämpfe “ausgetragen werden.
Q:
Wie wird die Kampagne ablaufen?
A:Die Kampagne findet von 17.April bis 17.Juni 2008 statt und vollzieht sich auf verschiedenen Ebenen:Öffentlichkeitswirksam via Giveaways (Shirts,Postkarten,Sticker,Poster). Medial über Pressearbeit mit den Mainstreammedien,aber auch über die eigenen Kanäle,zum Beispiel freie Radios oder die eingerichtete Homepage.
Diskursiv im Rahmen Diskussionsveranstaltungen in den Regionen oder mit dieser Broschüre.
Q:
Ist es nicht seltsam für eine progressive Organisation wie die KUPF,wenn sie genau weiß,dass eine politische Kampagne von 17.April bis zum 17.Juni dauert?
A:Eine Kampagne muss immer einen Anfang und ein Ende haben. Der Zeitraum massiver Öffentlichkeitsarbeit dauert drei Monate an. Die Inhalte werden aber darüber hinausgehend weiter getragen werden,reflektiert und in neue Arbeitszusammenhänge eingebracht.
Q:
Wenn die KUPF eine Kampagne macht –kommt die an? Verändert das irgendwas?
A:Das wird sich nach dieser Kampagne weisen,denn das ist die erste Kampagne der KUPF. Erfolg wäre auch,wenn sich in der politischen Haltung der KUPF selbst und der Mitgliedsinitiativen etwas verändert,das Bewusstsein,das wir politisch agieren,gestärkt wird.
Q:
Lässt sich so etwas evaluieren,messen:Der Mehrwert,der Nutzen,der Erfolg dieser Kampagne?
A:Wahrscheinlich nicht.Für die KUPF selbst wird die Messbarkeit darin liegen,in wie weit wir die Ergebnisse der Kampagne im Herbst in die Arbeitsprogramme für 2009 und später hineinfließen lassen werden. Um auch die KUPF selbst wieder als eine politische Organisation zu positionieren und nicht als Serviceeinrichtung.
Q:
Die KUPF führt in dieser Kampagne zwei Arbeitsbegriffe zusammengeführt:Einerseits die Sichtbarmachung von Reproduktionsarbeiten für kulturelle Arbeit und andererseits geht es auch um gesellschaftlichen „Mehrwert “,den Kulturarbeit produziert. Warum muss man die eigene Nützlichkeit betonen?
A:Die in der Frage angesprochene Nützlichkeit ist Umwegrentabilität,ist Zahlenmaterial,wie viele BesucherInnen habe ich da und dann. Und die Arbeit,die die Frage als „Mehrwert “bezeichnet hat,wird ja nicht bewertet. Das Anliegen der KUPF ist es den Blick auf Kulturarbeit genau umzukehren –diese nicht über das Veranstaltungsvolumen zu determinieren,sondern zu sagen:„Da ist etwas anderes,was viel wichtiger ist!“Das spannende für die KUPF ist zudem,dass sich sehr viele der Initiativen dieses Wertes gar nicht bewusst sind. Die sich grundsätzlich nicht als politische Initiativen sehen,sondern als Veranstaltungsvereine und kulturelle Nahversorger.
Q:
Das heißt die Öffentlichkeit definiert Kulturpolitik oft über das Leistungsmerkmal der Quantität: ZuschauerInnenzahlen,Anzahl der Flyer und Aussendungen.Und die KUPF würde gerne als „Leistungsmerkmal “ gesellschaftliche Arbeit und Produktivität hervorkehren?
A:Als „Leistungsmerkmal “?So kann man es sicher nennen,aber wir sprechen vom politischen Antrieb,den freie Kulturarbeit immer hat! Der in den 1970ern genuin gegebene Antrieb ist jungen Initiativen nicht mehr inne –die Motivation zu Kulturarbeit ist heute vielleicht eher der Versuch,neue Organisationsformen auszuprobieren. Den explizit politischen Anspruch haben heute nur einige Initiativen. Wir unterstellen aber,dass sie natürlich alle politisch agieren in ihrer Organisationsform,indem wie sie an einem Ort agieren. Sie sind sich oft der politischen Relevanz nicht bewusst,die sie eigentlich einnehmen könnten.
Q:
Das heißt die Kampagne zielt nicht nur auf irgendeine Öffentlichkeit ab,sondern auch speziell auf die Initiativen?
A:Genau.Die Kampagne hat auf jeden all zwei Ebenen. Das eine ist sozusagen die Ebene der kulturpolitischen Öffentlichkeit bis hin zu Huber,Peppi und Mitzi und andererseits ist die Kampagne natürlich auch ganz stark an die
KUPF-Mitgliedsinitiativen und KulturarbeiterInnen gerichtet,im Sinne eines Reflexionsauftrags der KUPF.
Q:
Wir erleben zur Zeit einen Kulturhype,auch bei autonomer Kulturarbeit. Boomt freie Kulturarbeit deswegen,weil die „Linke “im weitesten Sinne sich zunehmend in kulturlinke Positionen und Zusammenhänge zurückzieht?Ist die „Linke “ auf einem Rückzugskampf und ist die Kulturarbeit unser Dschungel,wohin wir uns zurückziehen?
A:Grundsätzlich ist zu befürchten,dass die Linke sich wirklich zurückzieht –genau in dieser Pauschalität;an die Parteienlandschaft überhaupt nicht gedacht,sondern wirklich im Sinne einer linken Hegemonie,wenn man jemals davon sprechen kann. In diesem Kontext ist die These auf jeden Fall gerechtfertigt. Linke Theorien und Diskussionen finden im kulturellen Feld den meisten Platz. Wobei der Link zu Kultur oder Kulturarbeit gar nicht immer gegeben ist,aber es sind oft Kulturinitiativen,die die Räume und die Nischen zur Verfügung stellen, wo diese Diskurse stattfinden können. Das ist auch wieder spannend zu beobachten,weil ja von der linken Parteienlandschaft Kultur nicht als Thema anerkannt wird.
Q:
Wäre die Linke besser beraten,aus diesen Kulturzusammenhängen wieder auszubrechen und offensiv Politik zu machen oder ist Kulturarbeit zu Beginn des 21.Jahrhunderts eine großartige Art und Weise,um Politik und politischen Aktivismus zu betreiben?
A:Sie ist solange eine wirklich großartige Art und Weise,solange keine Instrumentalisierung passiert. Kultur und Kulturarbeit ist ja lange,bis Anfang der 1990er noch,nicht als eigene politische Kraft verstanden worden,sondern eher als Trägermedium,als Vehikel um Inhalte zu transportieren. Solange die Verantwortung über die Diskussion bei den Kulturinitiativen bleibt,kann es durchaus auch eine politische Kraft werden,die entsteht. Begrüßenswert wäre es natürlich,wenn politische Diskurse aus dem kulturellen Feld einen breiten Weg hinaus finden würden.
Q:
Die Versuche gäbe es ja. Es gibt in unserer Gesellschaft Personengruppen,für die Kulturarbeit die einzige Möglichkeit,sich politisch zu betätigen,darstellt. MigrantInnen etwa verfügen über kein Wahlrecht und finden keinen Platz in den traditionellen politischen Betätigungsfeldern. Wird da die Kulturarbeit Label für politischen Aktivismus oder ist es legitim,über dieses Label Kultur ganz konkret Politik zu betreiben?
A:Gerade bei migrantischer Politik ist nicht von Instrumentalisierung zu sprechen,sondern von einer engen Verschränkung von Kulturarbeit und politischer Arbeit. Ohne dass das Eine zu Gunsten des Anderen geopfert wird.
Q:
Zur politischen Genese der KUPF:Die KUPF institutionalisiert sich,auch manche ihrer älteren Initiativen wie Röda,KAPU oder Kino Ebensee sind mittlerweile Institutionen. Ist das eine Gefahr oder eineChance?
A:Es ist dann eine Gefahr,wenn man sich dessen nicht bewusst ist.Die KUPF hat das fast ein bisschen verschlafen,aber sie hat die Kurve noch gekratzt. Die KUPF ähnelt auch in der Institutionalisierungsfrage einer Gewerkschaft:Diese Gratwanderung zwischen Opposition einerseits und andererseits gemeinsame Vorgehensweisen mit dem politischen Gegenüber zu finden. Mit dem Land OÖ oder dem Kulturreferenten Entscheidungen treffen zu müssen,die zum Teil auch gut zu heißen. Wie weit darf man das machen?Für OÖ war es zum Teil gut,dass sich die KUPF institutionalisiert hat,weil sich ihr Gewicht dadurch verändert hat. Wobei durch die Institutionalisierung sicher einiges an politischer Schlagkraft verloren gegangen ist. Ein Röda oder eine KAPU können mittlerweile in ihren Städten ein ganz anderes politisches Gewicht vorweisen,weil sie als Faktoren in diesen Städten anerkannt sind. Es sind nicht mehr die,die nicht einschätzbar sind,was natürlich ambivalent zu betrachten ist,sondern sie verfügen über einen Statusfaktor,der in einer politischen Auseinandersetzung eine Stärke darstellt. Es hängt grundsätzlich von den handelnden Personen da drinnen ab. Die müssen sich der Gefahren und der Macht von Institutionalisierung bewusst sein. Es gibt den Begriff der Postkultur:Man muss davon abkommen, dass Kultur immer per se was Gutes ist. Und sozusagen immer diese ästhetisierende,gestalterische Kraft drinnen hat. Anerkennen,dass Kultur durchaus negative
Formen einer Auseinandersetzung mit sich bringen soll. Das sollte man in der Diskussion um Zukunft von Kulturarbeit mitdenken. Bewusst einsetzen,was wir an kulturellem Kapital in der Hand haben. Die Negation in den Diskurs hineinzubringen.
Q:
Wenn das so ist möchten wir/unser Verein/der ganze Tribe/ meine Band/mein Steuerberater/die ganze Ortschaft an der Kampagne partizipieren. Wie?
A:Gern!Alles was es zu wissen gibt ist auf kupf.at/kampagne zu erfahren.
Stefan Haslinger
ist Geschäftsführer der KUPF und lebt in Wels.
Klemens Pilsl
arbeitet in der KAPU und lebt in Linz.s