Offener Brief der Freien Szene Linz

 

Offener Brief von Initiativen und AktivistInnen der Freien Szene Linz an den Kulturreferenten der Stadt Linz, November 2006.

Sehr geehrter Herr Vizebürgermeister, sehr geehrter Herr Stadtrat, sehr geehrter Herr Kulturreferent Dr. Watzl!

Die Situtation in der Linzer Freien Szene ist höchst prekär. Anläßlich der anstehenden Subventionsverhandlungen zu den „Drei-Jahres-Verträgen“, aber auch im Hinblick auf das Kulturhauptstadtjahr 2009 sehen sich Initiativen, KünstlerInnen und KulturarbeiterInnen der Freien Szene dazu gedrängt, sich mittels eines offenen Briefes an Sie zu wenden.

Als Kulturreferent bekennen Sie sich im Kulturentwicklungsplan der Stadt Linz medienwirksam zu einer pluralistischen Freien Szene. Auch in der Bewerbung für das Kulturhauptstadtjahr 2009 schmücken Sie sich und die Stadt Linz mit den vielfältigen Qualitäten der Freien Szene in Linz.

Ihre politische Praxis gegenüber der Freien Szene gestaltet sich aber widersprüchlich dazu: Die Freie Szene leidet nach wie vor unter grundlegenden strukturellen Mängeln. Diese äußern sich unter anderem in fehlendem Raum (Proberäume, Büros, Ateliers, Werkstätten, Präsentationsflächen, …), fehlender finanzieller Absicherung für freie Initiativen und AktivistInnen und mangelnder öffentlicher und politischer Anerkennung. Dies liegt mitunter in Ihrer Verantwortung als Kulturreferent.

Während in öffentliche Repräsentationsbauten stark investiert wird (AEC-Ausbau, Schlossmuseum, Nordico, Musiktheater …), kämpfen viele der Initiativen und AktivistInnen um Minimalbeträge und ihre Existenz. Dies liegt insbesondere in Ihrer Verantwortung als Kulturreferent.

Die gesamte Situation verschärft sich zusätzlich durch höchst prekäre Beschäftigungsverhältnisse, die eindeutig auf den fehlenden Willen zur Basisfinanzierung zurückzuführen sind. Zahlreiche AktivistInnen der Freien Szene sind gezwungen unter der Armutsgrenze zu leben. Arbeitsbedingungen, Arbeitszeiten und Bezahlung der KulturarbeiterInnen stehen im extremen Ungleichgewicht zueinander. Auch hier können Sie sich einer Verantwortung nicht entziehen.

Wir fordern daher:
– Die bewußte Anerkennung der Freien Szene und ihrer Rolle für die Stadt
Linz — nicht nur am Papier!
– Die langfristige und nachhaltige Struktursicherung der Freien Szene
jetzt sofort, im Jahr 2009 und darüber hinaus!
– Mittelfristige Förderverträge in ausreichender Höhe für alle
kontinuierlich arbeitenden Initiativen, KünstlerInnen und
KulturarbeiterInnen!

– Klare Festschreibung und Handhabung, dass Summen in mittelfristen
Förderverträgen als Mindestsummen und nicht als feststehende
Höchstsummen anzusehen sind!
– Transparente und nachvollziehbare Subventionsentscheidungen!
– Die Öffnung von bestehenden Räumen und die Schaffung neuer Räume für
lokale KünstlerInnen und KulturarbeiterInnen!
– Humane Arbeitsbedingungen und angemessene Bezahlung für
KulturarbeiterInnen gemäß ihrer Qualifikation und Arbeitszeiten!
 

Linz, 23.11.2006

UnterzeichnerInnen:
a.s.a.p www.asap-lab.org
Die Fabrikanten www.fabrikanten.at
FIFTITU% — Vernetzungsstelle für Frauen in Kunst&Kultur www.fiftitu.at
FRO – Freies Radio OÖ www.fro.at

IFEK – Institut für erweiterte Kunst www.ifek.at
IG Kultur www.igkultur.at
KAPU www.kapu.or.at
KUPF – Kulturplattform OÖ kupf.at
Linzer frühling www.linzer-fruehling.at
maiz www.maiz.at

Medea www.servus.at/medea
Moviemento www.moviemento.at
Pangea www.pangea.at
qujOchÖ www.qujochoe.org
Servus.at www.servus.at
Social Impact www.social-impact.at

Stadtwerkstatt www.stwst.at
Tonträger Reords www.trontraeger-records.com
Transpublic www.transpublic.at
Wunderkinder KG www.wunderkinderkg.com
Zach Records www.zach-records.com

Aileen Derieg (Übersetzerin im Kunst- und Kulturbereich)

Andre Zogholy (qujOchÖ, stv. Vorsitzender Linzer Stadtkulturbeirat,
Vorstandsmitglied Kulturplattform Oberösterreich)
Rudolf Danielczyk, MBA (Kulturarbeiter, dzt. Wien)

Forderungen an die Kunst- und Kulturförderpolitik

Verzögerung der Regierungsbildung gefährdet Planungssicherheit! Eine Pressemitteilung des Kulturrat Österreich

 

Wenn SPÖ und ÖVP in dieser Woche erneut ihre Verhandlungen zur Bildung einer großen Koalition aufnehmen, werden auch wichtige Entscheidungen für die österreichische Bundeskulturpolitik getroffen.

Die Verantwortung für die Kunst-, Kultur- und Medienentwicklung darf dabei nicht zum Spielball der Ressortverteilung werden, sondern es bedarf einer Verankerung in einem eigenständigen Ministerium, wie es von den Kunstschaffenden seit langem gefordert wird. Die Qualität und Weiterentwicklung der österreichischen Kunst-, Kultur- und Medienlandschaft wird nicht zuletzt von einer angemessenen, d.h. deutlich erhöhten budgetären Ausstattung abhängen. Für die zeitgenössische Kunst fordert der Kulturrat Österreich eine Erhöhung des
Budgets auf 0,5% des Staatshaushaltes.

Ein besonderes Augenmerk hat der Transparenz und der Zuverlässigkeit der Kunst- und Kulturförderung zu gelten. Angesichts der mit der Regierungsbildung verbundenen Verzögerung der Budgeterstellung befürchtet der Kulturrat Österreich Finanzierungsengpässe für zahlreiche Institutionen und Projekte. Aus diesem Grund fordert der Zusammenschluss
der Interessenvertretungen Planungssicherheit durch einen raschen Abschluss, damit die Sicherstellung der Fördergrundlagen keine Einbrüche erleidet.

Die offenkundig parteipolitisch motivierte Besetzung der Kunstsektionsleitung durch den vormaligen ÖVP-Kabinettschef im Kunststaatssekretariat Helmut Wohnout ist in dieser Hinsicht ein fatales Signal. Sowohl auf politischer wie auch auf Verwaltungsebene bedarf es kompetenter Personen, die das Vertrauen der Kunst- und Kulturschaffenden genießen und die notwendigen Verbesserungen in Angriff nehmen. Die neue Regierung ist angehalten, diesen Erfordernissen Rechnung zu tragen und bei Personalentscheidungen auch für Genderbalance zu sorgen.

Kulturrat-Zeitung Online:
http://kulturrat.at/debatte/zeitung

Kulturrat-Zeitung Download (PDF-File)
http://kulturrat.at/debatte/zeitung/printkulturrat.pdf

Rückfragen
Martin Wassermair
Mobil: +43 (676) 309 49 86

Kontakt
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Gumpendorfer Str. 63b
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