Presseaussendung der Kulturplattform Oberösterreich – KUPF OÖ vom 17. Februar 2020

Gutachten zeigt: Förderungen der KTM Motohall sind rechtswidrig

Die Kulturplattform Oberösterreich hat im Sommer 2019 erstmals die Zuwendungen des Landes OÖ an die KTM Motohall publik gemacht und stark kritisiert. Ein nun der KUPF OÖ vorliegendes Gutachten zeigt, dass die Förderung der KTM Motohall klar als rechtswidrig einzustufen und damit rückzufordern ist.

Hintergrund

Die mittlerweile KTMgate genannte Causa wurde im Sommer 2019 erstmals durch die KUPF OÖ publik. Die KUPF OÖ kritisierte im Rahmen einer Pressekonferenz die drastischen Kürzungen bei zeitgenössischen Kunst- und Kulturvereinen, denen im Jahr 2018 mehr als 2,4 Mio € an Förderungen gestrichen wurden. Dass der KTM Konzern für sein Werbeprojekt der KTM Motohall im selben Jahr eine Förderung in Höhe von 600.000 € erhalten hatte, war daher für die Kulturszene umso unverständlicher. Dass diese 600.000 € allerdings nur die Spitze des Eisbergs darstellten, war den AufdeckerInnen der KUPF OÖ zu diesem Zeitpunkt selbst noch nicht bewusst.

Mit der Zeit wurden immer mehr Details bekannt: Die aus unterschiedlichen Töpfen gewährten Förderungen der Motohall belaufen sich laut Medienberichten mittlerweile auf insgesamt 6,7 Millionen Euro: 1,8 Millionen € aus dem Kulturbudget des Landes OÖ, 1,8 Millionen € aus Bedarfszuweisungen aus Gemeindemitteln, 200.000 € aus dem Bereich Wirtschaft und Touristik, weitere 700.000 € flossen über die Gemeinde Mattighofen, die zusätzlich noch 2,2 Millionen Euro für die Tiefgarage spendierte. Schließlich stellte sich auch noch heraus, dass das Grundstück, auf dem die KTM Motohall errichtet wurde, deutlich unterhalb des üblichen Marktpreises von der Gemeinde an KTM verkauft worden war.

Prüfung notwendig

Im Zuge der Berichterstattung wurden mehr und mehr fragwürdige Details zur Förderung der KTM Motohall bekannt. Diese ließen nicht nur starke Zweifel an der inhaltlichen Begründung für die Förderung aufkommen, auch stellte sich rasch die Frage, ob bei der Förderung gegen geltendes Recht verstoßen wurde. Die KUPF OÖ befand daher eine gründliche, unabhängige Prüfung der gewährten Förderungen für notwendig. Die KUPF OÖ wandte sich also am 13. August 2019 an den Landesrechnungshof (LRH), um eine eingehende Prüfung des Sachverhalts anzuregen, die dieser Ende August bestätigte.

Der LRH kann allerdings nur unverbindliche Empfehlungen aussprechen. Selbst in dem Fall, dass der LRH Verstöße des Landes OÖ gegen geltende Rechtsgrundlagen feststellt, ergeben sich daraus keine unbedingten Rechtsfolgen. Die KUPF OÖ hat daher Anfang September beschlossen, ein Rechtsgutachten in Auftrag zu geben. Dieses sollte die rechtliche Situation des Förderfalls fachlich fundiert erheben und die weiteren rechtlichen Möglichkeiten für die KUPF OÖ abklären. Dabei sollte die Förderung auf Einhaltung der sie berührenden Rechtsgrundlagen – wie das EU Wettbewerbsrecht, das Kulturfördergesetz OÖ oder das Haushaltsgesetz OÖ – geprüft werden.

Zur Finanzierung des Gutachtens hat die KUPF OÖ ein Crowdfunding ins Leben gerufen, um mehr Mittel für die Kosten des Gutachtens und der Rechtsberatung aufzutreiben. Das Crowdfunding war ein voller Erfolg. Innerhalb einer Woche haben über 200 Personen und Wirtschaftsbetriebe mehr als 6.000 € gespendet. Das zeigte, wie groß das Unverständnis in der Bevölkerung gegenüber der Förderung eines Milliardenkonzerns wie KTM ist.

Mit einem elfseitigen Fragenkatalog ging die KUPF ab Oktober auf Suche nach einer Kanzlei, um das Gutachten zu beauftragen. Etwas überraschend gestaltete sich diese Suche schwieriger als gedacht: Sechs Kanzleien haben den Auftrag aus Angst vor Konsequenzen durch das Land OÖ oder KTM abgelehnt. Daher hat sich die KUPF im November für eine Beauftragung der Wiener Kanzlei von Dr. Peter Thyri entschieden. Thyri ist eine international renommierte Koryphäe für das Kartell- und Wettbewerbsrecht. Er wurde sowohl in europa- als auch weltweiten Rankings als Spitzenexperte dieses Rechtsgebiets ausgezeichnet.

Die Prüfung hat sich nach Absprache mit der KUPF primär auf das EU Wettbewerbs- und Beihilfenrecht konzentriert, da sich aus diesem die besten rechtlichen Handlungsmöglichkeiten ableiten lassen. Bei einem Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht kann die EU Kommission einseitig eine Rückzahlung von gewährten Förderungen veranlassen. Auch ist eine Klage vor nationalen Gerichten auf Grundlage dieser Rechtsmaterie möglich.

Das Prüfungsergebnis

Das nun vorliegende Gutachten kommt zu einem eindeutigen Ergebnis: Die vom Land OÖ als Kulturförderungen gewährten Beihilfen sind aus mehreren Gründen EU-wettbewerbsrechtswidrig:

Der Tatbestand des Beihilfenverbotes ist erfüllt. Dafür muss die Beihilfe sechs Kriterien erfüllen: Bestimmter Begünstigtenkreis, Wirtschaftlicher Vorteil, Bestimmtheit, Staatlichkeit der Mittel, Wettbewerbsverfälschung und Handelsbeeinträchtigung. Erfüllt die Beihilfe auch nur eine dieser Tatbestandsvoraussetzungen nicht, ist sie nicht verboten und unterliegt nicht der Anmeldepflicht. Laut dem Gutachten sind im Fall der Motohall alle sechs Punkte eindeutig erfüllt.

Damit ist entweder eine Anmeldepflicht der Beihilfe gegeben, was bedeutet, dass vor Gewährung der Förderung die Freigabe durch die EU Kommission einzuholen gewesen wäre. Oder die Beihilfe fällt unter die Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO), die unter anderem Ausnahmen für Kulturförderungen vorsieht.

Eine Einzelanmeldung wurde aber nachweislich und vom Land OÖ selbst bestätigt nicht vorgenommen. Das Land OÖ argumentiert, dass die Beihilfen an den KTM Konzern unter die Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) fällt. Dieses Argument ist aber nicht tragfähig. Einerseits haben die Fördermaßnahmen keine Anreizeffekte, andererseits ist ihre Qualifikation als Kulturbeihilfe (ii) nach der AGVO mehr als fraglich.

Thomas Diesenreiter (KUPF OÖ), Dr. Peter Thyri (Gutachter)

Der fehlende Anreizeffekt ergibt sich durch den zeitlichen Verlauf: Der KTM Konzern hat bereits deutlich vor der Gewährung der ersten Förderung mit dem Bau der Motohall begonnen. Laut öffentlich einsehbaren Informationen wurde der Bau spätestens im Jahr 2016, eventuell aber bereits schon früher begonnen. Der Förderbeschluss der Landesregierung wurde allerdings erst im ersten Halbjahr 2018 getroffen, die Fördererklärung von KTM selbst datiert auf September 2018. Der Brief von Landeshauptmann Pühringer an Pierer aus dem Jahr 2015, in dem eine Förderung „in Aussicht gestellt“ wurde, stellt laut eigenen Aussagen des Landes OÖ keine Förderzusage dar. Kein Wunder, denn ansonsten hätte der Landeshauptmann seine Kompetenzen überschritten. Denn mehrjährige Förderzusagen müssen laut dem Haushaltsgesetz OÖ zwingend vom Landtag getätigt werden. Gutachter Dr. Peter Thyri dazu: „Wenn Förderanträge deutlich nach dem Beginn von Projektarbeiten gestellt werden, ist das ein klarer Hinweis auf eine fehlende Anreizwirkung. Also darauf, dass eine Förderung nicht notwendig und daher unzulässig war.

Schließlich ist davon auszugehen, dass mit der Beihilfe ebenfalls gegen das Kulturfördergesetz OÖ verstoßen wurde. Dieses sieht analog zum EU Wettbewerbsrecht ausdrücklich nur eine subsidiäre Förderung vor, gegen die aus den Verstößen gegen das EU Wettbewerbsrecht abgeleitet ebenso verstoßen wurde.

Dass die KTM Motohall nicht als Kultureinrichtung zu sehen ist und daher auch die inhaltliche Einordnung als Kulturbeihilfe falsch ist, haben bereits etliche MuseumsexpertInnen im öffentlichen Diskurs betont. Im Zuge einer Prüfung durch die EU Kommission liegt es jedenfalls am Land OÖ zu beweisen, dass die Beihilfe eine Kulturförderung gewesen sei. Dieser Beleg wird allerdings schwer zu bringen sein. Es ist davon auszugehen, dass sich auch die EU Kommission der Meinung der ExpertInnen anschließt und damit die Motohall nicht als Museum qualifiziert. Dazu äußert sich auch Gutachter Dr. Peter Thyri: „Das Beihilfenrecht gibt keine Antwort auf die Frage, was ein Museum ist, weil richtige Museen ohne öffentliche Mittel kaum betrieben werden können – genau das ist hier aber nicht der Fall!

Konsequenzen?

Die KUPF OÖ sieht sich damit in ihrer Position bestärkt. Thomas Diesenreiter: „Wir sind von Anfang an dafür eingetreten, dass das Land OÖ die Förderungen an den milliardenschweren KTM Konzern zurückfordern muss. Dieses Geschenk aus Steuergeldern ist nicht nur inhaltlich falsch, sondern es wurde auch noch gegen geltendes Recht verstoßen. Das Land OÖ muss seine Fehler eingestehen. KTM wird das Geld zurückzahlen müssen, daran führt kein Weg vorbei. Es wird Zeit, dass das Kulturbudget wieder den Kulturvereinen zu Gute kommt, die die Mittel auch wirklich brauchen. Wir erinnern daran, dass mehr als 5 Mio € an Budgetmitteln für die zeitgenössische Kunst und Kultur fehlen. Dieser Kürzungskurs muss ein Ende haben, das Geld ist ja offensichtlich da.“

Die KUPF OÖ wird ihr Gutachten sowohl dem Landesrechnungshof als auch der EU Kommission übermitteln. Abhängig von den Ergebnissen dieser Prüfungsprozesse behält sich die KUPF OÖ vor, weitere rechtliche Schritte einzuleiten.

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