Forderungen der Wiener Wahlpartie für Gleichheit präsentieren Ljubomier Bratic & Nora Sternfeld.
Die Wiener Wahlpartie, die im Vorfeld der Wiener Landtagswahlen ’01 mit antirassistischem Schwerpunkt agierte, transformierte sich zur Wahlpartie für Gleichheit, die ihren Themenkreis stark erweiterte.
Vor welche Fragen hat uns die ÖVP/FPÖ-Regierung gestellt und welche Antworten haben wir dazu parat? Kaum jemand hat noch ein Gesamtbild von den bleibenden Schäden, die die Rechtsaußen-Regierung hinterlassen hat. Ohne Gesamtbild ist aber auch die Rücknahme dieser Schäden nicht möglich. Das ist die Situation, aus der heraus die Wahlpartie wieder Kampagne macht. Sie tritt gegen die Schönfärbung dieses Gesamtbildes an und fordert die Zurücknahme der reaktionärsten Maßnahmen.
Die Wahlpartie will niemanden repräsentieren. Sie betreibt keine Interessen-, Lobby- oder Klientelpolitik. Sie ist nur eine Kampagne. Eine Kampagne allerdings, in der alle diejenigen einen Platz haben sollen, die sonst in der offiziellen Sprache der Kampagnen vergessen werden. Eine Kampagne der minoritären politischen Subjekte. Ohne Ansprüche auf Vollständigkeit oder Endgültigkeit.
Die Wahlpartie gründet auf den Erfahrungen des vergangenen Wiener Wahlkampfs. Den heutigen politischen Gegebenheiten entsprechend transformierte sie sich von einer antirassistischen zu einer Kampagne, in der auch andere Politikfelder behandelt werden. Dazugekommen sind die Bereiche der Wirtschaft, der Frauen, der Kultur und des geschichtlichen Revisionismus. All diese bilden den Hintergrund, vor dem die Forderungen entwickelt wurden. Mit diesen Forderungen soll der jetzt geöffnete politische Raum namens Wahlkampf infiltriert werden. Es wird nicht nach Menschlichkeit, nach Toleranz, nach Liebe, nach dem Gutem gefragt, sondern nach Macht. Und nach den Bedingungen, wie diese auch denjenigen verstärkt zukommen soll, die die Ausschließungsmechanismen des Nationalstaates zu spüren bekommen haben.
Mit folgenden Forderungen nach Gleichheit eröffnet die Wahlpartie ihre bundesweite Kampagne.
Gleichheitspolitik Im Kampf um eine egalitäre Gesellschaft geht es darum, gleiche Bedingungen für diskriminierte, marginalisierte und ausgegrenzte Gruppen und Personen zu schaffen. Dies muss vor allem auf der Ebene der gesellschaftlichen Strukturen geschehen. Die folgenden Forderungen umfassen Maßnahmen zur Gleichstellung von u.a. MigrantInnen, Frauen, Lesben, Schwulen, Transgenderpersonen und Behinderten. + Umfassendes Antidiskriminierungspaket: Antidiskriminierungsgesetz, Aufhebung diskriminierender Gesetze, Equality targeting, Förderungen etc.; +Schaffung eines umfassenden Antidiskriminierungsgesetzes, das neben Hautfarbe und Nationalität, „sexuelle Orientierung“ und „Geschlechtsidentität“ als schutzwürdig vorsieht; + WeltbürgerInnenschaft als ein Raum, in dem die verschiedenen BewohnerInnen ihre BürgerInnenschaft in einem permanenten Prozess der politischen Neuzusammensetzung konstituieren können; + Erweiterung des Gleichheitsgebots in Art. 7 B-VG auf alle Menschen, die in Österreich leben. Staatszielbestimmung zur Gleichstellung aller Menschen unter Berücksichtigung ihrer besonderen Bedürfnisse; + Allgemeines freies und GLEICHES Wahlrecht für alle; + Allgemeines Niederlassungsrecht; + WohnbürgerInnenschaft; + Abschaffung des rechtlichen Ausnahmezustands für MigrantInnen; + Abschaffung des AusländerInnenbeschäftigungsgesetzes; + Abschaffung des Fremdengesetzes; + Zurücknahme des so genannten Integrationsvertrags; + Abschaffung des Verbotes für MigrantInnen, politische Versammlungen zu organisieren und durchzuführen; + Anerkennung der Verfolgung aufgrund der geschlechtsspezifischen, lesbischen, schwulen oder Transgender-Identität sowie der Missachtung der Menschenrechte im Herkunftsland als Asylgrund; + Umfassende Selbstbestimmungsrechte für behinderte Menschen; + Equality target budgeting seitens der öffentlichen Hand und der Unternehmen; + Strukturelle Förderprogramme (für MigrantInnen, Frauen, Lesben und Transgenderpersonen) zur Herstellung gleichen Zugangs für alle zu Bildung, öffentlichen Medien, finanziellen Ressourcen und leitenden Positionen; + Anerkennung von Prostitution als Sexarbeit; + Sozialleistungen für alle in Österreich Lebenden unter Berücksichtigung ihrer besonderen Bedürfnisse, z.B. (bis zu deren Abschaffung für alle) Familienbeihilfe bzw. Kinderbetreuungsgeld und Unterhaltsvorschuss für ALLE Kinder der in Österreich lebenden MigrantInnen unabhängig von deren Staatsangehörigkeit; + Bereitstellung der Mittel und Unterstützung für migrantische, feministische und lesbische Medien und Forschung; + Recht auf Muttersprache, muttersprachlichen Unterricht und Mehrsprachigkeit bei Behörden; + Rechtliche Anerkennung und Gleichstellung gleichgeschlechtlicher PartnerInnenschaften mit verschiedengeschlechtlichen Lebensgemeinschaften und der Ehe; + Moralische und finanzielle Rehabilitierung all jener, die im 20. Jahrhundert und bis heute aufgrund der strafrechtlichen Sonderbestimmungen gegen Lesben und Schwule (§§ 129 I b, 209, 210, 220 und 221) verurteilt wurden; sowie die + Aufnahme der wegen ihrer sexuellen Orientierung vom Nazi-Regime Verfolgten ins Opferfürsorgegesetz; + Abschaffung der diskriminierenden Ausländerbestimmungen in allen gesellschaftlichen Bereichen (z.B. im österreichischen Amateurfußball).
Ljubomier Bratic Nora Sternfeld
Dieser Text erscheint im Rahmen der Kampagne der Wahlpartie. Andere Forderungen zu Migrationspolitik, feministischer Politik, Vergangenheitspolitik, Kulturpolitik, Sozial- und Wirtschaftspolitik