Vergnügliche Landgroteske

Manfred Berghammer hat Andi Wahls Bauernroman gelesen.

 

Andi Wahl, Mühlviertler, Jahrgang 64; Zimmermann, Maurer, Tischler und Kulturarbeiter, selbst flüchtigen Kupf-ZeitungsleserInnen durch zahlreiche Artikel bekannt, Autor der legendären “Ausflüsse“ in der Zeitung des damals noch real existierenden Kanal-Schwertberg, Mitbegründer der Internet- Zeitung prairie, hat seinen Roman “Mit Gottes Kraft“ im Kärntner Sisyphus- Verlag herausgebracht.

Auf kurzweiligen, aber mit einer Fülle von Ereignissen und Gedanken gefüllten 90 Seiten, erzählt Andi Wahl zwei vorerst von einander unabhängige Geschichtsstränge, die sich am Ende des Romans in fataler Konsequenz treffen.

Die Lebensbetrachtungen des leutscheuen, allein auf seinem abgelegenen Mühlviertler Bergbauernhof hausenden Gustl lässt uns Andi Wahl durch dessen “Liebes Tagebuch“ kennen lernen. Sabines Geschichte entwickelt sich aus einer tatsächlichen Berichterstattung in den OÖ Nachrichten. Sie hat Schwierigkeiten mit ihrem Arzt und holt sich ihre künstlich befruchteten Eizellen in einer Thermoskanne aus dem Spital. Laut Gesetz müssten diese in der Klinik tiefgekühlten Embryonen nach einem Jahr ohne weitere Behandlung vernichtet werden. Für Sabine sind sie aber schon ihr “Kindergarten“. Sie richtet liebevoll ein Kinderzimmer ein und stellt ein, mit dem Ersparten ihrer Lebensgefährtin Monika gekauftes, Kühlgerät hinein. Schwärmerisch erzählt sie ihren “Kindern“ von einem Leben nach der Kälte.

Gustl, ein bodenständiger Egoist, der weiß was ein Bauer seinem Stand schuldig ist (ein eigener Bierkrug im Wirtshaus und jeden Sonntag einen Rausch zum anbrunz‘n), lässt sich seinen Hof weder von der Raiffeisenkassa noch vom Bürgermeister abluchsen. Aber es gibt genug in der Gegend, die durch Saufen abwirtschaften oder hoffnungslos überschuldet sind. So kommt der Kassadirektor zu seinem Wochenendhaus und die Gemeinde zu ihrem Seminarhotel. Sehr zum Leidwesen der Bauern, als sich herausstellt, dass da lauter Esoteriker kommen. Aber man kann sich ja helfen: “Früher haben die Esoteriker ja sogar in der Nacht die Erdäpfel ausgegraben und gleich roh gegessen. Wegen der geballten Erdenergie, wie mir mal einer von denen erzählt hat. Die Bauern rundherum haben schon angefangen Fangeisen auszulegen … aber der Bürgermeister war dagegen. Stattdessen hat er gemeint, sollten wir lieber ein paar leere Kunstdüngersäcke herumliegen lassen, weil Kunstdünger scheut der Esoteriker wie der Teufel das Weihwasser …“ Auch mit Frauen hat Gustl nichts am Hut. Er hat sich zu seinem Internetanschluss gleich eine Cybersexmaschine dazubestellt. Selten kommt ihm der Gedanke an eine: “Mit der Cybersexausrüstung bin ich eigentlich sehr zufrieden. Auswaschen muss ich sie schon oft, weil ich immer so schwitz‘ beim Cybersex. Da wär‘s dann wieder g‘schickt, wenn man eine Frau hätt‘, die einem die Sachen ordentlich im Schuss hält.“ Außer seinem Freund und Saufkumpanen Franz ist der EU-Hofberater seine wichtigste Bezugsperson. Mit diesem hat er seinen Hof immer wieder umgestellt, auf alles was die EU besonders großzügig fördert. Nach Markteinbrüchen und schlechten Erfahrungen, wie z.B. mit Selbstvermarktung (= Arbeit = nichts für Gustl), fordert er von seinem Berater ein einträgliches, aber nicht aufwändiges Projekt. Durch die Abgeschiedenheit des Hofes und die einzelgängerischen Lebensumstände Gustls begünstigt, findet man ein Bio-Produkt für eine besonders zahlungskräftige Klientel – und Sabine verspricht ihren “Kindern“ ein Leben auf einem Bauernhof inmitten blühender Wiesen und Bäume …

Andi Wahls Bauernroman ist keine derbe, vordergründige Satire, sondern eine spannende Landgroteske, die in jedem Buchregal zwischen Reinhard P. Grubers “Aus dem Leben des Hödlmoser“ und Max Maetz “Weilling Land und Leute“ stehen sollte. Viel Vergnügen beim Lesen!

Manfred Berghammer

Andi Wahl: “Mit Gottes Kraft“, Ein Bauernroman Verlag Sisyphus Euro 11,-