Infrastruktur und mehr …. neu!

Es tut sich etwas in der Linzer Kunst- und Kulturszene! Gleich zwei Häuser, nämlich die KAPU und die Stadtwerkstatt (STWST) verfügen über eine neue Infrastruktur.

 

Die KAPU als nunmehrige Hauptmieterin des Hauses in der Kapuzinerstrasse und die STWST als Nutzerin eines vollkommen neu renovierten Hauses in der Kirchengasse. Die neue “Hardware“ ist zu feiern und wird wesentliche Verbesserungen für die eigene Arbeit bedeuten. Dennoch ist von politischer Seite das Phänomen bekannt, die “Software“ – also den Content – zu vernachlässigen.

KUPF: Was ist an KAPU und STWST neu und wie kam es dazu?

KAPU: Nachdem die Vormieter im letzten Jahr überraschend ausgezogen sind, haben wir umgehend ein Konzept für die Nutzung der Räumlichkeiten im 1. Stock entwickelt. Nach vielen Gesprächen und Verhandlungen mit Stadt, Land und Bund haben wir heuer den Mietvertrag unterschrieben. Unser Konzept sieht so aus: Nachdem wir mit dem Büro in den 1. Stock übersiedelt sind, wird im 2.Stock und derzeitigen KAPU-Büro ein zweiter Veranstaltungsraum entstehen. Neben Lesungen und Vorträgen, werden dort vor allem Film- und Videoarbeiten von KünstlerInnen gezeigt. Dazu wird im ersten Stock noch eine Werkstatt für Film- & Videobearbeitung eingerichtet. Direkt über unserem Veranstaltungssaal wird’s ein Tonstudio geben, in dem vor allem österreichische Nachwuchsbands ihre ersten Demoaufnahmen und Tonträger produzieren können. Neben kleineren strukturellen Verbesserungen, wie z.B. einem Sitzungsraum oder einem Archiv, haben wir dem Verein Fiftitu einen Büroraum zur Verfügung gestellt.

STWST: Die Stadtwerkstatt ist 1990 in das Haus, Kirchengasse 4, eingezogen. Seither hat sich einiges verändert. Radio FRO und der Netzkulturknoten servus.at sind entstanden, 2 volle Betriebe mit eigenem Personal und vielen Menschen, die diese Plattformen nutzen. Radio FRO z.B. hat an die 300 RadiomacherInnen, die seit 1997 aus dem Studio im Stadtwerkstatt-Haus senden. Eine Adaptierung war notwendig, um verschiedene Mängel zu beheben und den vorhandenen Platz im Haus in Hinblick auf die veränderte Situation besser zu gestalten. Der öffentliche Raum ist größer geworden (Café vergrößert, neues Foyer im Obergeschoss, servus-Clubraum quadratmetermäßig nahezu verdoppelt, die Server sind übersiedelt in einen Raum mit Klimatisierung, ein neuer Keller entlastet wertvolle Nutzflächen im Erdgeschoss und Obergeschoss). Der Lift erleichtert Transport und gestaltet das Haus endlich zugänglich für RollstuhlfahrerInnen. Dachöffnung und Glas statt Wände machen die Räume hell und lichtdurchflutet. Stecksysteme im ganzen Haus für Daten-/Audio- und Videoleitungen zur plug&play Nutzung aller Plattformen.

Im Linzer Kulturentwicklungsplan KEP sind Maßnahmen für die Freie Szene angeführt. Siehst du die Finanzierung eurer Erweiterung bzw. eures Umbaus als Ausdruck dieser Politiken?

KAPU: Nicht unbedingt. Die Politik wird die neue KAPU-Situation als Teil ihrer Umsetzung des Kulturentwicklungsplanes verkaufen (und von mir aus können sie das auch). Aber in der Praxis schließt der KEP viel zu viele Leute und Vereine aus und wichtige, neue “Sachen“ werden nicht gefördert. Im übrigen sind auch unsere Förderungen von allen drei Subventionsgebern in der Relation zum realen Bedarf durch die neue Situation so gut wie gar nicht erhöht worden.

STWST: Ich glaube, dass die kontinuierliche künstlerische und kulturelle Arbeit der Stadtwerkstatt über die vergangenen mehr als 20 Jahre maßgeblich war. Die Verankerung der Freien Szene im KEP hat hier sicherlich auch positiv dazu beigetragen.

Wird die neue infrastrukturelle Situation eure zukünftigen kulturarbeiterischen bzw. künstlerischen Schwerpunkte verändern?

KAPU: Unsere Intention ist alle unsere bisherigen inhaltlichen Schwerpunkte und Dinge besser umzusetzen bzw. zu erweitern. Vorträge, Lesungen, die Googolplexx-Kinoreihe etc. waren neben unserer obersten Passion, dem Veranstalten von Bands, auch bisher in unserem Programm fix verankert, bloß war die Frequenz bisher geringer. Das soll sich ändern. Im Endeffekt kommt es aber immer auf die Leute an, die sich “jetzt“ und/oder in Zukunft in der KAPU daheim fühlen und sich auch mit den sozialen kapuspezifischen Gegebenheiten auseinandersetzen wollen und können.

STWST: Wenn die Sonne nun durch die Glas- und Dachöffnungen in die hintersten Winkel des Hauses fällt, die Räume im Haus offener und freundlicher sind, die Menschen sich sehen, der Blick auf die Donau nicht mehr durch Mauern versperrt ist und das Café mit dem schönsten Gastgartenblick der Stadt wieder offen ist, dann kann sich das nur positiv auswirken … Das Haus bietet eine intelligent vernetzte Struktur mit Bühne im realen Raum, im Äther und im Cyberspace, die auf allen Plattformen mit content bespielt werden kann.

Subkultur ist ein Begriff, dessen Verwendung mir in der letzten Kapuzine aufgefallen ist. Was versteht ihr darunter?

KAPU: Um ehrlich zu sein, graut mir mittlerweile ein wenig vor den ewigen Versuchen das Wort zu erklären. Zu oft schon haben das Kulturisten versucht, die überhaupt nichts in ihrem Leben damit zu tun haben. Ich für meinen Teil muss das Wort “Subkultur“ nicht bis ins letzte Detail definiert wissen. Subkultur entsteht bzw. passiert einfach. Oft aufgrund der reinen Notwendigkeit einer Gegenposition zur Langeweile und sonstigen Schandtaten des gesellschaftlichen Mainstreams. Im Wesentlichen geht’s mir um die Liebe zu einer Sache und zu Menschen, die mich umgeben. Und weil dies mein Leben bestimmt und ich mit dieser Gegebenheit sorgsam umgehe, kann ich meine Ideen nur in jenem Freiraum umsetzen, der sich abseits (aber im Sinne von “für oder gegen etwas kämpfen“) und möglichst unabhängig von Realismen wie Kapitalismus, Religion und gesellschaftspolitischem Mainstream auftut und Entwicklung ermöglicht.

STWST: Interessant sind die tatsächlichen Möglichkeiten. Wir betrachten uns als Plattform für Entwicklung, die aus einem Kunstkontext heraus Ende der 70er Jahre entstanden ist und als eine “Anstiftung zur Initiative“, die aktive Selbstformulierung anregt und dazu Möglichkeiten für Kunst- und Kulturschaffende bietet.

Bedeutet die Erneuerung Eurer Häuser gleichzeitig eine fortschreitende Institutionalisierung?

KAPU: Ich würd’s nicht unbedingt mit der KAPU in Verbindung bringen. Hier sind seit 17 Jahren die unterschiedlichsten Leute zusammengekommen, um für eine gewisse Zeit in der KAPU “Dinge“ passieren zu lassen. “Dinge“, die vor allem für sie – denn wir sind kein Dienstleistungszentrum! – und letztlich auch für viele andere Menschen spannend waren. Das passierte, ohne dass dabei “die KAPU“ von ihrem Handeln abhängig und einem stumpfen Selbstzweck dienlich gemacht worden wäre. Somit wären Einzelpersonen und nicht die KAPU als Gemeinsamkeit zur Institution geworden. Und sobald es bei Einzelpersonen zur Institutionalisierung kommt, wird’s schwierig, denn dann gibt es keine Veränderungen. Dessen sind wir uns bewusst und bisher hat die KAPU die Kurve gekratzt.

STWST: Nein, die Adaptierung des Hauses bedeutet nur, dass die Rahmenbedingungen für die Arbeit verbessert wurden.

Wenn ihr Euch – ausgehend von der KAPU und STWST – umseht, welche Bedeutung glaubt ihr, hat Subkultur im zeitkulturellen Tun der Kulturinitiativenszene?

KAPU: Das ist gar nicht so leicht einzuschätzen. Letztendlich spielen sich eben die interessantesten Dinge immer unter der Oberfläche ab und machen es somit (auch für mich) schwieriger, sie sofort wahrzunehmen. Es gibt und wird aber auf alle Fälle immer diese kleine Gruppe von Menschen (oder eben auch Kulturinitiativen, vielleicht ähnlich der Kapu) geben, die aus ihrem Selbstverständnis heraus Gegenpositionen einnehmen und diese in kulturellem Schaffen umsetzen.

STWST: Es ist essentiell, dass es Orte in der Gesellschaft gibt, die selbstverwaltet genutzt werden können, die Raum für kreative Entwicklungen und Selbstformulierung bieten, die jenseits kommerzieller Verwertungslogik agieren, wo Nachdenken und Experimentieren möglich ist. Die außerdem differenzierte Begegnungsstätten darstellen, wo unterschiedliche Szenen, Altersgruppen, Philosophien und Haltungen aufeinandertreffen und Diskurs organisiertermaßen oder zwischen Tür und Angel gedeiht. Frei von der Leber weg…

Ulrike Stieger

Stadtwerkstatt: Kirchengasse 4, 4040 Linz, 0732/73 12 09 stwst@servus.at

Kapu: Kapuzinerstr. 36, 4020 Linz, 0732/ 77 96 60 kapu@servus.at,