Dominik Jellen über steigende Mietpreise und das Gestalten von Rahmenbedingungen und (Handlungs-)Räumen für Kunst und Kulturarbeit.
Was kann ein offenes Kulturhaus?
Ein offenes Kulturhaus, das ohne klassisch-hierarchische Verwaltungsstrukturen organisiert ist, bedeutet Kontinuität für ein mögliches Publikum. Weniger Mietkosten und fixe Probebedingungen bedeuten weniger prekäre Arbeitssituationen für Künstler*innen und Kulturarbeiter*innen. Fixmietpreise oder eine Nutzungspauschale eines offenen Kulturhauses führen zu einer angemessenen und nachvollziehbaren Budgetierung von Projekten mit gleichbleibenden Kostenstellen für die Fördergeber*innen der Stadt, des Landes und des Bundes.
Kunst und Kultur in Hallein
Die Stadt Hallein ist die zweitgrößte Stadt des Bundeslands Salzburg. Sie ist vor allem bekannt dafür, als ‘Außenstelle’ der Salzburger Festspiele im Sommer Schauspielproduktionen auf der Pernerinsel zu zeigen. Außerdem finden dort spartenübergreifende Festivals statt: die schmiede Hallein, deren Kulturfestival Ynselzeit – initiiert im ersten Jahr der Corona Pandemie – das Performancefestival Gegenwind, seit 2022 das Musikfestival TEN – VOLT. Platz finden darüber hinaus der Original Halleiner Weihnachtsmarkt, das Halleiner Kulturforum und andere Seminare und Veranstaltungen der Gemeinde.
So vielseitig die temporären Bespielungen der Pernerinsel klingen: Vor Ort fehlt eine nachhaltige, leistbare Spielstätte oder ein offenes Kulturhaus, das das ganze Jahr lang auch den Theatervereinen und Einzelpersonen der lokalen Kunst- und Kulturszene Spiel-, Probe- und Aufführungsmöglichkeiten bietet.
Ein offenes Kulturhaus kann ein Ort sein, der in der Verwaltung eines Kulturvereins oder einer Non Profit GmbH liegt und Künstler*innen wie Bürger*innen der jeweiligen Stadt die Möglichkeit bietet, zu arbeiten, zu produzieren, zu präsentieren und spartenübergreifende Kunst- und Kulturevents kostengünstig zu besuchen. Dort können Arbeiten von Künstler*innen und Kulturvereinen zugänglich gemacht werden, die sich mit ihrer Arbeit bewusst in Hallein angesiedelt haben. Die Forderung nach einem offenen Kulturhaus in Hallein ist ebenso alt wie die freie Kulturszene selbst. Ein offenes Kulturhaus in Hallein zu schaffen bedeutet, der Gemeinde einen Handlungsraum des Dialogs bereitzustellen, zwischen der Politik, ihren Bürger*innen und Künstler*innen.
Ein Rückblick
1989 wurde von dem Gründer der Kulturinitiative Kulturforum Friedl Bahner, der bis 2015 als dessen Obmann fungierte und dem damaligen Halleiner Bürgermeister Franz Kurz (SP) besprochen, dass Hallein nach der Schließung der Salzproduktion den Übergang von der Industrie- zur Kulturstadt schaffen soll. Damals kam die Pernerinsel in den Besitz der Stadt und wurde ab diesem Zeitpunkt ein neu belebter Kulturort, für den man keine Mieten zahlen musste, sondern gemeinsam mit dem Kulturforum veranstalten konnte. Zwischen 1989 und 2015 versuchte man, dort ein Kulturhaus zu etablieren, aber die Gemeinde-Verantwortlichen hatten entdeckt, dass man die alten Industrieräume der Pernerinsel sehr gut als lukrative Einkommensquelle für die Gemeinde nutzen konnte und argumentierten dagegen.
Steigende Mietpreise
Seither schien es für die Halleiner Künstler*innen und Kulturarbeiter*innen die angebotene Zwischenlösung zu sein, die gemeindeeigenen Liegenschaften und Aufführungsorte für Events, Theateraufführungen und Festival tageweise von der Stadt anzumieten. Aber auch hier wieder wittert die Gemeinde das Geld: Für Auf- und Abbauzeit wird kein gesonderter Miettarif verrechnet, sondern der volle Tagesmietpreis gefordert (die Tarife sind online unter hallein.gv.at einsehbar).
Im September 2022 wurde in einem Rundschreiben seitens der Kulturstadträtin Rosa Bock (SP) in Aussicht gestellt, dass im kommenden Jahr die Mietkosten zwischen 10-20% steigen würden; so auch für die Gebäude der alten Saline auf der Pernerinsel. Ohne eine entsprechende Erhöhung der Subventionen lässt das die Arbeit verschiedenster Kulturinitiativen und Künstler*innen fast unmöglich werden: für sie stellt die finanzielle Mehrbelastung eine künstlerische und existenzielle Bedrohung dar. Steigende Preise der Produktionsmittel für z.B. Bühnen- und Kostümbild sowie die Inflation tun ihr Übriges.
KEP, Verwaltung, Politik
Bereits 2017 hat sich das Land Salzburg im Kulturentwicklungsplan (KEP) dazu bekannt, dass ein Kulturhaus in Hallein eine Sache wäre, über die sich diskutieren ließe: In Kapitel 10 des KEP zu Infrastruktur und Räume steht unter den prioritären Maßnahmen auf Seite 33: “Unterstützung und Förderung eines autonom verwalteten Kulturzentrums in Hallein, entsprechend den im Kulturentwicklungsplan KEP Land Salzburg formulierten Zielen und Strategien.”
Seither wird von Seiten des Landes immer wieder betont, dass nur darauf gewartet werde, dass sich die Stadtgemeinde an die Landespolitik wendet, um das Projekt ‘Offenes Kulturhaus’ in Angriff zu nehmen. Doch die Stadtverwaltung verschiebt und vertröstet die Initiativen immer wieder. Nun wird ein Teil des Gebäudekomplexes der alten Saline renoviert: Ohne Absprache oder Gesprächsangebote zwischen der Stadt und den angesiedelten Kulturarbeiter*innen und Künstler*innen. Denn hier geht es, wie es deutlich im letzten Stadtkulturgespräch seitens der Gemeinde formuliert wurde, ausschließlich um die Sanierung der Räume, nicht um ihre Nutzbarmachung als Kulturräume.
Unter den Halleiner Kulturmacher*innen wurde im Frühjahr auf Anstoß von Christa Hassfurther, Theatermacherin, Regisseurin und Obfrau des Vereins Theater bodi end sole, eine Umfrage zum Thema ‘Mieten und Offenes Kulturhaus’ durchgeführt. Über 50 % der Angesprochenen haben den Fragebogen ausgefüllt. Die Antworten sind eindeutig: Man wünscht sich, dass auch die Gemeinde Hallein die Künstler*innen und Kulturarbeiter*innen vermehrt unterstützt.
Denn das Konzept eines freien Kulturhauses ist nichts, wofür man die andere Seite des Mondes beforschen muss. Es gibt sie über die Landesgrenzen hinaus: die Offenen Kulturhäuser in Vöcklabruck, Leonding, Ottensheim. Auch das OK Gelände Linz oder das Emailwerk in Seekirchen haben über die letzten zwei Jahrzehnte bewiesen, dass ein frei verwaltetes Kulturhaus funktioniert und im Sinne der jeweiligen Stadtpolitik einen Mehrgewinn darstellt.
Ein offenes Kulturhaus ist nur möglich, wenn es von der Bevölkerung und seiner Interessenvertretung, der Politik mitgetragen wird. Es lebt von dem, was in der Region da ist – von jenen, die etwas anbieten und von anderen, die dieses Angebot nutzen.
Was es braucht
Die jeweiligen Parteien müssen sich Zeit nehmen, um miteinander zu sprechen, anstatt sich in politische Streitereien zu verzetteln, um so in eine sachliche Auseinandersetzung zu geraten. Denn die Dialogbereitschaft unter den Kulturakteur*innen in Hallein mit der Stadt besteht. Somit ist doch “Alles paletti”, oder? Mitnichten. Es geht schließlich darum, die Kontrolle abzugeben. Und das fällt der Gemeinde nicht leicht. Ein offenes Kulturhaus würde nämlich heißen, gemeindeeigene Liegenschaften wie das Stadttheater, die Alte Schmiede oder andere Teile der Pernerinsel in die Hände einer selbstverwaltenden Kulturinitiative zu geben. Es hieße zuzulassen, was auch immer geschieht. Es hieße, eine Liegenschaft abzugeben. Erst dann kann das Land mit finanziellen Mitteln den Ausbau dieses öffentlichen Raums unterstützen.
Kann ein Artikel wie dieser dazu beitragen, das offene Kulturhaus in Hallein zu verwirklichen?