Von 3G über Kapazitätsbeschränkungen bis zum Lockdown: Für Kulturvereine waren die vergangenen Monate von ständig wechselnden Regeln geprägt. Als Ausgleich für die damit verbundenen Strapazen gibt es im Jahr 2022 Budgeterhöhungen. Eine Analyse von Thomas Diesenreiter.
Interessenvertretungen wie die KUPF OÖ kämpfen seit Jahrzehnten um eine bessere, gerechtere Finanzierung der Kulturarbeit – besonders für die Freie Szene. Nun hat ausgerechnet die Covid19-Pandemie dazu geführt, dass die staatlichen Investitionen in den Kulturbereich ungeahnte Dimensionen annehmen. Nicht nur die Hilfsmaßnahmen wie Kurzarbeit, NPO Fonds und die zahlreichen Sondertöpfe bringen mehr Geld: Nach Jahrzehnten des Stillstands oder gar Rückgangs bewegen sich auch die Förderbudgets des Bundes und des Landes OÖ endlich wieder nach oben.
Mehr Budget im Bund
Im Jahr 2020 hat der Bund 447 Mio Euro in die Finanzierung des österreichischen Kunst- und Kultursektors investiert. 80% dieser Gelder sind laut Kunst- und Kulturbericht an öffentliche Einrichtungen und Großveranstaltungen wie die Salzburger Festspiele gebunden. Das restliche Fünftel, im Jahr 2020 etwa 90 Mio Euro, sind frei verfügbare Mittel. Diese gehen zu etwa 70% an freischaffende Künstler*innen und Kulturvereine, 30% kommen dem Filmbereich zu. Die traditionelle Volkskultur spielt mit 0,1% beim Kulturministerium eine untergeordnete Rolle.
Die frei verfügbaren Mittel hat der Bund bereits im Jahr 2021 um 10 Mio Euro erhöht. Für das Jahr 2022 wurde eine weitere Erhöhung um 10 Mio Euro angekündigt. Das Plus von 20 Mio Euro innerhalb von zwei Jahren bedeutet also eine Gesamtsteigerung von 22% im freien Förderbereich. Das wird ein spürbarer Schub sein und helfen, die Auswirkungen der Pandemie abzufedern. Staatssekretärin Andrea Mayer sieht darin zurecht einen großen Verhandlungserfolg.
Offen ist aber noch, wie genau die Mittel verteilt werden, denn Transparenz ist beim Kulturministerium nicht besonders groß geschrieben. Der größte Nachholbedarf besteht aus Sicht der KUPF OÖ jedenfalls im drastisch unterfinanzierten Topf für die regionalen Kulturinitiativen, dessen Budget 2021 nur um 700.000 Euro auf nun 5,5 Mio Euro erhöht wurde. Das von der KUPF OÖ geforderte Ziel, das gesamte Kulturbudget auf 1 Milliarde Euro pro Jahr zu erhöhen, ist in weiter Ferne.
Trendwende in Oberösterreich?
Auch das Land Oberösterreich hat eine erfreuliche Überraschung für uns parat: Das Budget für die Freie Szene wird erstmals seit den 2017 umgesetzten drastischen Kürzungen um 10,4% erhöht. In absoluten Zahlen sind das 567.000 € mehr im Bereich der Zeitkultur. Ein wichtiger und notwendiger Schritt, der nach vielen Jahren der Streitigkeiten rund um das Kulturbudget dennoch überraschend kommt. Dass Landeshauptmann und Kulturreferent Thomas Stelzer hier einen neuen Pfad beschreitet, ist einerseits der konsequenten Arbeit der KUPF OÖ zu verdanken; andererseits dürften auch neue Berater*innen in seinem Umfeld wie die neue Kulturdirektorin Margot Nazzal oder der Vorsitzende des Landeskulturbeirats Josef Stockinger eine Rolle gespielt haben. Der Landeskulturbeirat hat kürzlich in einem Empfehlungspapier eine Erhöhung der Förderung der Freien Szene um 20% vorgeschlagen. Der erste Schritt ist 2022 getan, es steht zu hoffen, dass im Folgejahr eine weitere Erhöhung erfolgt. Da 2023 keine Landesausstellung geplant ist, sollte dies budgetär möglich sein.
Durch die Erhöhung wird das Budget für zeitgenössische Kunst und Kultur im Jahr 2022 erstmals wieder das Niveau von 2015 erreichen. Berücksichtigt man die Inflation, so beträgt der Wertverlust seit Anfang des Jahrtausends jedoch immer noch satte 43%. Die KUPF OÖ wird sich weiterhin dafür einsetzen, dass diese Lücke geschlossen wird – gerade angesichts der aktuell stark steigenden Preisentwicklung.
Das gesamte Kulturbudget des Landes steigt 2022 um 2,2% auf 218 Mio Euro. Da das Landesbudget aber deutlich stärker steigt, erreicht das Kulturbudget mit einem Anteil von 3,0% an den Gesamtausgaben einen neuen Tiefstand. Zu den Verlierer*innen gehören im vorliegenden Voranschlag die Bildungsschlösser, deren Budget sich fast halbiert; die Bruckneruniversität, die um 13% gekürzt wird; und auch die Musiktheater-Holding muss ein Minus von 1,1 Mio Euro einkalkulieren. Das Budget der Landesgartenschau liegt 2022 bei 6,2 Mio Euro. Erstmals enthalten ist auch ein Finanzierungsbeitrag für die Kulturhauptstadt Salzkammergut in Höhe von 2 Mio Euro.
Klar ist, dass zwischen der budgetären Planung (Voranschlag) und Umsetzung (Rechnungsabschluss) oft große Abweichungen liegen. So haben in den vergangenen Jahren die öffentlichen Einrichtungen meist deutlich mehr ausgegeben als geplant, während die frei verfügbaren Mittel oft nicht ausgeschöpft wurden. Angesichts der starken Erhöhung des nächsten Budgets ist nun die Landeskulturdirektion gefordert, dafür zu sorgen, dass das Geld rasch bei den Kulturvereinen und Künstler*innen ankommt.