Die vergangenen Monate waren geprägt von Diskussionen über den Stellenwert von Berufen. Welchen Wert schreiben wir ihnen zu – oder eben nicht? Wird nur anerkennend applaudiert oder auch angemessen bezahlt? Carmen Bayer zur Fair Pay-Debatte und den aktuellen Entwicklungen als Schritte in die richtige Richtung.
Die Gründe für den Mangel an fairer Bezahlung sind vielfältig, die Folgen erschreckend aber durchaus politisch bekannt: Schon 2008 zeigte eine vom Bund beauftragte Studie Missstände auf. Zehn Jahre danach wurde ein Update dieser Studie veröffentlicht, eine zweite Erhebung wurde durchgeführt. 2018 zeigte sich zum Beispiel, dass selbstständige Künstler*innen im Schnitt 5.000 € pro Jahr verdienen¹.
Wesentlich aber ist, dass sich Kulturarbeiter*innen inzwischen ihres Wertes bewusst sind und diesen einfordern. Die groß angelegten Aktionen zu Fair Pay in ganz Österreich stehen exemplarisch hierfür. Mehr noch, neben dem aktivistischen Engagement der IG Kultur Österreich fand zunehmend eine Professionalisierung der Akteur*innen statt. Erhebungen zur Lage der Kulturarbeiter*innen, die Quote von angemessenen Löhnen und die Anzahl der vielen ehrenamtlichen Stunden zeigen auf, was hier eigentlich geleistet wird. Kurz gesagt, viel zu viel für viel zu wenig. So auch in der Mozartstadt Salzburg.
Fair oder überhaupt bezahlt?
Eine Erhebung des Dachverband Salzburger Kulturstätten 2019 macht deutlich, dass Kunst- und Kulturarbeit großteils nicht angemessen bezahlt und dazu auch noch von vielen Stunden unbezahlter Arbeit getragen wird. Von den insgesamt 78 Mitgliedern ermöglichen 43 ein Beschäftigungsverhältnis, davon wiederum schafften es mit Stichtag 01.12.2019 gerade 14 % beziehungsweise sechs Einrichtungen, ihre Mitarbeiter*innen nach dem fairen Gehaltsschema der IG KÖ zu bezahlen. Die restlichen Aufgaben entfallen auf viele Stunden ehrenamtlicher Tätigkeiten, welche zusätzlich einen Mehrbedarf an 18 Fixanstellungen unter den Mitgliedern des Dachverbandes ausmachen.
Zahltag?
Seitens des Landes Salzburg gibt es bereits politische Bemühungen, diese Lücke zu schließen. Für Landeshauptmann-Stellvertreter Heinrich Schellhorn ist «das Thema Fair Pay durch Corona noch dringlicher geworden. Die Kulturlandschaft ist besonders anfällig, umso wichtiger ist daher eine Absicherung über höhere Honorare und Löhne. Im Kulturentwicklungsplan des Landes Salzburg haben wir die ‹soziale Absicherung im Kunst- und Kulturbereich› bereits verankert, jetzt geht es an die Umsetzung.»
Das Vorhaben der Landespolitik zeigt sich mit Blick auf das von Schellhorn verwaltete Budget für Kultur. Hier sind für 2021 450.000 € für die schrittweise Realisierung von Fair Pay und die Verbesserung der Kunstproduktion für alle Sparten reserviert. «Erfreulich, dass hier das Land Salzburg als einer der drei Fördergeber einen ersten wichtigen Schritt macht – es wäre nun hoch an der Zeit, dass die Stadt Salzburg bei Fair Pay auch ihren Anteil abliefert.», so Thomas Randisek, Geschäftsführer vom Dachverband der Salzburger Kulturstätten. Nach den Berechnungen des Dachverbandes werden nämlich weit mehr Leistungen benötigt, wenn eine umfassende Umstellung auf Fair Pay in Salzburg gelingen sollte: Würde man 2021 etwa alle Mitarbeiter*innen der Mitglieder des Dachverbandes fair bezahlen, würde das allein 2,3 Mio. € mehr kosten. Von dieser Rechnung sind aber die notwendigen Mittel von rund 500.000 € für die zusätzlich benötigten Anstellungen sowie finanzielle Leistungen für die Freie Szene ausgenommen.
Lücken, die durch die Stadtpolitik abgefedert werden können?
In der Stadt wird aktuell an der Kulturstrategie Salzburg 2024 gearbeitet, die unter dem Motto «Kultur. Leben.Räume» die Vielfalt neben den typischen Tourismusmagneten stärker in den Vordergrund stellen möchte und neue Synergien zwischen Kunst, Wissenschaft und Wirtschaft plant. Laut Budget-Vorschlag sind für 2021 29,4 Mio. € geplant, ein Rückgang, verglichen mit den 30 Mio. € des Vorjahres.
Trotz der Pandemie-bedingten Kürzungen versucht die Abteilung für Kultur, Bildung und Wissen der Stadt Salzburg fixe Anstellungen und soziale Absicherung zu stärken. Bürgermeister-Stellvertreter Auinger nimmt dazu Stellung: «In meinem Zuständigkeitsbereich habe ich daher mittelfristige Förderungen erhöht und den Fokus der Gelder auf die Künstler*innen gelegt, die von ihrer Arbeit leben. Zudem wollen wir langfristig Kultureinrichtungen finanziell so ausstatten, dass diese wo es Sinn macht Künstler*innen in einem fixen Beschäftigungsverhältnis anstellen können.» Auch hier bleiben Lücken, auch seitens der Stadt wird wiederholt die Notwendigkeit eines Schulterschlusses zwischen Bund, Ländern und Städten gefordert. Die geforderte Verteilung des finanziellen Mehrbedarfes wird auch seitens des Bundes wiederholt betont. Dort wurde erst kürzlich die Erhöhung des Kulturbudgets 2021 von 466,0 auf 496,1 Mio. € festgeschrieben. Doch wie viele dieser Mittel tatsächlich für Fair Pay aufgewendet werden, ist noch nicht klar.
Im Brennglas zwischen Existenzangst und Solidarisierung
Den Kunst- und Kulturarbeitenden gelang durch viele Initiativen wie Schweigen für Fair Pay ein österreichweiter Zusammenschluss von Künstler*innen, die gut vernetzt, oft still und dabei doch nachhaltig auf die prekäre Lage ihrer Branche aufmerksam machten. Auch politisch scheint der Bedarf nach einer anständigen Bezahlung Anklang gefunden zu haben, doch nur wenn es Bund, Länder und Städte tatsächlich schaffen, eine gemeinsame Strategie zu finden. Denn Fair Pay erfordert Summen, die von keinen der politischen Akteur*innen alleine getragen werden können. Dass es so jedenfalls nicht mehr weitergehen kann, wird dank der vielen Initiativen langsam aber sicher sowohl politisch wie auch gesellschaftlich unbestreitbar.
¹ → bmkoes.gv.at/Service/Publikationen/Kunst-und-Kultur/berichte-studien-kunst.html