Which Way to Fair Pay?

Mahnrufe aus der Geschäftsführung der KUPF OÖ.

Die «Kulturnation Österreich» und das «Kulturland Oberösterreich» sind nichts anderes als Tourismus-Slogans, die wenige reich und viele immer ärmer werden lassen. Wer sich hierzulande für Arbeit im Kunst- und Kulturbereich entscheidet, hat gute Chancen, nur die Mindestpension zu beziehen, im Schnitt zehn Stunden mehr pro Woche für 33 % weniger Gehalt zu arbeiten oder wie 37 % der Kolleg*innen unter der Armutsgrenze zu leben. Auch die vielen EPUs wie Ton- und Lichttechniker*innen oder Bühnenbauer*innen sind in einem Konkurrenzkampf gefangen, der die Honorare seit Jahren stagnieren oder gar sinken lässt. Zahlreiche Studien haben aufgezeigt, wie schlecht es um die Einkommen von Österreichs Kulturarbeiter*innen und Künstler*innen steht. Der kulturpolitische Handlungsdruck ist enorm und bekannt. Dennoch hat es bisher keine Partei geschafft, das Ruder herum zu reißen. Die Lage verschärft sich zusehends, besonders in der Freien Szene, aber auch in den unteren Ebenen der großen Häuser. Seit Jahrzehnten lautet daher das Mahn-tra der KUPF OÖ: Kürzt nicht, wir arbeiten schon am Limit! Das System der tausenden Einzelkämpfer*innen und Zwangs-Ehrenamtlichen ist höchst fragil. Wer macht noch hoffnungsvoll (oder verzweifelt) in diesem Sesseltanz mit – um den zweifelhaften Preis eines morschen Sitzplatzes?

Im Brennglas der Corona-Krise und im ersten Jahr jener Bundesregierung, die sich erstmals – zumindest programmatisch – dem Fair Pay verschrieben hat, werden die Perversionen der österreichischen Kulturlandschaft sichtbar: Klein-Klein-Hilfsmaßnahmen werden jenen als Strohhalme zugeworfen, denen das Wasser längst bis zum Hals steht. Wie bitter nötig das ist, zeigt sich daran, dass nicht wenige dieser kleinen, prekären Einzelkämpfer*innen mit dem Strohhalm besser atmen können als zuvor. Dass eine Hilfszahlung von 1.000 € pro Monat für manche Künstler*innen einen finanziellen Aufstieg darstellt, zeigt die Kaputtheit des regulären Kulturfördersystems besonders drastisch.

Österreichs Kunst- und Kulturszene beruht zu großen Teilen auf (Selbst-)Ausbeutung. Doch das finanzielle Aushungern und Kürzen der Kulturförderungen zahlt sich nicht einmal wirtschaftlich aus. Studien des ifo Instituts in München oder der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig belegen, dass öffentliche Kulturförderungen sich rechnen: Sie bringen Umwegrentabilität und Wohlstand durch Zuzug hochqualifizierter Mitarbeiter*innen und Tourismus. Das gilt für jedes ‹normale› Jahr, darf aber in Hinblick auf die zu planenden Budgets und bereits angekündigten Sparkurse Post-Corona auf keinen Fall vergessen werden: Bei der Kultur kürzen heißt doppelt Geld verlieren.

Diese Kürzungen passieren auch schleichend. Während die Inflation der letzten 20 Jahre 46 % beträgt, ist der Finanzierungsbeitrag des Bundes zu den regionalen Kulturinitiativen nur um 11 % gestiegen.¹ Und die große Mehrheit der österreichischen Kulturinitiativen sieht sowieso keinen Cent vom Bund, da dieser nur Vereine von «überregionalem Interesse» finanziert. Beides gehört geändert. Ein mickriges Plus von ein paar hunderttausend Euro mehr für die Kulturinitiativen im nächsten Jahr, wie sie zum Zeitpunkt der Drucklegung dieses Artikels im Gespräch sind, wäre daher ein schlechter Witz.

Österreich braucht eine Kulturpolitik mit Visionen. Wenn es die Bundes-Grünen mit Fair Pay ernst meinen, dann muss ein drastischer Umbau in Österreichs Kulturfinanzierung folgen. Eine Million mehr reicht nicht. Wir brauchen eine Milliarde mehr. Wir brauchen ein Kulturzentrum in jeder Gemeinde, wir brauchen Kunst und Kultur in der Breite und nicht nur in den Leuchttürmen. Wir brauchen weniger Verwaltungsaufwand für die Kulturfinanzierung. Wir brauchen unabhängige Förderstellen, die sich losgelöst von parteipolitischen Interessen bestmöglich um ihre Kund*innen kümmern. Wir brauchen faire Bezahlungen, faire Honorare, faire Förderungen. This is the way.

¹ Kulturministerium, Kunstbericht 1999 Förderbudget Abteilung II/8 (exklusive Förderung freie Medien) und Kunst- und Kulturbericht 2019 Förderbudget Abteilung II/7