„Kannst du dich ein bisschen mehr Jugo anziehen?“ Diesen Satz, und weitere gewaltvolle Übergriffe, hat eine Wiener Aktivistin von ihrem Ex-Partner – bei der „Sozialistischen Linkspartei“ (SLP) aktiv – erleben müssen. Nachdem ihre Kritik innerhalb der Partei im Sand verlief, sie vor dem Täter weder geschützt wurde noch dieser aus der Partei ausgeschlossen wurde, ist sie im Juli mit dem Erlebten an die Öffentlichkeit gegangen. Um den strukturellen Machtmissbrauch von linken Männern anzuprangern, wurde schließlich das „Calling Out Abusive Comrades Collective“ gegründet. Ein Zusammenschluss, der längst überfällig war.
Es ist für viele Personen, darunter noch immer FLINT* Personen und BIPOC nicht sicher, in linken Netzwerken zu agieren. Ständig passieren Übergriffe, gewaltvolle Wortwahl ist dabei nur einer davon. Von den Betroffenen wird Gratisarbeit zu jeder Zeit verlangt, emotionale Arbeit inkludiert. Wenn es unbequem wird und problematische Strukturen thematisiert werden, kommt die „Solidarität“ nicht ihnen zu. Den Support bekommen dann wieder jene mit mehr Macht. Am Ende ist es nämlich komplett gleichgültig, was Betroffene sagen oder wieviel Arbeit sie herschenken. Sie sind in den Augen der von patriarchalen Strukturen durchsetzten Linken von Anfang an weniger wert. Das ist die harte Realität.
In den Hintergrund treten ist etwas, das vor allem für linke Männer schwierig ist. Schließlich sind sie es gewohnt, politische Reden über die ganz großen Themen zu schwingen. Wenn ein Begriff gerade trendet – wie etwa feministische Care-Arbeit – dann wird er sogleich ins rhetorische Repertoire aufgenommen. Ob diese Fürsorge aber in den eigenen Kreisen und bei den eigenen Handlungen eine Rolle spielt und tatsächlich gelebt wird, ist unwichtig. Zuhören, nicht den gesamten Raum einnehmen, respektvoll mit Emotionen umgehen und über diese reden können, zum Wohle aller agieren und Verantwortung für eigene Fehltritte übernehmen: Kollektive politische Arbeit verlangt auch individuelle Veränderung. Patriarchale Kontrolle, Mansplaining und Ignoranz gegenüber den Erfahrungen von Marginalisierten verunmöglichen solidarische Arbeit. Denn: Unsere Kämpfe sind nie die „gleichen“, auch wenn wir für ein gemeinsames Ziel kämpfen.