„Besser mal nichts“, sagt die Arbeitsgruppe N. N., die für TKI open 20 daher folgenden Projektantrag eingereicht hat:
“So you’re a tough guy?”
Billie Eilish
Nichtstun
Nichts tun ist ein radikal partizipatives Projekt: Es können sich alle Alten Weißen Männer (AWM) und jene, die das AWM-Mindset mitbringen, ganz einfach anschließen. Sie müssen sich dafür nur freiwillig selbst verpflichten, das gesamte Jahr 2020 nichts zu tun. Auch ein schritt- und teilweises Mitmachen ist möglich: Für einige Monate oder auch nur Wochen nichts zu tun, ist ein richtiger und wertvoller Schritt für AWM. Alles, was AWM nicht tun, ist willkommen! Das Projekt Nichts tun darf aber auch gerne noch weiter gehen: Auch außerhalb Tirols und über das Jahr 2020 hinaus ist das Nichtstun der AWM erklärtes Ziel des Projekts. Ganz wichtig ist bei Nichts tun ferner, dass das Nichtstun in keinster Weise thematisiert wird. Es sollen die AWM nicht für ihr Nichtstun belohnt werden. Es dürfen keine Erfahrungsberichte in Zeitungen und auf Facebook oder sonstwo veröffentlicht werden, die Mitarbeit am Projekt Nichts tun darf nicht einmal öffentlich oder privat erwähnt werden. Es muss verhindert werden, dass die AWM noch aus ihrem Nichtstun symbolisches oder reales Kapital schlagen, wie sie es sonst auch aus allem tun. Sie dürfen keinen Dank, keine Aufmerksamkeit, kein Lob für ihr nichts tun erhalten, sie müssen ganz einfach mal nichts tun ohne das gleich wieder groß überall rauszuposaunen. Aus diesem Grund ist für das Projekt Nichts tun auch keine Werbung und keine Dokumentation vorgesehen. Es ist überhaupt komplett kostenneutral durchführbar, Nichtstun kostet nichts und wird mit nichts entlohnt (siehe auch Finanzplan). Idealerweise bemerkt niemand, dass es das Projekt überhaupt als solches gibt, denn es geht einzig und allein um die stille Selbstverpflichtung der AWM, nichts zu tun.
Tun
Nichtstun heißt schon auch: Es gibt immer was zu tun! Denn erlaubt und begrüßt wird bei allen Teilnehmenden am Projekt Nichts tun das Übernehmen von nicht honorierter Care- und Reproduktionsarbeit (wiederum: ohne sich dafür Lorbeeren oder anderes Kapital zu erwarten). Unbezahlt und unerwähnt nicht-weiße und / oder nicht-männliche Künstler*innen zu unterstützen, ist während der Projektzeit selbstverständlich gestattet: sei es die Fotodoku, das Buffett, die Abrechnung, das An-der-Kassa-und-hinter-der-Bar-Stehen oder einfach nur psychische Unterstützung, Fürsorgearbeit – es gibt so viele Möglichkeiten für AWM, sich nützlich zu machen. Wer das nicht bringt, darf sich auch gern darauf beschränken, gut auszusehen und Muse der Nicht-AWM-Künstler*innen zu sein. Und die edelste und wichtigste Tätigkeit im Kunst- und Kulturbetrieb steht den Teilnehmenden am Projekt weiterhin offen: Publikum und Fans sein. Aber bitte nicht nachher Kritiken darüber schreiben oder ungefragt ‹Feedback› geben. Empfohlen wird ferner, Bücher von Menschen zu lesen, die keine AWM sind. Sei es, was Bini Adamczak zu Genosse Lenins Frage «Was tun?» zu sagen hat, sei es J. Jacks Halberstams Kritik der neuen toxischen Männlichkeit als parasitäre Slacker, sei es Ursula Le Guins und Hélène Cixous’ fundamentale Kritik an der Struktur unserer Texte und unseres Erlebens – es gibt so vieles zu entdecken!
Kosten- und Finanzierungsplan
Einnahmen: € 0.-
Kosten: € 0.-
Gewünschte Förderhöhe durch TKI open: € 0.-
Zeitplan für die Umsetzung des Projektes
Projektbeginn: 01.01.2020
Projektende: 31.12.2020
(Eine Verlängerung des Projekts über den eigentlichen Projektzeitraum hinaus ist angedacht, erwünscht und kostenneutral möglich.)
Die Arbeitsgruppe N.N. hat ihr Projekt Nichts tun vergangenes Jahr bei TKI open eingereicht, dem Fördertopf der TKI – Tiroler Kulturinitiativen. Und das mit Erfolg: Die volle Förderhöhe wurde zugesprochen. Die gesamte Projektbeschreibung ist hier nachzulesen: → tki.at