Dass Widerstand manchmal nervt, meint Autor Otto Tremetzberger. Eine kleine Polemik gegen das reflexartige Nein in der Freien Szene. Comic von Stephan Gasser.
Kürzlich hat Peter Handke in einem Interview völlig zu Recht gemeint, dass er das Internet (er sagt dazu «Smartphone») nicht nutze und das Zeitunglesen ihn überhaupt meistens deprimiere; aber: Man kann’s dann halt doch nicht lassen. So ähnlich geht’s mir hin und wieder mit der KUPFzeitung.
Zum Beispiel: Kulturhauptstadt. Die Bad Ischler*innen mussten sich leider nicht nur in den sogenannten Mainstreammedien mehr oder weniger unverblümt erklären lassen, dass sie Gamsbart-Narrische sind, die von warmen Kaiser-Semmeln träumen und dem Kulturhauptstadt-Schmäh auf den Leim gegangen sind. Wer die Berichterstattung verfolgte, konnte tatsächlich meinen, bei dem für 2024 geplanten «Kulturhauptstadtjahr», handle es sich um eine Art größere Ausgabe des Lehár-Festivals, die den Zaunerstollen ins Zentrum und die Szene an den Rand stellt.
So auch in der letzten KUPFzeitung: Darin unterstellt Martin Wassermair, Oberösterreichs Lokaljournalist des Jahres 2017, das Projekt ‹Europäische Kulturhauptstadt› sei ausschließlich Ausdruck von «Geschäftemacherei» und ein «kulturindustrielles Business». Eine schlimme und neoliberale Angelegenheit also, der, man ahnt es bereits, in der KUPFzeitung (nur) mit dem szeneüblichen Generalverdacht zu begegnen ist. Das Ganze könne nur funktionieren, wenn der «heiße Atem aus Kritik und Widerstand» an den Schaltstellen spürbar werde.
Nun ist es aber gerade am Projekt «Salzkammergut 2024» das Erstaunliche, dass an vielen dieser Schalthebel nicht der vermeintliche Klassenfeind, sondern ehrenwerte Kulturarbeiter*innen sitzen, denen man nicht mit dem feuchten Odem jugendlicher Widerständigkeit, sondern mit begründetem Optimismus und, denn einfach wird es nie, mit Schützenhilfe begegnen sollte.
Dass es bei einer Kulturhauptstadt strukturell und prinzipiell natürlich um etwas anderes geht als um die öffentliche Querfinanzierung von politischen Umstürzen, nimmt man auch in der KUPFzeitung großzügig zur Kenntnis. Das renitente Beharren auf kritische Untertöne verkümmert allerdings in der Praxis häufig zur Pose. Im Übrigen fallen diese auch in der «Bürgerlichen Presse» keineswegs unter den Tisch. Aber gerade dort, wo sie ohne Substanz sind, dienen sie der allgemeinen Empörung, dem Herzstück zeitgemäßen Journalismus – ob Qualitäts-, Alternativ- oder Boulevardmedien von links oder rechts, ist dabei mittlerweile wurscht. Als «Aufreger des Tages» ist der heiße Atem der Kritik längst Mainstream und bezeichnend für eine «Politik der Empörung».
Und so ist die Berichterstattung zum Thema «Salzkammergut 2024» einmal mehr Beispiel für die Unzulänglichkeit unserer Medien und für die Unversöhnlichkeit einer Szene, die immer dagegen ist – am Ende wahrscheinlich auch gegen sich selbst.