Vom Land Salzburg befürwortet, auf Bundesebene abgelehnt, sorgte das Thema Foto museum über den Jahreswechsel und in der Regierungsbildung für heiße Debatten. Der Dachverband Salzburger Kulturstätten konnte Kulturausschussvorsitzende auf Bundesebene Eva Blimlinger (Grüne) und Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) dafür gewinnen, ihre Standpunkte darzulegen.
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Argumente für ein Bundesmuseum für Fotografie in Salzburg
Fotografie ist das allgegenwärtige Medium unserer Zeit. Sie ist ein visueller Spiegel der Geschichte der Menschheit der letzten 150 Jahre, sozusagen eine visuelle Soziologie der Gesellschaft. Sie ist das Medium unserer Zeit, ein Phänomen des Alltags und des täglichen Lebens.
Warum brauchen wir ein Bundesmuseum für Fotografie:
Es gibt weder ein Institut / Museum, dessen erste Priorität das Sammeln, Bewahren, Erforschen und Vermitteln von Fotografie in allen ihren Aspekten ist – insbesondere über den Kunstanspruch hinaus – noch ein kulturgeschichtlich orientiertes Zentrum für Fotografie, welches die Geschichte der visuellen Kultur seit Erfindung der Fotografie und den Wechselwirkungen mit Gesellschaft und Politik erzählt.
Salzburg bietet alle Voraussetzungen für ein Bundesmuseum für Fotografie, darüber hinaus wäre es ein starkes und sinnvolles Signal an den Föderalismus, denn es steht in der Bundesverfassung nirgends geschrieben, dass Bundeseinrichtungen ausschließlich in Wien angesiedelt sein müssen.
Salzburg bietet als möglicher Standort eine Vielzahl von Vorteilen:
Die Bundessammlung für Fotografie ist bereits in Salzburg loziert, zudem bietet das neue Depot Guggenthal perfekte Bedingungen und hätte zusätzliche freie Platzkapazitäten verfügbar. Das Museum der Moderne verfügt seit Beginn (Rupertinum) über hohe Fotokompetenz.
Zudem befinden sich schon jetzt weitere Fotobestände in den Museen (z. B. Museum der Moderne Salzburg, Salzburg Museum). Mit dem Fotohof verfügt Salzburg bereits seit dem Jahr 1981 über eine renommierte, nicht-kommerziell geführte Galerie und einen Verlag für zeitgenössische künstlerische Fotografie. Im Bereich der wissenschaftlichen Forschung weist Salzburg einerseits eine Professur für Fotografie an der Universität Mozarteum auf und andererseits einen eigenen Bachelor- und Masterstudiengang Multi MediaArt an der Fachhochschule Salzburg.
Nebst allen Einrichtungen bzw. Institutionen gibt es speziell in Salzburg zahlreiche private Sammler*innen, Fotokünstler*innen, Initiativen, Galerien und Vereine, welche sich der Fotografie auf unterschiedlichste Art annehmen.
Die Gründung eines Österreichischen Fotomuseums, das sich dem ‹Fotografischen› in seiner ganzen Breite widmet, wäre national wie international einzigartig und würde daher ohne jeden Zweifel viel beachtet werden. Es hätte sich vielen Aufgaben und Anforderungen zu stellen, sollte sich zudem als Ort von Debatten verstehen und darüber hinaus als Forschungszentrum fungieren, das die Fotografie sowohl in ihrer besonderen Bedeutung für die Geschichte visueller Kulturen begreift als auch aktuelle Fragen aufnimmt. Die rasche Reaktionsfähigkeit der Fotografie auf dringliche gesellschaftliche Fragen war und ist eine ihrer besonderen Qualitäten. Sie ist daher als ein Seismograph der Gesellschaft zu denken und auch zu erschließen.
Wilfried Haslauer jr. (ÖVP) ist seit 2013 Landeshauptmann von Salzburg. Er ist politisch zuständig für die Ressorts Wirtschaft und Arbeitsmarkt, Tourismus, Forschung, Gemeinden, Europa und Museen. Er ist zudem Vertreter des Landes Salzburg im Kuratorium der Salzburger Festspiele.
CONTRA Foto[museum]finish
Begonnen hat die Diskussion um ein Fotomuseum bereits 2015. Ach nein, das war ja schon viel früher, eigentlich schon 2002, da sollte es, so die Vereinbarung zwischen Landeshauptmann Franz Schausberger und Staatssekretär Franz Morak ein Haus der österreichi schen Fotografie im Rupertinum geben, gab es dann aber nicht, dort gibt es jetzt das Generali Foundation Studienzentrum – also Public-Private Partnership, so lange die Generali ihre Sammlung nicht abzieht, wie das in Wien passiert ist. Peter Coeln, 2001 Mitbegründer vom Museum für Fotografie und Fotokunst West licht versuchte dann 13 Jahre später dem damaligen zuständigen Bundesminister Josef Ostermayer ein Fotomuseum schmackhaft zu machen, Coeln würde die Westlicht-Sammlung spenden, wenn dafür ein Museum von der öffentlichen Hand bereitgestellt werden würde – ein bisschen das Modell Sammlung / Stiftung Leopold – private Vorlieben präsentieren. Es gibt aber zahlreiche andere ‹Fotosammlungen›, die im Eigentum der Republik stehen, die aber, wie etwa im MUMOK, in der Albertina aber auch im Museum der Moderne Salzburg, Teil der medial interdisziplinären Ausstellungspraxis sind, «die keine medialen Reinheitsgebote mehr kennt» (Matthias Dusini, Falter 32/17). – Und ganz zu schweigen vom Bildarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek. Ach ja, das ist ja keine Kunst – darf bleiben, muss nicht ins Fotomuseum.
Dann im Mai 2016, nachdem Thomas Drozda zuständiger Bundesminister wurde, war das Projekt vorerst vom Tisch. Doch dann schwuppdiwupp war es wieder da, und wie es sich für einen modernen Minister gehört, lässig und läppisch über Twitter «#Fotografie eine d popul. Kunstformen d 20/21 Jhds. Plädiere f d Schaffung e Fotomuseums in dem d Sammlungen d Republik gezeigt werden», so der Tweet im Juni 2017. Die Diskussion beginnt neuerlich, eine sommerliche Open Space Veranstaltung findet statt – mit Statements von Expert*innen und anschließender Diskussion und praktisch niemand spricht sich für ein Fotomuseum aus, nein, endlich soll die lächerliche Subvention von EUR 20.000 für die Fotosammlung des Bundes erhöht werden, das wäre doch was. Da könnte angekauft, ausgestellt, eine richtig gute Präsentation entwickelt werden. Dann nach 2017 wieder Ende der Debatte, Drozda nicht mehr Minister und Gernot Blümel, der sein Nachfolger wird, legt die Causa wieder ad acta, kein Fotomuseum im Regierungsübereinkommen ÖVP-FPÖ. Aber ein paar Monate später, im März 2018 lesen wir dann im Koalitionsvertrag zwischen ÖVP, Grünen und NEOS: «Das Land Salzburg bemüht sich darum, das Haus für Österreichische Fotografie als Bundesmuseum nach Salzburg zu bekommen; in diesem soll die Fotosammlung des Bundes Platz finden». Und da ist wieder das «Haus», wie es schon Schausberger wollte.
Und nun haben sich ÖVP und Die Grünen in den Regierungsverhandlungen geeinigt: Wir werden die Errichtung eines digitalen Foto- und Architekturlabs prüfen. Aber ein BundesFotoMuseumHaus wird es mit Sicherheit nicht geben – mal ganz abgesehen davon, dass das Museum der Moderne mit seiner großartigen Sammlung schon eines ist – halt nicht vom Bund gezahlt.
Eva Blimlinger war von 2011 bis September 2019 Rektorin der Akademie der bildenden Künste Wien sowie von Jänner 2018 bis Juni 2019 Präsidentin der Universitäten-Konferenz. Seit Oktober ist die Historikerin für die Grünen Abgeordnete zum Nationalrat und Vorsitzende des Kulturausschusses.
Standpunkt – Dachverband Salzburger Kulturstätten
„Salzburg hat die Chance zu einem Zentrum für Fotokunst und digitale Bildmedien zu werden, neue künstlerische und medienpolitische Positionen zu zeigen – ein Fotomuseum allein ist nicht mehr zeitgemäß«, sagt Karl Zechenter, Obmann des Dachverband Salzburger Kulturstätten. Der museale Betrieb müsse sich öffnen und mit lokalen Künstler*innen, Galerien und Akademien in Verbindung treten. Residencies-Programme, in denen sich (bildende) Künstler*innen vor Ort mit internationalen Fotograf*innen austauschen, ist für Salzburg zwar Zukunftsmusik, die Forderung danach darf aber gestellt werden. „Ein Fotomuseum kann nur dann für Salzburg ein wichtiges Zentrum werden, wenn es Projekte, Initiativen und Arbeiten der in Salzburg kuratorisch, künstlerisch und journalistisch tätigen Medienszene einbindet“, so Zechenter. Angesprochen ist hier die Einbindung von Schmiede Hallein, gold extra, Fotohof, Filmkulturzentrum Das Kino, Salzburger Kunstverein oder dem Community-Fernsehsender FS1.