Es grünt so grün

Vom Maibaumaufstellen über Kleidertauschen bis zum Musikfestival: Immer mehr Veranstalter*innen setzen auf Green Events. Was das eigentlich genau ist, hat Christa Hager recherchiert.

Kann ein Event überhaupt grün sein? Sind Veranstaltungen nachhaltig, obwohl sie aller Bemühungen zum Trotz Ressourcen verbrauchen und die Umwelt verschmutzen? Handelt es sich bei Green Events* nicht um einen Widerspruch?

Ja, sagen die einen und führen aus dem breiten Feld der Kapitalismuskritik viele Argumente vor: Solange sich an den Produktionsverhältnissen nichts ändert, solange an der systemimmanenten Wachstumsmaxime nicht gerüttelt wird, zementiere man mit ‹Nachhaltigkeit› oder ‹Öko› nur den kapitalistischen Status quo. Andere wiederum fragen: Was wäre dann eine gute Veranstaltung? Eine, die nie stattgefunden hat? «Jede Veranstaltung hat ihren Preis. Aber man kann ihn mit ökologischen Maßnahmen reduzieren», betont Richard Schachinger, der im Klimabündnis Oberösterreich unter anderem für Green Events zuständig ist. «Green Events als große Klimaschutzmaßnahmen zu bezeichnen, wäre vermessen. Sie sind ein kleiner, aber wichtiger Tropfen auf dem heißen Stein», sagt er.

Im Kulturbereich hat Umweltschutz lange Zeit faktisch keine Rolle gespielt. Das soll sich mit den Green Events ändern. Denn während sich bei den klassischen Umweltzeichen wegen der aufwändigen Nachweise, erforderlichen Baumaßnahmen oder Lizenzkosten viele Kulturinitiativen schwer tun, sind im Gegensatz dazu Green Events temporäre, bewusst niederschwellig gehaltene Auszeichnungen. «Bei uns zählt der Wille, der Prozess und das Tun. Es kann im Ehrenamt schließlich auch immer mal was daneben gehen», erläutert Schachinger.

Förderungen dienen als Anreiz. Sie betragen in Oberösterreich beim ersten Mal maximal 700 Euro. Der Betrag sinkt mit jedem Jahr und setzt im vierten Jahr aus. Die Beratung ist kostenlos. Finanzielle Unterstützung für Green Events gibt es nicht überall. In Tirol etwa wird mittels Beratung und Serviceleistung unterstützt, erzählt Stephanie Rauscher, Projektleiterin von Green Events Tirol. «Ausgezeichnete Veranstalter*innen können verschiedenste Abfalltrennstationen und auch die eigens programmierte Mitfahrbörse kostenlos nutzen», sagt sie. Oberösterreich ist in Sachen Klimakultur erfolgreicher Vorreiter. «Wobei man fairerweise sagen muss, dass vieles an der Förderung hängt», betont Rauscher. Und: «Nur weil einige Bundesländer wenig Green Events haben, heißt das nicht, dass es dort nicht auch viel Engagement gibt.»

Der Maibaum als Event

Bei allen Unterschieden ist eines bundesweit gleich: das steigende Interesse an Green Events. Da es keine inhaltlichen Kriterien gibt, können Veranstaltungen wie Kleidertauschbörsen oder Pfarrfeste, Kameradschaftsbundtreffen und Maibaumaufstellen zum ausgezeichneten Green Event werden. «Seit einem Jahr ist Plastik böse», weiß Schachinger und führt den steigenden Zulauf auch auf die Sensibilisierung über Einwegplastik zurück. Aber auch die Fridays For Future-Bewegung spiele eine große Rolle. «Es ist gut, dass es diesen Rückenwind gibt. Denn Umweltschutz ist mehr als Müllvermeidung», sagt er.

Hinzu kommt: Alle Altersschichten machen mittlerweile Green Events. Mit Vertreter*innen, die ohnehin mit dem Mehrwegsystem aufgewachsen sind, wird deutlich, welche Unterschiede es allein zwischen den Generationen gibt, schildert Schachinger. Bereiche mit Nachholbedarf sieht er vor allem bei den großen Veranstalter*innen wie Theater, Museen und Ausstellungen.

Über den Umweg Umwelt zur Unterstützung

Regionales Essen, wie hier bei der Eröffnung vom Tanztag 2018 in Kirchdorf, ist eines der Kriterien für Green Events. © tanztag.at, Maria Dieterstorfer

Der finanzielle Anreiz ist nicht zu vernachlässigen. Selbst wenn Veranstaltungen die Kriterien auch ohne grünes Label erfüllen würden, werden viele dahingehend noch einmal überarbeitet. Für manche ist der Umweg über die Umwelt auch die einzige Möglichkeit, finanzielle Unterstützung seitens des Landes zu erhalten. So erzählt Isolde Reichel vom Verein Tanzland, der im vorigen September in Kirchdorf an der Krems den Tanztag als Green Event durchführte: «Das Förderansuchen an die Kulturdirektion des Landes OÖ blieb bis jetzt unbeantwortet. Gerade ein junger Kulturverein, der alles in Eigenregie betreibt, muss sehr knapp kalkulieren. Da hilft diese Unterstützung sehr».

Wie sieht es eigentlich mit der Nachhaltigkeit in den Köpfen der Besuchenden aus? «Die Rückmeldungen waren absolut positiv», sagt Reichel. Auch das Internationale Jugend Medien Festival YOUKI ist schon seit langem ein Green Event, es konnte sich ebenso wie der Tanztag heuer über die Prämierung beim österreichweiten Wettbewerb nachhaltig gewinnen! freuen. «Wir finden es wichtig, uns jährlich zu verbessern und nachhaltiger zu werden. Die Green Event-Kriterien fordern das aber nicht wirklich, sie legen nur die Rahmenbedingungen fest», so Anna Rieder von der YOUKI. Während des Festivals habe vor allem die Waste-Cooking-Kantine zu Diskussionen angeregt: «Die Menschen waren begeistert und überrascht, was man aus Müll alles zubereiten kann!»

Tankstelle für E-Bikes am Free Tree-Festival.
© Philipp Hirtenlehner (Hirandnow)

Mit Eigeninitiative und Kreativität hat in den vergangenen Jahren beim Wettbewerb auch das Innviertler Musikfestival Free Tree gepunktet. «Wir waren immer vorn dabei, nun sind wir in der Hall of Fame», lacht Johann Gattermaier, Obmann vom Verein Kraut und Ruam, der das Open Air veranstaltet, nach nunmehr fünf Preisen. Überzeugen konnte das Festival über die Jahre unter anderem mit PET-Aschenbechern, lustigen Sprüchen auf Mülltrennstationen, mit dem Kompostklo ÖKLO oder einem Trennsystem für die Müllsäcke am Campingplatz – in vier Farben und Düften. Allerdings, warnt er, könne man es auch übertreiben: «Green Event ja, aber bitte mit Hausverstand».

* Green Events ist die international gebräuchliche Bezeichnung für die Planung und Durchführung von nachhaltig organisierten Veranstaltungen. Die Bezeichnung hat sich auch in Österreich durchgesetzt, mit Ausnahmen wie zum Beispiel g’hörig feschta in Vorarlberg. Um als Green Event ausgezeichnet zu werden, müssen Kriterien aus den Bereichen Abfall, Ernährung, Mobilität, Kommunikation und Soziale Gerechtigkeit erfüllt werden. Diese können sich je nach Bundesland unterscheiden. Das Bundesländer-Netzwerk Green Events Austria hat Mindestanforderungen entwickelt, sie gelten als Grundbasis für den bundesweiten Wettbewerb nachhaltig gewinnen! 2011 vom Netzwerk initiiert, zeichnet er Sport- und Kulturveranstaltungen, Feste und Events sowie seit 2017 auch Sportvereine aus. Bisher gab es acht Wettbewerbe, in Summe wurden dabei fast 20.000 Green Event-Maßnahmen realisiert.
klimakultur.at