Bleiben Sie gesund. Verzichten Sie auf Nachrichten. News sind Gift für den Körper.
Wer vor einigen Jahren am späten Nachmittag in Wien noch eine Sonntagszeitung ergattern wollte, musste oft einige Straßen weit gehen. Heute präsentieren sich die Selbstbedienungstaschen selbst abends noch wohl gefüllt. Ein Zeichen sinkender Umsätze. Der Markt schrumpft. Von den 40 Titeln, die es Ende der 1950er Jahre in Österreich gab, sind heute nur mehr 13 übrig. In Deutschland ging die Auflage von Tageszeitungen zwischen 1991 und 2016 um 30 Prozent zurück. In den USA gibt es in vielen Regionen kein lokales Nachrichtenmedium mehr. Der Digitalisierung, vor allem aber der Kommerzialisierung geschuldet, werden Titel eingestellt und Redaktionen zusammengelegt, sobald sie nicht ausreichend Gewinn abwerfen. Immer weniger HerausgeberInnen und Verlage werden immer mächtiger. Es sind nicht nur Zeitungen, Fernseh-, Radiosender und seriöse Online-Medien, die fehlen. Mit ihnen verschwinden auch die JournalistInnen. In den USA verlor zwischen 2008 und 2017 jede/r vierte Angestellte eines Nachrichtenmediums den Job. Genaues Hinschauen, insistierendes Nachfragen oder sorgfältiges Überprüfen sind so kaum mehr möglich. Schrumpfende Redaktionen und steigender Konkurrenzdruck wirken sich auch auf Qualitätsmedien aus. Der Fall Relotius erzählt nicht nur von einem Mann, der seine Geschichten aus Faulheit oder Geltungssucht erfand. Er verweist auch auf die Krise eines Journalismus, der das Maximale zur Maxime erhebt: Höher, weiter und schneller. Probleme mit der Qualitätskontrolle musste auch der renommierte WDR einräumen. In drei Dokumentarfilmen trat ein und dasselbe Paar unter drei verschiedenen Namen auf. Und keiner hat’s bemerkt. Wenn Zeit und Personal weniger werden, bleibt auch jenen, die sorgfältig arbeiten wollen, zu wenig Zeit für Recherchen. Das stärkt den Einfluss der Public Relations Abteilungen. Dort nämlich sind ausreichend Ressourcen vorhanden, um Inhalte so aufzubereiten, dass sie die jeweils eigene Agenda optimal transportieren. Message Control ist auch, wenn 30 RedakteurInnen des Nachrichtenmagazins Profil gegen 60 MitarbeiterInnen im Medienstab des Bundeskanzleramt antreten. Die eingangs erwähnte Abwendung von Nachrichtenmedien hat unter diesen Umständen vielleicht auch ihr Gutes. Schließlich kam es auch nach dem Weinskandal der 1980er Jahre zu einem radikalen Umdenken. Die Hoffnung, dass auch die Krise des Journalismus dazu führt, dass uns wieder reiner Wein eingeschenkt wird, lebt. Der Demokratie täte es gut.