Ist doch schön oder?

Manfred Pühringer hat dazugelernt. Anstatt seinen Gefühlen freien Lauf zu lassen, weiß der Linzer Gemeinderat mittlerweile, wie man den Facebook-Mob bedient, ohne selbst direkt in die Timeline zu kotzen. Ein „Ist doch schön oder?“ reicht völlig aus, um mit einem ÖBB-Plakat in einem Aufwischen Stimmung gegen Homosexuelle und „Ausländer“ zu machen. Das Bild zeigt zwei Männer mit einem Baby, einer davon mit dunklerer Hautfarbe. Beworben wird die Vorteilscard Family, die eben wirklich für alle Formen von Familie gilt. Für rechte Kampfposter eine Steilvorlage. Das politische Klima ist mittlerweile so vergiftet, dass man die Dinge gar nicht mehr beim Namen nennen muss. Der gewünschte Sturm der Entrüstung folgt auch so prompt und erbarmungslos. Hätte sich nicht ein besonders verhaltensauffälliger Parteifreund aus Amstetten – aus unerfindlichen Gründen sogar Stadtrat – völlig vergessen und die Vorlage Pühringers mit „Schwuchteln“ und „Neger“ kommentiert, wäre der perfide Teaser im täglichen Empörungszirkus gar nicht weiter aufgefallen. Auch das spricht Bände. Als ob nicht schon reichen würde, was die Herrschaften aussprechen, hat auch die Methode, vieles nicht mehr sagen zu müssen, längst System. Strache, Gudenus, Waldhäusl und Co. erzielen damit jeden Tag Zigtausende von Likes und Interaktionen. Da reicht schon des Vizekanzlers berühmtes „Zur Info“ und seine Fans wissen, was gemeint ist, wenn dazu ein passender Krone-, Österreich- oder unzensuriert.at-Artikel gepostet wird. Den Vorteil dieser Methode hat sogar Manfred Pühringer begriffen. Seine Lernkurve lässt sich wunderbar anhand der Timeline nachvollziehen. Vor ein paar Jahren hatte der blaue „Sozialpolitiker“ mit dem „Ehre-Treue-Vaterland“-Tattoo einen ermordeten SPÖ-Gemeinderat schließlich noch als „Handgranaten Tschusch“ bezeichnet. Die darauf erfolgte „ernsthafte Aussprache“ mit dem freiheitlichen Landesparteiobmann Manfred Haimbuchner dürfte eher ein Facebook-Coaching gewesen sein als eine kritische Auseinandersetzung.

Das Ergebnis dieses jahrelangen rechten Social-Media-Trommelfeuers ist jedenfalls nichts weniger als die völlige Verrohung der politischen Kultur im Land. Selbst Linke nehmen in Talkshows Begriffe wie „Asylindustrie“ mittlerweile erstaunlich gelassen hin. Mit dem Ergebnis, dass diese verbalen Bösartigkeiten nun auf Regierungsebene munter in Gesetze gegossen werden. Die Gnackwatschn kriegen deshalb auch jene, die das schweigend hinnehmen und ermöglichen: Der türkise Kanzler, gegen den ein Schüssel die reinste Plaudertasche war. Der schwarze Landeshauptmann und der rote Linzer Bürgermeister, der in seiner ganzen Hilflosigkeit mit einer Partei koaliert, in der die Pühringers keine Ausnahme, sondern die Regel sind.