Barbara Eppensteiner schaut fern
Maybrit Illner debattiert im ZDF mit einer interessant zusammengestellten Runde differenziert über die Vorwürfe gegen den deutschen Fernsehregisseur Wedel: das Bühnenbild – wechselnd. Zum Einstieg sind fünf überlebensgroße Portraits des Beschuldigten, mal mit und mal ohne Sonnenbrille, zu sehen. Was will uns das sagen? Und dann ein Einspieler: die Vorwürfe in Gestalt von Aussagen jener Frauen, die «Die Zeit» zum Aufgreifen des Falls bewog. Und was kriegen wir zu sehen: links vorne die jeweilige Frau, die eine ernst, die andere bedrückt, die dritte unsicher blickend und rechts hinten? Er schon wieder; diesmal als Puppenspieler, der von einer quasi erhöhten Position aus selbstsicher lächelnd die Fäden in der Hand hält. Wer denkt sich sowas aus?
Schnitt: Ich sehe eine Folge der Arte-Philosophiesendung. Das Thema: Scham. Als Gast angekündigt: eine französische Journalistin, die ihre lang zurück liegende Missbrauchserfahrung reflektiert. Fürs erste sind allerdings nur zwei Herren zu sehen: der Gastgeber und ein Philosophielehrer. Sie sollen den theoretischen Überbau liefern. Um sichtbar zu machen, wie Sartre Scham definiert, wird ein Foto überlebensgroß an die Wand projiziert. Es zeigt die Sängerin Mylène Farmer, wie sie auf dem Weg zum Präsidentendinner auf der Treppe stolpert. Strauchelnd reißt sie den rechten Arm hoch, ihr enges hochgeschlitztes Abendkleid weht Richtung Stufen, ihr Oberschenkel wird bis zu ihrer Scham sichtbar. «Farmer wird ganz Ding, ganz Körper», sagt der Philosophielehrer und der Moderator springt auf, tritt nah ans Bild und greift ihr mit der Hand erklärend zwischen die Beine. Die mit dreizehn Jahren missbrauchte Journalistin, die in Frankreich für längere Verjährungsfristen eintritt, kommt erst im letzten Drittel der Sendung zu Wort. Wieso fällt das niemandem auf?
Schnitt: Ausgerechnet während einer Debatte über Sexismus fährt die Kamera langsam und genüsslich das Bein von Verona Pooth entlang. Ein Schwenk, dem wenigstens ein kleiner medialer Aufschrei folgte. So wie den Bildern, die die Verleihung des deutschen Fernsehpreises lieferte. Dass dort nämlich gerade jetzt Tänzerinnen in Bananenröckchen und mit Troddeln an den Brüsten auftraten, hat «Zapp»-Moderatorin Anja Reschke in ihrer Sendung präzis analysierend kommentiert. Dass sie dabei stellenweise beißend sarkastisch wurde, tat wohl. Fazit: Die Debatte darüber, was den Boden für sexistisch motivierte Gewalt bereitet, müssen wir wohl auch anhand der Bilder führen, die uns umgeben.