Die ÖVP und der Feminismus

Sie ist Leiterin der ÖVP Frauen in Oberösterreich, sitzt für die ÖVP im Bundesrat und bezeichnet sich als Feministin: Doris Schulz. Valentine Auer spricht mit ihr über Frauenpolitik, über Feminismus in der ÖVP und über #frauenlandretten.

 

Valentine Auer: Frau Schulz, welche Frauenpolitik vertreten die ÖVP Frauen in Oberösterreich?

Doris Schulz: Frauenpolitik bedeutet aus unserer Sicht, dass jede Frau ihr Lebensmodell selber wählen kann, dass Frauen selbstermächtigt werden, etwas tun zu können und dass jene, die Unterstützung brauchen, diese auch bekommen.

Zum Thema Unterstützung: Die Förderung der Vereine maiz, FIFTITU% und Arge SIE wurden vom Frauenreferat komplett gestrichen. Dadurch entstand die Kampagne #frauenlandretten. Wie stehen Sie dazu?

Ich verstehe nicht, wieso etwas gerettet werden muss. Alle drei Vereine beziehen Förderungen aus verschiedenen Töpfen und sie können über das Frauenreferat Projektförderungen beantragen. Im Verhältnis zu anderen Ressorts – ob jetzt auf Landes- oder Bundesebene – hat das Frauenreferat ohnehin den geringsten Teil beigesteuert.

Meines Wissens liegt der maximale Betrag für Projektförderungen des Frauenressorts bei 8.000 Euro. Damit fehlt maiz zum Beispiel immer noch die Basisfinanzierung. Die Vereine wurden teilweise 20 Jahre lang vom Frauenreferat gefördert und sind natürlich davon ausgegangen, dass es auch weiterhin so sein wird. Um den laufenden Betrieb aufrecht zu erhalten, sind Projektförderungen ja nicht gedacht.

Ich weiß, dass FIFTITU% 2016 alleine vom Land Oberösterreich 51.200 Euro bekommen hat, 12.200 davon sind vom Frauenreferat. Die Stadt Linz zahlt das kulturelle Jahresprogramm mit 7.500 Euro, das Frauenbüro der Stadt Linz zahlt 1.600 Euro und das Frauenministerium auf Bundesebene 5.000 Euro. Insgesamt acht Förderstellen zahlen hier mit.

 

FIFTITU% wurden bereits im vergangenen Jahr Gelder aus dem Kulturressort gekürzt. Die Streichung der Förderung des Frauenreferats bedeutet einen Wegfall von 20 Prozent des Gesamtbudgets. Das Argument, wieso diese Frauenprojekte nicht mehr gefördert werden, war, dass sie nach den «neuen Förderkriterien» nicht mehr zum «Kerngeschäft» gehören würden. Jetzt scheint niemand zu wissen, was diese neuen Kriterien sind. Wissen Sie mehr?

Die Förderkriterien haben sich geändert, da das Land Oberösterreich ein Nulldefizit ausgerufen hat und in allen Bereichen eine Deckelung von zehn Prozent eingezogen wurde. Die entsprechenden Beratungsstellen müssen sich mit den Ausschreibungen beschäftigen. Da muss man kreativ genug sein. Es geht um Leistung, es ist ja kein geschenktes Geld.

Ich frage nochmal anders und frecher: Es liegt die Vermutung nahe, dass es eine politische Entscheidung war, da sich alle drei Vereine als feministisch verstehen. Hat die ÖVP ein Problem mit dem Feminismus?

Nein! Also bitte! Ich bin selber Feministin. Warum soll die ÖVP ein Problem mit dem Feminismus haben? Das ist eine alte Mär und ich kann sie nicht mehr hören. Es gibt genug Feministinnen in der ÖVP.

Wie definieren Sie Feminismus für sich?

Für mich heißt Feministin sein, als Frau zu agieren. Ich unterstütze Frauen ganz bewusst. Wenn ich als Unternehmerin jemanden suche, schaue ich als erstes, welche Frau das machen kann. Für mich sind Frauen immer der erste Anlaufpunkt, um gemeinsam etwas weiterzubringen – sei es beruflich oder privat.

Kommen wir zu einem anderen Thema: Das Frauenvolksbegehren. Ich habe gelesen, dass sie keine Verfechterin davon sind.

Ich finde es ist eine vertane Chance. Wenn eine Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden bei gleichem Gehalt gefordert wird, tut mir das persönlich leid. Die Forderungen sind sehr rückwärtsgewandt und funktionieren in kommunistischen Ländern. Zum Beispiel die Forderung, dass man schwangerschaftsverhütende Maßnahmen und Schwangerschaftsabbrüche auf Krankenschein bekommt. Wir leben im 21. Jahrhundert! Wesentlich wichtiger ist, Motivforschung zu machen, damit wir wissen, warum Frauen abtreiben. Es gibt auch Forderungen, die selbstverständlich sind, wie zum Beispiel Nulltoleranz bei Gewalt gegen Frauen und Kinder. Aber wenn ich meine Stimme dem Volksbegehren gebe, gebe ich allen Punkten recht. Ich finde es auch schade, dass das Frauenvolksbegehren nie Kontakt zur ÖVP gesucht hat und dass es heißt, wir hätten nichts damit zu tun.

Ich habe das Gefühl, dass bei der ÖVP Frauen oft in Bezug auf Unternehmerinnentum, Karriere und die Vereinbarung mit Kindererziehung genannt werden. Gerade prekarisierte Frauen werden vergessen.

Das Frauenthema ist eine Querschnittsmaterie und muss in allen Punkte mitgedacht werden. Bezüglich Migrantinnen schaue ich zum Beispiel gerade, wie ich einige Frauen, die viele Kompetenzen haben, in gute Positionen bekomme.

Aber da geht es wieder um ökonomische Interessen. Es gibt auch Frauen, die nicht in dieser privilegierten Position sind.

Wir leben in einem Land, wo jede Frau zu einer Frauenberatungsstelle oder auf ein Gemeindeamt gehen kann, wenn sie möchte. Da gibt es nicht nur eine Bringschuld, sondern eine Holschuld.

Da sind wir beim Anfangsthema, dass zum Beispiel maiz – die Migrantinnen unterstützen – 20 Prozent ihrer Basisfinanzierung fehlt.

Ich lebe in Wels und wir haben 40 Prozent Migranten und Migrantinnen. maiz gibt es in Wels nicht und es funktioniert trotzdem. Ich verstehe, dass der Verein mit dem Geld rechnet und das Geld braucht. Aber es gibt darüber hinaus auch vieles, das außerhalb von Vereinsarbeit funktioniert.

 


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Langversion des im Printmagazin abgedruckten Interviews.