Gnackwatsch’n
Der Kapitalismus ist böse – mehr oder weniger –, das ist im Kulturbereich Common Sense. Fleißig werden konsumkritische Dokumentarfilme gedreht, Ausbeutungen kuratorisch angeprangert und der Hedonismus an die Wand gesprüht: Existenzängste? Champagner! Antikapitalistisch, wie man eben ist, verlost man Karten und generiert dabei Aufmerksamkeit – wegen Social Media und so. Oder der Eintritt ist gleich gratis – weil das ist besser, als wenn niemand kommt. Für «die, die weniger haben» entwirft man Hunger auf Kunst- und Kultur-Programme, damit die auch einmal in eine Ausstellung gehen können.
Ob es Geld gibt, steht noch in den Sternen.
Aber sie suchen Leute, «die vor allem aus Interesse am Projekt mitarbeiten wollen.» So oder so ähnlich klingen Jobanfragen im Kulturbereich. Informelle Anfragen, wohlgemerkt, da braucht man praktischerweise kein Gehalt angeben und kann unverbindlich bleiben. Schließlich eint Kulturaffine mehr die Idee, nicht die Notwendigkeit nach einem Dach über dem Kopf und einigen Lebensmitteln im Kühlschrank. Und so werden fröhlich die Projekte überdimensioniert, weil sonst bekommt man ja keine Förderzusage – wenn man denn überhaupt eine in Aussicht hat. Ohne schlecht oder gar nicht bezahlte Arbeit lassen sich diese Projekte natürlich nicht stemmen.
Ich dachte, im Kulturbereich ist das halt so,
hört eins dann von Menschen, die sich nach dem Bewerbungsgespräch mit dem in Aussicht gestellten Gehalt für einen der heiß begehrten Kulturjobs abfinden.
Kulturinstitutionen stehen vor stagnierenden Budgets bei steigenden Fixkosten. Was tun? Doch nicht beim Programm einsparen? Wie man Personalkosten reduziert – und das Programm dabei noch ausweitet –, das haben ja die da draußen in der freien Wirtschaft schon aufgezeigt. Das können wir auch.
Die Gnackwatsch’n geht jedoch nicht an diejenigen, die qualifizierten Kulturarbeiter/innen zu wenig bezahlen. Sie geht an alle, die für zu wenig Geld arbeiten und sich unter ihrem Wert verkaufen. Überlassen wir doch die prekären Kulturjobs und die unbezahlten Praktika den Rich Kids! Schauen wir mal, wohin das führt. Eine «interessante» Kulturszene wird das werden. Wird gar ein neuer bürgerlicher Kunstbegriff entstehen? Gegen den kann man sich dann zumindest auflehnen. Und wir? Wir gehen in die Sauna oder auf eine Demo. Und nutzen die neu gewonnene Zeit für Subversion. Und für das Dach über dem Kopf? Ein Job wird sich schon finden, als Sozialarbeiter, Optikerin oder Nachtportier.