Wir haben KünstlerInnen und Kulturschaffende gefragt, wieso sie von Oberösterreich ins Ausland gegangen sind. Was haben sie in Oberösterreich vermisst und woanders gefunden? Welchen Blick auf Oberösterreich haben sie heute?
Helga Traxler
„Ich habe nicht den Drang verspürt, unbedingt aus Oberösterreich weg zu müssen. Vielmehr war es ein Hängenbleiben auf Reisen, ein Ausprobieren im Vorfeld im Zuge von Praktika und kurzen Arbeitsaufenthalten, das mich nun hier sein lässt.
New York gibt viel Inspiration, die Weitläufigkeit und Offenheit und die Tatsache, dass man hier gleichzeitig so anonym sein kann, lässt mich als selbstständige Fotografin eine gewisse Sensibilität für kreative Details entwickeln.
Auch Linz hat mir guten Nährboden für mein künstlerisches Schaffen geboten, allerdings habe ich gemerkt, dass ich eine neue Herausforderung in einer der Modemetropolen annehmen will. Wann immer ich auf Heimaturlaub bin, und das bin ich sehr gerne, erlebe ich in Oberösterreich eine lebendige und innovative Kultur-, Musik- und Kreativszene. Es hat sich auffallend viel getan in den letzten Jahren – und ich schätze es immer wieder, dieses Angebot genießen zu können und ein Teil davon zu sein.“
Stephan Blumenschein
„Linz ist klein – und klein ist eben klein. Aber mit Linz hat das ja eigentlich nix zu tun. Könnte auch Miami sein. Irgendwann ist man mit einer Stadt eben fürs erste durch. Schlussendlich geht’s um Bewegung: Entweder man wird selbst aktiv und gestaltet mit oder fährt woanders hin. Ich hab mich für letzteres entschieden; die Welt so groß und dann die Frage: Warum dort bleiben, wo man herkommt? Dann ging es über Wien nach Amsterdam.
Und – Vorsicht Kalenderblattweisheit – man versteht und schätzt einen Ort oft mehr, wenn man nicht mehr dort ist und ein Vergleich sich einstellt. Da kann ich z. B. nur meinen Hut ziehen vor dem großen Bewusstsein kulturpolitischer Anliegen, sich zu organisieren, der Selbstverständlichkeit, zu fordern und dem Nicht-klein-Beigeben.
Im Dezember bin ich auf Residency wieder in Linz und freu mich schon sehr und bin gespannt wie’s ist“
Mono
„Als ich 2008 kurz in London war, habe ich gemerkt, wie sehr ich wieder Lust auf eine Großstadt habe. Ich habe die Anonymität und die Freiheit vermisst. Berlin, mein jetziger Lebensmittelpunkt, ist so schön unfertig, das macht die Stadt voll mit Möglichkeiten und Inspiration.
Ich kann im Schlafanzug aus dem Haus gehen und es kümmert keinen.
Durch meinen Beruf habe ich ein etwas antizyklisches Leben. Wenn andere feiern, arbeite ich und umgekehrt. So geht es in Berlin vielen befreundeten KünstlerInnen und MusikerInnen, was das soziale Leben einfacher macht. Linz ist eine tolle Stadt, um Projekte zu planen und zu starten und ich will die Zeit in Linz auf keinen Fall missen.
OberösterreicherInnen sind Genussmenschen – das finde ich schön. Die meisten Menschen in Österreich sind im Vergleich zu Berlin reich und haben ihre eigenen vier Wände. Komischerweise sind sie aber oft nicht glücklicher, sondern unzufrieden, weil der Nachbar doch noch mehr hat.“
Rainer Kohlberger
„Mit Anfang 20 bin ich erstmal gar nicht weit weg, ins für mein Verständnis kulturell verkümmerte Salzburg, zum Studieren. Dort ist mir Linz abgegangen, mit seinem (damals vielleicht noch irgendwie sinnvollen Begriff) Underground, der international mit aktuellen Tendenzen verbunden war. Ich weiß nicht, ob das heute auch noch so ist. Seit zehn Jahren lebe ich nun in Berlin, dort gibt es viele unterschiedliche Sphären, die sich manchmal berühren, oft einfach für sich stehen. Mittlerweile schätze ich u. a. die berühmte Club-Kultur und viele aufregende Galerien und off spaces. Fasziniert bin ich davon, bei Festivals wie atonal oder CTM für ein paar Tage mit mehreren Hunderten oder Tausenden begeistert Noise und Drone-Konzerte zu besuchen, was anderswo kaum in dieser Ausprägung möglich ist. Mit OÖ verbinde ich nun vor allem meine Familie im Mühlviertel, alte FreundInnen in der Stahlstadt und die im Ausland wachsende klassische Sehnsucht nach seiner Landschaft, vor allem dem Salzkammergut.“