Medienkolumne von Olja Alvir
Nicht erst seit der vertraglichen Bindung von Professor (das muss man jedes Mal dazusagen, wo kämen wir denn sonst hin) Peter Filzmaier als Haus- und Hofnarr, äh, -Analyst und der daraus folgenden Allgegenwärtigkeit seiner ruhigen Zusammenfassungen und subtilen Pointen im Programm ist klar, dass Österreich einen, sagen wir, eigentümlichen Umgang mit Expert*innen hat.
«Was liegt, das pickt» gilt hier nämlich, und wer einmal in einem Medium herbei-expertiert wurde, bleibt dauerhaft am Schirm. Und in den Telefonbüchern und Kontakten der Redakteur*innen, was einer der Gründe ist, warum immer dieselben Leute zu den selben Themen befragt werden. Dieses unkritische Auswahlverfahren ist auch verantwortlich dafür, dass weit weniger Frauen und Migrant*innen als selbstbewusste, fachlich versierte Subjekte und nicht nur Objekte, über die gemutmaßt wird, auftreten können. Ernst zu nehmende Mediendemokratien müssten ihre Aufgabe darin sehen, gegen dieses Ungleichgewicht anzukämpfen, schließlich können Medienauftritte sowohl für Akademiker*innen als auch für Politiker*innen sowie Unternehmer*innen und Aktivist*innen karriereund lebenwegsentscheidend sein.
Die Krux ist, dass das Publikum – angeblich, denn das wissen wir ja auch nur von Medienexperten und Expertinnen, nicht? – nun mal gerne sieht und hört, wen es schon kennt, und den bekannten Gesichtern auch lieber vertraut. Das heißt, dass ein ständiger Expert*innenwechsel im aktuellen System sogar einen Glaubwürdigkeitsverlust bedeuten könnte, anstatt als nötige wissenschaftliche und demokratische Diversität gedeutet zu werden.
Eigentlich ist man ja in dem Moment, wo man alt genug ist, um in die Riege der Expert*innen aufzusteigen, schon überholt. Weil in einer insbesondere technologisch derart schnelllebigen Welt schon die nächsten, Jüngeren herangewachsen sind, sogenannte «natives », deren Erstsprache die neuesten Methoden sind, die sich die Alten erst mühsam anlernen müssten. Es bleibt also nur eines: Weg mit den Expert*innen! Außer mir, versteht sich.
Olja Alvir konsumiert hauptberuflich Medien und arbeitet als freie Journalistin und Autorin in Wien.
olja.at