In OÖ werden Kulturproduktionen durch das Veranstaltungssicherheitsgesetz von 2008 erschwert. Die Klagen darüberhaben sich in den letzten Jahren in allen kulturellen Sparten vermehrt.
Ein Text von Stefan Haslinger.
Ein Drama in sieben Akten als Liebesdienst, zu dem mich die Redaktion gezwungen hat und der auf einem Sprachreflex beruht.
1. Akt — Das Warten hat ein Ende
16 Jahre lang hat es gedauert. 16 lange Jahre, in denen Kulturarbeiterinnen und die KUPF nicht müde wurden zu betonen, dass es eine Reform des Veranstaltungsgesetzes braucht. Auch ich habe das betont. Ich fand vor allem Passus, wie jene, dass Veranstaltungen am Karfreitag und Weihnachtsabend verboten sind, anachronistisch und ich (wir) prozessierte dagegen bis zum Verfassungsgerichtshof.
Nach 16 Jahren der Paukenschlag (als symphonische Überraschung): 2008 trat ein neues Gesetz in Kraft und ersetzte das erste. Und das Wort der Wörter, das Wort, das schon synonym für politische Daseinsberechtigung gelten darf, fand sich darin: «Sicherheit». Aus dem OÖ Veranstaltungsgesetz wurde das OÖ Veranstaltungssicherheitsgesetz.
2. Akt — Dreierlei Schlechtigkeit
Die Ernüchterung folgte schon beim ersten Lesen des Gesetzes und der dazu erlassenen Verordnung. Stolz verkündete der damals zuständige SP-Landesrat Ackerl, dass die Hauptlast der Verantwortung jetzt bei den Veranstalterinnen liege. Und so war (ist) es auch. Die Veranstalterinnen waren plötzlich für nahezu alles verantwortlich. Und das war (und ist es auch heute noch) aus dreierlei Gründen schlecht:
Erstens waren die mit dem Gesetz verbundenen Auflagen für viele Kulturinitiativen und -vereine ein Damoklesschwert, oder wie es der Bezirksobmann des Blasmusikverbandes Urfahr-Umgebung anlässlich des Kulturdialogs des Landes OÖ am 22. 10. 2014 ausdrückte: «Wenn ich heute ein Fest mach, dann bleibt entweder gar nichts mehr über, wenn ich alles nach dem Gesetz mache, oder ich werde eigentlich in die Illegalität getrieben.»
Zweitens ging mit dieser Verantwortungsübertragung auch eine Teilentmündigung des Publikums von statten.
Drittens wurde zu wenig zwischen Art und Umfang von Veranstaltungen differenziert.
Intermezzo
Wir recht die Politik mit dem neuen Gesetz zu haben glaubte, ließ sie anlässlich der Ereignisse der Loveparade in Duisburg 2010 durchklingen. Hier wurden Stimmen laut, dass derartige Tragödien dank der umsichtigen, vorausschauenden Gesetzgebung in OÖ vermieden werden können. Dass das, ohne hier eine genauere Analyse überhaupt vornehmen zu wollen, ein ziemlicher Topfen ist, sage ich auch heute noch.
3. Akt — Der Sprachreflex
Schon länger klang es durch, dass sich beim Gesetz was ändern sollte. Zu oft wurde die Politik offensichtlich von Vereinen und Kulturschaffenden damit konfrontiert, dass hier keine Verhältnismäßigkeit gegeben ist. Da war z. B. die Gleichsetzung von Veranstaltungsstätten, die – unabhängig von ihrer Größe – auch gleich behandelt wurden. Da waren die vorgeschriebenen Securities oder Ordner, die ob der oft undefinierten Auslegung von behördlicher Seite vor allem zu einer Existenzsicherung von professionellen Firmen wurden.
Und da rief mich die KUPF an. Ich wäre der Mann dafür, dem Ganzen nachzugehen. Ich war schließlich damals in der KUPF beschäftigt als das Gesetz erlassen wurde. Ich hätte ja die erste Stellungnahme zum Begutachtungsentwurf abgegeben. Ich hätte ja schließlich Info-Seminare dazu gehalten. Ich wäre – mittlerweile – neutral genug, um mich mit einer Expertin zum Gesetz auszutauschen und – exklusiv und unabhängig – für die KUPFzeitung zu berichten, was sich denn ändern wird. Und mein Sprachreflex fand Anwendung: Ich kann zur KUPF nicht nein sagen. Ich sagte zu.
4. Akt — Trial and Disappointment
Ich verfasste also Emails und ich unternahm Telefonate und versuchte der Expertin habhaft zu werden um ihr die News und Facts zu entlocken. Und ich vernahm schließlich ihre Stimme, die mir freundlich, höflich aber bestimmt klarmachte, dass sie – die Expertin – zum derzeitigen Stand gar nichts sagen möchte, weil alles offen ist. Sie – die Expertin – habe Vorschläge gemacht, was geändert werden sollte und möchte jetzt der Politik nicht vorgreifen.
5. Akt — Liebesdienst unter Zwang
Die KUPF war nicht begeistert ob der Botschaft, dass es den gewünschten Text nicht geben würde, aber sie war – wie immer – verständnisvoll. Und dann rief sie mich wieder an und sagte mir, dass ich den Artikel anders – ohne die Expertin – schreiben kann. Wobei «kann» nicht das richtige Modalverb in diesem Zusammenhang ist. Zur Anwendung kam: «schreiben muss». Wie gesagt, ich kann der KUPF nichts abschlagen, sie lächelt zu schön, sie hat so viel Gutes für mich getan, ich hab sie einfach lieb. Darum sagte ich der KUPF: «Ich schreib euch das, wenn auch unter Zwang».
6. Akt — Anlassgesetzgebung
Es ist ja so, dass jede Politikerin, die etwas auf sich hält, betont, dass mit ihr keine Anlassgesetzgebung passiert. Denn wenn sie das nicht sagt, könnte ihr ja unterstellt werden, dass sie sich nach den Anlässen richtet und vielleicht gar nur dem Wahlvolk nach dem Mund Gesetz gibt.
Aber im konkreten Fall, dem Veranstaltungssicherheitsgesetz, muss das böse Wort zumindest vermutet werden. «Erleichtern und verbessern ließe sich manches im Bereich des Veranstaltungssicherheitsgesetzes, in dem manche Normen sich als wenig praxisnah und insgesamt unflexibel erwiesen haben.», meint z. B. Herbert Scheiböck, der Präsident des Forum Volkskultur und ist eine der Stimmen, die vor allem im vergangen Jahr ihren Unmut ob des Gesetztes kund getan haben. Hier müssen die Politikerinnen handeln, denn es sind zu viele aus unterschiedlichsten Bereichen, die hier Forderungen stellen und nicht nur einige wenige, die ohnehin immer lästig sind.
7. Akt — Symphonisches Ende mit Paukenschlag
Aber, auch wenn etwas passieren wird, Konkretes kann ich der KUPF, trotz aller Liebe, nicht liefern, dachte ich mir, bis ich wieder einmal tat, was ich nicht lassen kann: Ich habe die OÖ Nachrichten gelesen. Und da stand es. Am 23. 5. 2015, 3 Tage vor Drucklegung, exklusiver geht es für eine Quartalszeitung, wie die der KUPF nicht: «VP will einfachere Spielregeln für Veranstaltungen». LH Pühringer und VP-Klubobmann Stelzer werden zitiert, dass das Regelwerk immer dichter geworden ist und vom Organisieren von liebgewonnenen und traditionellen Veranstaltungen abschreckt. Der Paragraphenwald soll gelichtet werden.
Ein Schelm wäre ich, wenn ich die liebgewonnen und traditionellen Veranstaltungen als jene vermuten würde, die auch das Wahlvolk der VP liebgewonnen hat und traditionellerweise gerne besucht.
Aber bin ich denn ein Schelm?
Vielleicht?
In erster Linie bin ich hier ein Liebesdiener der KUPF, der auf dieser Seite nicht viel Licht in den Paragraphenwald gebracht hat, der nicht dazu beigetragen hat, ein Verständnis zur Materie zu entwickeln, der aber seine Meinung niederschreiben durfte.