Sendungen und Apokalypsen

Obertöne. Medienkolumne von Olja Alvir.

Der Untergang der Zivilisation: Jedes Mal wird er prophezeit, wenn sich ein neues Medium etabliert. So auch damals, beim Fernsehen. Das Massenmedium – so auch heute die gängigen Vorurteile – würde die Individuen verrohen, verblöden, manipulieren.

Ein herablassendes «Ich habe keinen Fernseher» in Gespräche über heiß diskutierte Themen zu sprenkeln ist so fast schon zum politischen Statement geworden. Doch eine herabwürdigende Ablehnung des Fernsehens oder Trash-TVs ist meistens nur eines: Der durchschaubare Versuch, sich selbst einer «kultivierteren » Klasse zuzurechnen. «Ich? Ich schaue diesen Dreck doch nicht! Ja, naja, selten schon, aber dann nur ganz gezielt, Arte und Universum und so.» So Denkenden entgeht und eine unfassbar faszinierende Welt voller menschlicher (Un-)Kreativität. Wirklich, es ist nicht in Worte zu fassen, was dieses Medium alles hervorbringt und der Konsum mit einer gewissen kritische Faszination kann nur bereichernd sein.

Ich für meinen Teil schaue daher alles. Topmodels, den Hundeflüsterer, Schlag den Raab, Home Shopping, Song Contest. Sailor Moon, Als die Tiere den Wald verließen, Es war einmal der Mensch. Am liebsten habe ich meinen Lokalsender, der nächtens in Echtzeit Station für Station die Strecken von Bahnen, Bussen und Trams kommentarlos zeigt. So kann man mit den Öffis fahren, ohne auch nur einen Fuß vor die Tür zu setzen – ein Traum! Nur die politischen Diskussionsshows sind mir dann doch ein bisschen zu trashig. Aber so lange es Serien, Upps! Die Pannenshow, animierte Comicfilme und Talksendungen gibt kann das Abendland meinetwegen ruhig untergehen, wenn ich währenddessen mit Chips und Decke das Geschehen live vom Sofa aus beobachten kann.

Das Fernsehen ist übrigens auch das einzige Medium, das auf die selbst ausgelöste Endzeit vorbereitet ist: Der Nachrichtensender CNN hat gerade publik  gemacht, welche Szene während eines potenziellen Weltuntergangs laufen wird. Aber das spoilere ich euch jetzt nicht, seht selbst.  

Olja Alvir konsumiert hauptberuflich Medien und arbeitet als freie Journalistin und Autorin in Wien.
olja.at