Kulturbudget ist nicht gleich Kulturbudget

Nachdem sich die letzte Ausgabe der KUPF-Zeitung mehrfach der Verteilung der budgetären Mittel für Kunst und Kultur widmete (Stichwort „Kultursalami“), wird in diesem Beitrag das oberösterreichische Kulturbudget einer näheren Betrachtung unterzogen. Wurst ist ja nicht gleich Wurst. Von Thomas Philipp.

Zudem kommt es darauf an, was in so einer Wurst drinnen ist. Oder aus der Perspektive der Zutaten gesehen: Welcher Teil der Wurst bin ich? Das Fleisch? Das Wasser? Ein Gewürz? Oder gar nur ein Geschmacksverstärker oder Konservierungsstoff?

Mit der Gießkanne aus dem Füllhorn schütten

Budgets im Allgemeinen als auch Kulturbudgets werden oftmals als «in Zahlen gegossene Politik» oder «Politik in Zahlen» bezeichnet. Damit ist gemeint, dass in budgetären Voranschlägen ausgedrückt wird, welche gesellschaftlichen Bereiche der regierenden Politik wichtig sind. Zwar wäre es verkürzt, die politischen Zielsetzungen alleine auf die Zahlen eines Budgets zu verkürzen, aber die Entscheidung, wofür die ordentlichen und außerordentlichen Mittel eines öffentlichen Haushaltes ausgegeben werden, ist eng mit politischen Ideologien verbunden. Die Erstellung von Budgets ist daher zumeist von einem langen Procedere begleitet, indem verschiedenste Interessen abgewogen werden. In Budgets spiegeln sich aus diesem Grund eher weniger Entweder-oder-, sondern vielmehr Sowohl-als-auch-Entscheidungen wider, wobei bei einer näheren Betrachtung den Verteilungen auf einzelne Bereiche besonderes Augenmerk geschenkt werden muss.

Bevor dies geschieht, sollte beachtet werden, dass die Analyse eines Budgets immer mit Schwierigkeiten verbunden ist: nicht-monetäre Förderungen wie Naturalsubventionen sind in der Regel nicht abgebildet, Ressort-Zuordnungen und Anweisungsrechte ändern sich im Verlauf der Zeit, Nachtragsbudgets verzerren vergleichende Analysen genauso wie zeitlich beschränkte Sonderausgaben oder -einnahmen (z. B. Ausgaben für ein Ereignis wie eine Europäische Kulturhauptstadt oder Beiträge anderer öffentlicher Gebietskörperschaften für eine Landeseinrichtung), für aktuelle Betrachtungen muss auf Voranschläge zurückgegriffen werden (wohingegen Rechnungsabschlüsse und Förderberichte interessanter wären), außerordentliche Haushalte werden selten berücksichtigt, genau so wenig wie die Einnahmenseite.

Details, Kleinigkeiten, Peanuts

Wie sieht das aktuelle Kulturbudget in Oberösterreich aus? Dazu benötigt es einen Blick in den Voranschlag des Landes Oberösterreich für das Verwaltungsjahr 2015 [1]. Für die Gruppe 3 «Kunst, Kultur und Kultus» werden hier 169,7 Mio. Euro an Ausgaben ausgewiesen. Damit würden jedoch Ausgaben, die in der Gruppe 2 «Forschung und Wissenschaft» enthalten sind und ebenfalls im direkten Anweisungsrecht der Kulturdirektion stehen, nicht berücksichtigt. Konkret handelt es sich hier um Ausgaben in Höhe von 18,9 Mio. Euro für das Oö. Landesarchiv, die Oö. Landesbibliothek, das Oö. Landesmuseum, das Adalbert-Stifter-Institut sowie Förderungsmaßnahmen für sonstige Einrichtungen.

Nach detaillierter Betrachtung aller Voranschlagstellen und in Abwägung allen Für und Widers kann von einem Kulturbudget des Landes Oberösterreich in Höhe von 188,0 Mio. Euro ausgegangen werden – ohne Berücksichtigung von Beteiligungen, Finanzzuweisungen und Zuschüssen, die etwa im Rahmen des Finanzausgleichsgesetzes vom Bund an die Musiktheater Linz GmbH getätigt werden. Nach dieser Betrachtungsweise liegt der Anteil des Kulturbudgets bei 3,76 Prozent am oberösterreichischen Gesamtbudget, das 2015 mit 5,0 Mrd. Euro veranschlagt wurde. Bei einer etwas engeren Betrachtungsweise ergeben sich 183,7 Mio. Euro und damit ein Anteil von 3,68 Prozent. An Einnahmen aus dem Kulturbereich sind im Voranschlag 2015 übrigens 29,7 Mio. Euro geplant, das sind 0,60 Prozent der gesamten Einnahmen.

Kultur ist auch eine Frage von Verteilungsgerechtigkeit

Wie sind diese Budgetmittel nun im Voranschlag 2015 verteilt? 69,4 Prozent der Ausgaben gehen in den Bereich «Musik und Darstellende Kunst». Andere Bereiche wie «Bildende Künste» (0,28 Prozent), «Schrifttum und Sprache» (0,12 Prozent) oder «Presse und Film» (0,36 Prozent) sind im Kulturbudget nur sehr gering dotiert, wobei Landeseinrichtungen wie das StifterHaus oder das OK Offene Kulturhaus, die diese Bereiche mit abdecken, in diesen Ansätzen nicht mit berücksichtigt sind. Die Förderung von Presse und Medien (Zeitungen, Oö. Presseclub, Oö. Journalistenakademie, Freie Radios) ist außerdem nicht in der Gruppe 3, sondern in der Gruppe 0 «Vertretungskörper und allgemeine Verwaltung » im Bereich «Allgemeiner Informationsdienst» enthalten. Ohne allzu sehr ins Detail zu gehen, werden im Folgenden einige wichtige Eckpunkte herausgestellt. (Zur einfacheren Erfassung des dargestellten Sachverhalts wird zusätzlich ein Blick auf die grafische Visualisierung empfohlen:)

Detailansicht: KulturbudgetOOE.jpg
 

• Das Oberösterreichische Landesmusikschulwerk nimmt insgesamt 74,4 Mio. Euro des gesamten Kulturbudgets ein, d. s. 39,6 Prozent. 65,4 Mio. Euro stehen dabei im direkten Anweisungsrecht der Personaldirektion, 5,7 Mio. Euro in jenem der Kulturdirektion und 3,2 Mio. Euro sind für die Musikschule der Stadt Linz veranschlagt.

• Für die Anton Bruckner Privatuniversität werden im Kulturbudget 13,8 Mio. Euro benötigt (7,3 Prozent).

• Insgesamt 24,2 Mio. Euro (12,9 Prozent des Kulturbudgets) gehen an die Landeseinrichtungen Adalbert-Stifter-Institut, Oö. Landesarchiv, Oö. Landesbibliothek, Oö. Landesmuseum und Oö. Kulturquartier (OK Offenes Kulturhaus, Landeskulturzentrum Ursulinenhof, die KUNSTSAMMLUNG des Landes OÖ).

• Die «Ausstellungen und Veranstaltungen des Landes» sind mit 6,2 Mio. Euro im Voranschlag 2015 budgetiert (3,3 Prozent).

• Für die Oö. Theater und Orchester GmbH (Bruckner Orchester Linz, Landestheater Linz, Musiktheater Linz, u\hof) sind 40,0 Mio. Euro (21,3 Prozent des Kulturbudgets) eingeplant (ohne Finanzzuweisungen und Zuschüsse des Bundes).

• Im Voranschlag des Landes Oberösterreich sind 1,0 Mio. Euro für die AEC Linz GmbH und 6,7 Mio. Euro für die LIVA Linzer Veranstaltungsgesellschaft mbH festgesetzt, das sind zusammen 4,1 Prozent an den gesamten Kulturausgaben.

• Die Voranschlagstelle «Maßnahmen zur Förderung der Darstellenden Kunst» und mit ihr die oberösterreichischen Theatervereine und -unternehmen erhalten 1,0 Mio. Euro aus dem Kulturbudget (0,5 Prozent). • Für die Heimatpflege (Heimatmuseen, Denkmalpflege, Altstadterhaltung und Ortsbildpflege, Maßnahmen für die Volkskultur und das Oö. Blasmusikwesen) sind insgesamt 4,4 Mio. Euro vorgesehen (2,3 Prozent des Kulturbudgets).

• Der Bereich Kultus ist mit der Voranschlagstelle «Kirchliche Angelegenheiten» und 276.100 Euro dotiert (0,15 Prozent des Kulturbudgets).

• Für «Kulturarbeit in Oö. Schulen» und die Aktion «Schule / Museum» sind im Kulturbudget insgesamt 345.000 Euro anberaumt (0,2 Prozent).

• Der Ansatz «Förderungsmaßnahmen für Initiativen der Zeitkultur und regionale Kulturprojekte», in dem sich – neben den Ansätzen «Maßnahmen zur Förderung der Bildenden Künste» und «Maßnahmen zur Förderung der Darstellenden Kunst» – bekannter Weise der überwiegende Teil der regionalen Kulturvereine befindet, ist mit 2,6 Mio. Euro dotiert (1,39 Prozent des Kulturbudgets). In den Voranschlägen der Jahre zuvor stellt sich der Anteil folgendermaßen dar: 2014 mit 1,35, 2013 mit 1,43 %, 2012 mit 1,46 %, 2011 mit 1,61 %, 2010 mit 1,52 %, 2009 mit 1,65 %.

Aus den Zahlen dürfte ersichtlich werden, wer im Kulturland Oberösterreich nur als Geschmacksverstärker oder Konservierungsstoff mitwirken darf. Nun könnte darauf gewartet werden, dass eine Wurstkatastrophe eintritt [2] oder die Wurst irgendwann der Länge nach platzt [3]. Auf alle Fälle sollte weiterhin alles unternommen werden, um die bestehende Ungleichheit in der Verteilung des Kulturbudgets zu bekämpfen, denn diese steht nicht einmal im Einklang mit den Zielsetzungen und Perspektiven im Kulturleitbild Oberösterreich, in dem es u. a. heißt: «Das Land Oberösterreich bekennt sich zur Förderung der Gegenwartskunst und des zeitgenössischen kulturellen Schaffens. Besonders unterstützt werden innovative Ansätze in Kunst und Kultur, die abseits der etablierten Einrichtungen und Initiativen tätig sind.»

Ein kurzes Zitat aus konservativer Ecke am Ende: «Je weniger die Leute wissen, wie Würste und Gesetze gemacht werden, desto besser schlafen sie!» (Otto von Bismarck, deutscher Politiker und Staatsmann, 1815–1898) Selbiges gilt für Budgets.


[1] u.a. abrufbar unter: → land-oberoesterreich.gv.at/12162.htm
[2] → de.wikipedia.org/wiki/Wurstkatastrophe
[3] → wurstakademie.com/warum-platzt-die-wurst-immer-derlaenge-nach