Und wieder, wurde erzählt, war eine Studie, eine Untersuchung aufgetaucht, in der das Prekariat untersucht oder zumindest das Thema Kunst- und Kulturarbeit in seiner ganzen Tristesse dargestellt wurde. Heute, – es ging um Jungdesignerinnen und Junggrafikerinnen – gerieten schon die 25jährigen, die glaubten schon zu wissen wie der Hase läuft, was sich als nächstes Bahn bricht, unter enormen Druck, legten sich selbst Druck auf, da bereits 16- und 17jährige über die gleichen Kompetenzen verfügten aber dann schon wieder um über soviel mehr Energie, und es sogar billiger machten als diese abgeklärten Mid-Twens. Für Schauspielerinnen und Schauspieler ist das Prekariat aber sicher auch nicht einfach. Da geht es alterstechnisch hinunter bis zu den Kinderdarstellerinnen und generell ist das ein sehr exponiertes Kunstfach. Hier stellt sich die Künstlerin (die Schaustellerin) nicht nur der üblichen Konkurrenz an Mit-Akteurinnen aus, sondern setzt sich auch der Bühne aus und den Zuschauern, die als dunkle, unbekannte Masse im Theater sitzt und dort Kritik übt, vernichtet oder liebt. Als ziemliche Banausin am Theatersektor – wie schreibt man Shakespeare (ich hab’s abgeschrieben) oder wann starb Werner Schwab? – interessiere ich mich plötzlich für die Welt der Schauspielerei und das Theater. Das Lustige am Experiment Theater-kennenlernen ist: Schauspieler und Schauspielerinnen sind einfach da. Sie sind unter uns. Überall kann man sie treffen. Sie radeln zu Proben, sie trinken ein Bier neben dir an der Bar. In der Nacht der Aufführung führen sie ungeahnte Emotionen an uns heran, die man a) noch nicht gelesen hat (Moliere – Der eingebildete Kranke?) oder b) schon längere Zeit nicht gefühlt hat, nicht an sich herangelassen hat, weil das mit den Geräten gar nicht funktioniert, weil man zwischen Twitter und Aufmerksamkeitsgenerierung durchs nächste E-Mail, die diffizileren Emotionen zugunsten like oder dislike bereits aufgegeben hat.
Im dreistündigen Shakespeare Stück reden sie, schreien, flüstern, hauchen, sie leiden wirklich, besonders Einem nimmt man das ab, er trägt das gesamte Stück, das Ensemble mit. Und dieser Eine rettet Eine vor der Welt da draußen, wo in weißen Zähnen von Plakaten gelacht wird, wo das nächste Projekt sicher gelingt, von dort, wo man einfach glücklich sein soll. Dass das Glück keine Kategorie sein kann, denkt vielleicht auch nur das Theater. Und das Alter? Die alten Schauspieler beherrschen das Pathos, die Jungen die Posse, letztere reden sich um Kopf und Kragen, versuchen mit aufgerissenen Augen ein Drama darzustellen. Junge Schauspieler spielen manchmal Schauspieler. Auf der Bühne ist das Scheitern auch immer gleich nebenan. Gleich um die Ecke, um die man gerade biegen wollte. Aber um wie viel ist das Scheitern der Jungschauspielerinnen sympathischer als eine Konkurrenz, die angstvoll nach unten schielt und sich selbst optimiert? Schauspieler, die Schauspieler spielen, das ist fast wie in einem Wintermärchen.
Anonym