Jede soziale Bewegung braucht Verbündete oder «Allies», wie sie im Englischen genannt werden, um ihre Anliegen zu verbreiten und voranzubringen. Als «Ally» wird eine Person bezeichnet, die von einer Diskriminierung nicht betroffen ist (und in dieser Hinsicht als privilegiert bezeichnet werden kann), jedoch explizit gegen diese auftritt und gegenüber Diskriminierten solidarisch agiert.
Insbesondere im angloamerikanischen Raum wurde viel über Bedeutung von Bündnisarbeit im Kampf für soziale Gerechtigkeit nachgedacht und über die Dos & Don’ts von Allies diskutiert. Was an den Debatten hiesiger linker Bewegungen auffällt, ist, dass die Notwendigkeit von politischen Allianzen eher von jenen aufs Tapet gebracht wird, die negativ von Diskriminierung und Marginalisierung betroffen sind – allen voran migrantischen und queer-feministischen Aktivist_innen. Vergleichsweise selten höre ich dagegen von privilegierten Mehrheitsangehörigen, die sich selbst als «kritisch» begreifen, dass sie konkrete Bündnisarbeit als Teil ihrer politischen Praxis definieren.
Was kann man tun, um als «good ally» zu handeln? Es könnte damit beginnen zurückzutreten – nicht den Ton in der Diskussion angeben zu wollen, sondern einfach mal die Klappe zu halten und zuzuhören. Es könnte bedeuten, dass man das Wort an jene weitergibt, die von Diskriminierung betroffen sind, anstatt als «Expert_in» aufzutreten, der_die über die Diskriminierung der Anderen spricht. Es könnte heißen, sich zu fragen, warum es so schwer auszuhalten ist, wenn man die «safe spaces» der Anderen nicht selbstverständlich betreten kann («Women only? Ist das nicht total essenzialistisch?»). Es würde meinen, nicht in einen «Wettbewerb der Unterdückten» einzutreten, um zu definieren, wer das ärmere Schwein ist («Du erlebst Rassismus, aber ich als weiße Frau erfahre jeden Tag Sexismus»). Es könnte zur Folge haben, dass man die Teilnahme an einer öffentlichen Diskussionsveranstaltung ablehnt, weil ausschließlich privilegierte Mehrheitsangehörige am Podium sitzen. Es würde bedeuten, dass man beginnt, sich selbst schlau zu machen (es gibt Tonnen von Büchern, Artikeln und Blogeinträgen mit den selbstrepräsentierten Stimmen von Marginalisierten) anstatt sich von den «Betroffenen» erziehen lassen zu wollen. Nicht zuletzt würde es bedeuten, eben jenen Credit zu geben, auf deren Wissen man selbst aufbaut. Dieser Text ist vor allem den Beiträgen auf Geek Feminism Wiki, den Blogs The Angry Black Woman, High on Clichés, Racialicious, mädchenmannschaft sowie jenen von Julie Pagano und Melanie Bee geschuldet – danke!
Vina Yun ist freie Autorin und u. a. Redakteurin bei migrazine.at, dem feministischantirassistischen „Online-Magazin von Migrantinnen für alle“.