Seit 2009 bespaßt die Lesebühne «Original Linzer Worte» die düstergraue Stahlstadt. Hauptschauplatz des allmonatlichen Pointenfeuerwerks war bis zu dessen Exodus der Rothe Krebs, nun wird wohl das Salonschiff Florentine geentert werden. Die inoffizielle «Präsidentin» des «Satirekombinats» (treffliche Selbstbeschreibung) ist Dominika Meindl, ihres Zeichens Schreibkraft in allen Gassen. Der lang gediente OÖN-Redakteur Klaus Buttinger und René Monet, der gern auch mal mit dem gekonnten Griff in die Gitarrensaiten bezaubert, komplettieren das Trio, zu dem das Team nach dem Abgang von Anna Weidenholzer geschrumpft ist. Was offeriert wird, ist nonchalantes Amüsement mit literarisch-performativen Mitteln. Die Texte stehen mit einem Bein im Poetry Slam: Flotte Fünfminüter geben einander die Kalauer in die Hand. Erfrischend respektlos wird das Inventar der Menschheitsgeschichte durch den Kakao gezogen und zwar – bei allen Bonmots gegen Politikzirkus, Wirtschaftsmaschine, Unkultur, Zeitgeist – allen voran die AutorInnen selbst. Jede Ausgabe der Lesebühne steht unter einem Thema und bietet nebst den Auftritten von Buttinger / Meindl / Monet, jeweils einen geladenen Gast, sowie Open-Mic-Slots. Pünktlich zum fünfjährigen Bestehen erscheint nun ein Buch, das ausgewählte Lesebühnen-Texte der drei ProtagonistInnen versammelt. Darin finden sich fiktive Tagebucheinträge von Buttinger / Meindl / Monet (gemeinsame Besäufnisse können so unterschiedlich wahrgenommen werden), frivole Briefwechsel (Freud und Jung analysieren sich gegenseitig), waghalsige Minidramen (Braun und Hitler unterhalten sich am Frühstückstisch), Politessays in nuce («Erst wenn jeder jeden jederzeit überwacht, wird eine offene Gesellschaft Realität sein») und dergleichen Kurzweiliges mehr. Die Texte driften bei aller Brachialhumoristik niemals ins schlicht Banale ab und geben sich stilsicher, auch und gerade gerade dort, wo sie gekonnt mit stilistischen Konventionen brechen. Doch freilich, wer mit ernster Miene die Abgründe der Seele durchschreiten möchte oder hyperprogressive Sprachlichkeit sucht, ist mit Dostojewski oder Jelinek mit Sicherheit besser beraten. Wer hingegen herzhaft lachen will ohne den Cortex auf Standby zu schalten, kann sich diese Kompilation getrost aufs Nachtkästchen legen (oder aufs Klo – die AutorInnen haben sicher nichts dagegen) und darüber hinaus bei nächster Gelegenheit das charmante Spektakel live erleben.
Dominika Meindl, René Monet, Klaus Buttinger. Original Linzer Worte. Die prunkvollsten Texte der Lesebühne Milena Verlag, Wien 2014 ISBN: 978 3 902950 147
Buchpräsentationen:
15. Oktober: Weinhaus Sittl, Wien
31. Oktober: Salonschiff Fräulein Florentine, Linz