Willkür in die Schranken weisen

Ab die Post! Die meisten Kulturinitiativen haben inzwischen ihre diesjährigen Förderanträge abgeschickt. Hinter diesem tendenziell unliebsamen Bürokratie-Akt verbirgt sich mit der Kulturfördervergabe eine normative und administrative Herausforderung. Wie uns aktuell vor Augen geführt wird, sind ohne dieser Förderstandards Willkür und parteipolitischer Einflussnahme Tür und Tor geöffnet.

Fördermöglichkeiten gibt es viele. Selbst wenn ihr Volumen schrumpft, sind jene der öffentlichen Hand zweifellos am wichtigsten. Die Kulturfördervergabe ist sowohl auf Bundes-, als auch auf Landesebene gesetzlich verankert. Dahinter steckt die banale Einsicht, dass der Staat und seine Einrichtungen den kulturellen Auftrag ohne das vielfältige und hinterfragende Schaffen von Künstlerinnen und Kulturarbeiterinnen nicht erfüllen können. Apropos: Das Oö Kulturfördergesetz stammt aus dem Jahr 1987, war ursprünglich wegweisend und ist trotz kleinerer Anpassungen in die Jahre gekommen. Eine größere Novellierung wäre notwendig und ist sogar im Regierungsübereinkommen vorgesehen – wartet aber nach wie vor auf Realisierung.

Ein Recht auf Förderung lässt sich zwar nicht ableiten, aber es gibt – um hier Tasos Zembylas zu zitieren – «sehr wohl einen grundrechtlichen Anspruch auf sachliche Behandlung des Antrags» (1). Folglich reden wir in diesem Zusammenhang von einem Sachlichkeitsgebot und einem Willkürverbot. Das wiederum setzt öffentlich zugängliche Information und nachvollziehbare Transparenz voraus. Heißt: Förderwerberinnen sind keine Bittstellerinnen!

Welche Dynamiken durch ein Fehlen von Förderstandards entstehen und wie schnell Kulturinitiativen dadurch zum Spielball tagespolitischer Scharmützel werden können, zeigt uns der aktuelle Fall in Wels. Dort hat der Stadtsenat am 3. April mit den Stimmen von FPÖ und ÖVP eine Förderung aus dem Jugendbudget für den Alten Schl8hof und den Kulturverein Waschaecht abgelehnt. Und das, obwohl der Stein des Anstoßes – just ein kritischer Kommentar – nach allgemeiner Auffassung einer grundlegenden und förderwürdigen Aufgabe von Kunst und Kultur nachkommt. Dass zudem eine Jugendkulturförderung im Visier steht, verleiht der Causa im Hinblick auf «Brain-Drain»-Effekten eine zusätzliche Brisanz. Ob sich die Mehrfraktionen von FPÖVP dessen bewusst sind? Das Verhalten der FPÖ überrascht keineswegs, jenes der ÖVP sehr wohl: Entweder war das Liebäugeln mit politischem Kleingeld einfach zu verlockend oder dem handelnden Personal fehlt kulturpolitische Kompetenz und Weitblick. Die an den Tag gelegte Performance war jedenfalls schlicht und ergreifend schlecht – jetzt gilt es, den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Vor der neu formierten Freien Szene in Form der Welser Vielfalt (2) – eine positive Seite der Geschichte – liegt jedenfalls ein langer Weg. Mit der Diskussionsveranstaltung «Ihr müsst auch mal ein bisserl brav sein» wurde schon ein erster Schritt in Richtung Förderstandards gesetzt.

Linz hingegen hat seit Jänner einen neuen Kulturentwicklungsplan – und muss sich trotzdem mit kulturfeindlichen Tendenzen auseinandersetzen. Auch dort hätte die FPÖ gerne die Deutungshoheit über Kunst und hat eine offenkundig willkürliche «schwarze Liste» erstellt, um missliebige Initiativen zu diskreditieren und gegen ihre Förderanträge mobil zu machen. Die anderen Fraktionen nahmen allerdings in der Gemeinderatssitzung Ende April die Gelegenheit wahr, um unmissverständlich für eine weltoffene Stadt Linz Stellung zu beziehen und die «Strafmannschaft FPÖ» (Zitat BGM Dobusch) in ihre Schranken zu weisen.

(1) Tasos Zembylas (2009): Studie «Gut sein, besser werden» – downloadbar via kupf.at/node/7009

(2) welservielfalt.wordpress.com