Stefan Haslinger nimmt das aktuelle Sparpaket unter die Lupe.
Ein Sparpaket wurd geschnürt, welches 1. zu wünschen übrig und 2. viele Fragen offen lässt!
Erwarten sie nicht, dass ich hier knallharte Fakten zum Spar- (bzw. wie ein politischer Euphemismus meint Konsolidierungs-)paket vom Stapel lasse. Dazu fehlt mir der ökonomische Background ebenso, wie der Wille.Immerhin scheint es, dass das erste Bedrohungsszenario für Kunst- und Kulturschaffende abgewendet ist. Zumindest hieß es im Februar aus dem BMUKK, dass im Bereich der Kunstförderung nichts gekürzt wird. Wie das Ministerium dann die Vorgabe von 5% Einsparung bewerkstelligen will, ist zwar fraglich, aber nicht meine Sache. So wie es überhaupt scheint, dass ganz viel von den Diskussionen sich nicht um Sachen drehen, die mich betreffen. Und trotzdem beschleicht mich dieses dumpfe Gefühl, dass wieder einmal etwas nicht stimmt. Und dann hörte ich kürzlich bei einer Autorinnenlesung seit langem wieder einmal das Wort vom „Preis-Leistungsverhältnis“. Jenes drückt ja gemeinhin den Umstand aus, dass sich Preis und Leistung eines Produkts, einer Dienstleistung adäquat gegenüberstehen, dass also das Verhältnis stimmt. Und dann kam mir der Gedanke, dass dies beim Sparpaket gerade nicht der Fall ist. Beim Sparpaket zahlen jene den höchsten Preis, die dafür die wenigste Leistung bekommen. Denn würde es sich anders verhalten, wären wir ja schon inmitten einer Umverteilungsdebatte. Diese gilt aber in Österreich als ähnlich tabuisiert wie eine Debatte über eine Föderalismusreform. Apropos Föderalismus. Ein ebenso – gerade in dieser Debatte – oft gehörter Euphemismus ist jener, dass „Die Länder ihren Beitrag zu leisten bereit sind“. Diese Entpersonalisierung von Körperschaften ist ein semantischer Trick, denn damit wird nicht gleich ruchbar, dass es zuletzt doch wieder die Menschen sind, die ihren Beitrag leisten. Aber zurück zu den Verhältnismäßigkeiten. Mit dem Sparpaket wird deutlich, was Politikwissenschaftlerinnen seit einigen Jahren schon postulieren, dass nämlich ein sukzessiver Umbau vom Sozial- zum Fürsorgestaat stattfindet. Stephan Schulmeister definiert Sozialstaatlichkeit als „die Absicherung gegen Grundrisiken des Lebens und die Gewährleistung von Chancengleichheit durch öffentliche Einrichtungen.“ Im Gegensatz dazu werden über die Fürsorgeidee genuine sozialstaatliche Leistungen an private Unternehmen oder an das Ehrenamt ausgelagert. Das ist keine neue Entwicklung, die jetzt aufgrund des Spardrucks ihren Lauf nimmt, aber es ist eine Entwicklung, die durch den Kniefall vor den Ratingagenturen beschleunigt wird. Beschleunigt wird dadurch auch die Ausdifferenzierung über sozialen Status und somit die Herstellung von neuen Klassensystemen. Anstatt in den Ausbau von Bildung, sozialer Absicherung für alle oder menschenwürdige Arbeitsplätze zu investieren, wird Politik auf der symbolischen Ebene betrieben. Es werden die Pfründe und Bünde gesichert, exemplarisch auch dem eigenen Klientel etwas weggezwackt, aber keine substantiellen Reformen durchgeführt, die auf lange Sicht auch eine Änderung von Gesellschaft bewirken können. Und natürlich wollen Parteien auch keine Änderung von Gesellschaft herbeiführen, sondern viel lieber das Prinzip von Zuckerbrot und Peitsche weiterführen, stets akribisch darauf bedacht, dass der Peitschenhieb möglichst nur jene trifft, denen es schwer fällt sich zu wehren.