Es ist nichts Neues, dass der Staatssäckel leer ist und Budgetdisziplin geübt wird. Es ist auch nichts Neues, aber immer wieder erstaunlich, dass von den Sparmaßnahmen zunächst immer jene betroffen sind, deren Arbeit am genauesten den gesetzlichen Zielen der Landeskulturförderung entspricht.
Im Kulturförderungsgesetz des Landes Oberösterreich steht an erster Stelle »das Recht jedes Menschen auf Teilnahme am kulturellen Leben der Gemeinschaft und der Abbau eines regionalen Kulturgefälles.« In Oberösterreich arbeiten daran die Kulturinitiativen, Künstlerinnen, Kulturschaffenden und die freien Radios, die – grob – auch unter dem Begriff »Zeitkultur« zusammen zu fassen sind. Die in Linz gebündelten Landeskultureinrichtungen und sonstigen Großveranstalterinnen tragen – vor allem in Relation zu ihren Budgets – zu diesen Zielen wenig bei.
Für 2010 sind – bei einem nominell leicht steigenden Gesamtbudget – Einsparungen im Kulturbereich von 6% geplant. Der Anteil der Kulturausgaben macht dann statt 3,63% nur mehr 3,39% aus. Während die Landeskultureinrichtungen von den Kürzungen nicht betroffen sein werden, wird der tatsächliche Einbruch bei der freien Kulturarbeit 8,5% betragen, bei der Zeitkultur sogar 16,5%.Ein ausgeglichener Haushalt spart Steuergeld und ist daher ein ehrenwertes Ziel. Wenn Steuergeld für Zinszahlungen verwendet wird, trägt dies zur allgemeinen Umverteilung von unten nach oben bei. Doch wer rechnen kann, wer tatsächlich Verantwortung für einen Haushalt verspürt, muss dort Einsparungsmöglichkeiten finden, wo viel Geld ausgegeben wird. Die Zeitkultur macht derzeit sage und schreibe 0,07% des Landesbudgets aus, im kommenden Jahr nur noch 0,06%. Wer sie ganz weg radiert, hat für den Gesamthaushalt nichts gewonnen, doch in die Kulturlandschaft eine Bresche geschlagen: der Überhang der Pflege des kulturellen Erbes und der Traditionskultur verstärkt sich zu einem Deckel, der zwar bisher Geschaffenes bewahrt, doch die Schaffung eines künftigen kulturellen Erbes verhindert. Wird in diesem Tempo weiter gekürzt, ist es in sechs Jahren so weit. Künstlerinnen können mit solchen Aussichten schon ihre Auswanderung planen, denn die Wirtschaftskrise ist noch nicht vorbei, auch wenn die Aktienkurse wieder steigen – es steigt auch die Zahl der Arbeitslosen, die prekär Beschäftigten zählt ohnehin niemand. Veranstalterinnen und Kulturinitiativen, die Gegenwartskunst präsentieren, sollten in ihren Mietverträgen überprüfen, welche Kündigungsfristen sie einzuhalten haben. Denn wenn in der Region keine aktuelle künstlerische Produktion mehr geleistet wird, stellt sich die Frage, ob sie sich als Traditionspflegerinnen »neu« orientieren, als reine »Importeure« von Kunst und Kultur aus innovativeren Regionen agieren oder sich gänzlich neue Arbeitsfelder suchen. Wo kulturelles Brachland entsteht, folgen bald Brachen unterschiedlicher Art. Ebenso wie der Zuzug von Künstlerinnen und Kulturschaffenden Stadtbezirke und Regionen aufwertet, verliert eine Region ihre innovative Kraft, wenn sie die Kreativen vertreibt – ein merkwürdiger Plan im Europäischen Jahr der Kreativität und Innovation. Wie heißt es in dessen Präambel so schön: »Kreativität und Innovation sind zentrale Elemente der heutigen wissensbasierten Gesellschaften Europas, um den Chancen und Herausforderungen der Globalisierung wirksam begegnen zu können. Beide sind eng verknüpft, denn persönliche Kreativität ist unabdingbare Voraussetzung für die Innovationsfähigkeit einer Gesellschaft.«
Juliane Alton ist Kulturarbeiterin und Obfrau der IG Kultur Österreich.