Was Otto Tremetzberger bei säuerlichem KUPF Kaffee so durch den Kopf geht.
Genau das fiel mir ein, als ich kürzlich im KUPF-Büro das Plakat zur Kampagne »Kulturarbeit muss zumutbar sein« betrachtete. Ich war schon eine ganze Weile auf dem Alleby Sofa von IKEA gesessen und wartete auf den meistens etwas säuerlichen KUPF-Kaffee und dachte dabei an die gerade geschlagenen Wahlen und an die »Wir-müssen-den-Gürtel-jetzt-enger-schnallen«-Aussagen, die auf diese folgten und daran, dass jetzt angeblich überall gespart werden soll, womöglich oder wahrscheinlich sogar bei den Kulturförderungen. Ich überlegte, wie es unter diesen Umständen wohl mit der Erhöhung für Freie Medien aussieht, welche KUPF, Freie Radios und Community TV Initiative »matrix« im Rahmen der zitierten Kampagne seit dem Frühjahr zum Thema gemacht hatten. Ich dachte an die Zeit und den Aufwand, den es gekostet hatte, in der Regierungsperiode 2003-2009, eine wichtige aber im Grunde und im Vergleich doch nur bescheidene Erhöhung der Förderung für Freie Radios zu erreichen, die schließlich 2007 in Kraft trat und jetzt ausläuft.
Ich dachte an die KUPF und die Leute, die für sie arbeiten und daran, dass man schon hörte, es ginge diesmal auch den Ermessensausgaben an den Kragen und ich fragte mich, was so etwas bedeuten könnte und versuchte mir vorzustellen, ob es noch etwas werden wird, mit den kulturpolitischen Forderungen der KUPF, den zuMUTungen zum Beispiel, und ob sich im sogenannten Freien Kulturbereich abgesehen von punktuellen Maßnahmen eigentlich irgendetwas bewegt und strukturell (denn darum geht es ja) etwas merklich, spürbar und prägend verbessert hatte, seit, sagen wir ungefähr 10 Jahren. Aber dazu fiel mir nichts ein und ich erinnerte mich nur an die Pressekonferenz zu den zuMUTungen vom Juni, zu der nämlich nur die KUPF-Zeitung und die FROzine erschienen waren und während der ich mich dauernd gefragt hatte, ob es außerhalb der uns bekannten Kreise überhaupt noch jemanden interessiert, was hier los ist und ob die KUPF und einige andere auch nicht schon längst in der kulturpolitischen Belanglosigkeit verschwunden sind, oder zumindest kurz davor stehen.An der Wand im Büro der KUPF hing, wie gesagt, das Plakat »Kulturarbeit muss zumutbar sein«. Draußen regnete es. Der Kaffee schmeckte säuerlich. Kulturarbeit muss wirklich sinnlos sein, dachte ich. Durch die Fenster konnte man hinüber schauen zum Lentos und ich dachte an die Kulturhauptstadt, die bald zu Ende gehen würde und ich fragte mich ob die 60 Millionen EURO am Ende des Jahres dazu beigetragen haben werden, dass sich strukturell im Freien oder Alternativen Kulturbereich etwas verbessert. Aber die Kulturhauptstadt, die sicherlich vielen in der Freien Szene ein Einkommen und viel Arbeit und manchen auch andere Möglichkeiten beschert hatte, dachte ich, wird wahrscheinlich kaum sichtbare und nachhaltige Spuren hinterlassen haben werden, sieht man einmal von den neuen Kulturbauten ab, die ich jetzt nicht aufzählen möchte, weil sie mit der »Freien Szene« nichts zu tun haben.
Ich habe mich dann gleich gefragt, ob der Begriff »Freie Szene« nicht sowieso schon obsolet geworden ist und wie es wohl mit dieser in OÖ insgesamt weitergehen wird und ob Kulturarbeit in Zukunft überhaupt noch einen Sinn macht und ob es den Initiativen, die z.B. in der KUPF organisiert sind, noch einmal gelingen wird, prägende, sichtbare und wirksame Spuren im kulturellen Gesicht diese Landes zu hinterlassen. Ich beschloss, dazu später einmal in der KUPF Zeitung einen (diesen) Beitrag zu schreiben, sofern es mir gelingen würde, dem Ganzen auch eine positive und hoffnungsvolle Note zu geben.
Nun, in der Zwischenzeit hat sich die Sache mit den Studentinnenprotesten ergeben und auf einmal sieht es so aus, als gäbe es tatsächlich noch zivilgesellschaftliche Mittel und Wege, sich gegen Missstände zur Wehr zu setzen und dabei jene Öffentlichkeiten, Publizitäten, Organisisierungs- und Mobilisierungsgrade zu erreichen, die notwendig sind, um einen wirklich zwingenden politischen Druck zur Veränderung zu erzeugen.
Und außerdem ist mir schon aufgefallen, dass es diesmal nicht die üblichen Verdächtigen sind, die sich hier betätigen (auch wenn die bürgerliche Presse das gerne so hätte), sondern ganz andere Generationen am Werk sind, die ohne Nostalgie, ohne Cohn Bendits und vor allem ohne Institutionen, ohne Geschäftsführerinnen, Kulturmanagerinnen, ohne Wichtigtuerinnen und ohne Interessensvertretungen und noch dazu ziemlich erfolgreich zur Tat schreiten und eine Bewegung sind, die keiner organisieren, belehren und managen braucht, sondern die sich selbst organisiert, belehrt und managt. Und seither frage ich mich, was die herkömmliche und institutionalisierte Freie-Medien-Landschaft und natürlich die KUPF davon lernen können. Viel, denke ich.
Otto Tremetzberger, GF Freies Radio Freistadt