Wahl-Qual*

David Guttner und die schmerzliche Gewissheit, bei der Landtagswahl ausgeschlossen zu sein.

 

Blöd gelaufen. Und ich hatte mich schon so gefreut. Dabei habe ich bislang allerlei Unbillen in Kauf genommen: Termine und Urlaube verschoben, Arbeiten liegen gelassen, sogar auf Sozialleistungen verzichtet und keine noch so weite Anreise gescheut. Und jetzt das: Ich darf nicht mitmachen! Muss die trainierten Hände in den Schoß legen, und kann nur zusehen – während andere durchaus könnten, es aber bewusst oder unbewusst einfach nicht tun, oder vielleicht nicht einmal wissen, dass sie könnten, wenn sie nur wollten. Zumindest 78,6 % (andere Quellen sprechen von 76,6 %) haben es 2003 gewollt und getan. Und ich war einer von Ihnen. Glory days…

Und jetzt, sechs Jahre danach, lungere ich als stimmlose Laus auf diesem nutzlosen Wasser kopf herum, und darf nicht wählen!! Nach 2 Jahren gnadenlosen Überlebenskampfes im Dickicht der einstmaligen Kultur hauptstadt dieser Kulturnation, habe ich mich nämlich doch bei Amt gemeldet, und bin nun, zumindest offiziell, ein Wiener. Was mich von der Stimmabgabe am 27. September bei den Landtags- und Gemeinderatswahlen in Oberösterreich klarerweise ausschließt. Und dabei wäre es gerade jetzt so schön dabei zu sein, ist doch bei der diesherbstlichen Wahlauseinandersetzung so manches zu erwarten, bzw. zu befürchten. Ein kurzer Rückblick: 2003 durfte sich Österreich der Hochblüte des bläulichen Schüssel Kurses erfreuen, was der Opposition, und somit auch den Fillialbetrieben in Oberösterreich, einiges an Auftrieb verschaffte. Die Volkspartei konnte ihre Vormachtstellung zwar halten, dafür gewannen SPÖ (+ 11,3%) und Grüne (+ 3,3%) kräftig dazu. Sogar die KPÖ hatte sich verdreifacht! Und die FPÖ? Die, so schien es, war am Weg in die Marginalität, nur mehr mit weniger als der Hälfte ihrer bisherigen Stimmen ausgestattet.

Bei den heurigen Wahlen dürfte es „Zurück an den Start” heißen, zumindest laut aktueller Umfragen. Die Frage scheint nur, in welchem Ausmaß der rechte Rand diesmal zulegen wird, jetzt, da die NVP doch nicht antreten darf, und bereits 16-jährige Strachelitos wählen können. Wie bereits 2003 hat sich die KUPF auch heuer wieder die freudige Arbeit angetan, die zur Wahl antretenden Parteien nach ihren kulturpolitischen Schwerpunkten abzufragen. Dieser Einladung wurde auch von allen Parteien nachgekommen, mit Ausnahme der FPÖ, da „… sich die Kulturplattform OÖ undifferenziert dafür einsetzt, dass „der gesellschaftliche Rechtsruck gestoppt wird” und mit Steuergeld offensichtlich auch Politik gegen die Freiheitliche Partei betrieben wird…”. Die Antworten der anderen Wahlwerberinnen finden sich auf www.zumutungen.at. Mir scheint im Hinblick auf den kommen¬den Wahltermin nur die Möglichkeit der emphatischen Anteilnahme zu bleiben, was freilich wenig nützt. (Nicht einmal meine spontan dargebotene Ganzkörperperformance „Do-The-Pühringer”, mit zu Fäusten geballten Händen in den Hosentaschen und festem Blick ins Weite schauend, konnte die fatalistische Stimmung unter meinen Gesin¬nungsgenossinnen aufhellen, oder zumindest für lockernde Aufheiterung sorgen.) Aber möglicherweise möchte mir ja jemand das Stimmrecht bei dieser Wahl vertrauensvoll überlassen? Als Gegengeschäft biete ich ein Handyfoto vom Kugelschreiber aus der Wahlkabine, sowie eine Einladung zu sämtlichen Wahlveranstaltungen aller bei der Wiener Gemeinderatswahl 2010 antretenden Parteien. Oder vielleicht doch nicht.

*Womit selbstverständlich keine verdienten Redakteurinnen dieses kulturpolitischen Kampfblattes gemeint sein sollen. Wie steht’s übrigens mit dem Estrich?

David Guttner ist im Vorstand der KUPF. Lebt und arbeitet in Wien.